Einfluss der tschechischen Bierkultur in Sachsen

Tschechien gehört weltweit mit zu den Ländern mit dem höchsten Bierkonsum, und das steckt an. Die beiden direkten Nachbarn Tschechiens, Bayern und Sachsen zählen in der Bundesrepublik ebenso zu den Ländern mit dem höchsten Bierverbrauch. Doch was macht das Bier eigentlich zum beliebtesten Getränkt unter den Bayern, Sachsen und Tschechen? Unser Leipzig-Korrespondent Danilo Höpfner hat sich den Biermarkt in Sachsen angesehen und einen nicht zu unterschätzenden Einfluss der tschechischen Bierkultur im Freistaat festgestellt.

Wasser, Malz, Hopfen und Hefe. Mehr ist es nicht. "Man könnte froh sein, wenn die Luft so rein wäre wie das Bier", lobte einst Ex-Bundespräsident Richard von Weizäcker der Deutschen liebstes Getränk, dass sich trotz konjunktureller Krise ungebremster Beliebtheit erfreut. Allein in Sachsen werden mehr als 200 unterschiedliche Biere gebraut, denn Bier ist nicht gleich Bier.

Hinter jedem Namen steht eine zumeist regionale Identität, die es gerade in diesen Tage wieder in Biergärten und Kneipen tapfer zu verteidigen gilt. Ob Radeberger aus Dresden, das Einsiedler aus Chemnitz oder das Ur-Krositzer aus Leipzig: die Marken leben nicht nur vom Geschmack, sondern auch von ihrer Verbundenheit zur Region. Dr. Ines Zekert von der Marketingabteilung des Leipziger Brauhauses Reuditzer:

"Also Leipzig ist für uns -die- tragende Rolle. Wir sind Leipzigs größte Brauerei. Wir bekennen uns eindeutig zu dieser Stadt, Leipzig ist Boomtown und wir sind stolz darauf in Leipzig ansässig zu sein. Und wir fühlen uns sehr verbunden mit der Stadt und wir fühlen uns in einer angenehmen Verpflichtung, vieles was in dieser Stadt passiert, einfach zu unterstützen..."

Doch daneben gibt's auch überregionale Marken und Importbiere. Um den Status der Nachbarn zu untersuchen lud das Polnische Institut Leipzig zum ersten deutsch-tschechisch-polnischen Bier-Contest. Insgesamt acht traten gegeneinander an, jeweils drei aus Deutschland und Tschechien, zwei aus Polen.

Spritzigkeit, Gehopftheit, Nachgeschmack, Farbe, Aussehen, die Blume und die Appetitanregung... all das wurde von etwa 50 "unvoreingenommenen" Leipzigern erschmeckt, begutachtet und bewertet, ohne dabei den Namen der Biere zu kennen. Das Ergebnis des mitteleuropäischen Wettbewerbs in Leipzig fiel überraschend aus.

"Auswertung! Also das Ergebnis ist wieder Erwarten sehr eindeutig! Die Platzierungen, von hinten nach vorne, das tschechische Bier Bresniak, das zweibeste ist Radegast und das beste ist Pilsner Urquell..."

Gold-, Silber- und Bronze gehen nach Tschechien. Tschechische Biere erfreuen sich nicht nur in ihrer Heimat größter Beliebtheit, Urpilsner, Staropramen und Budweiser werden auch in Sachsen gern getrunken. Dem Wettbewerb Leipzig zufolge sind es hier gar die beliebtesten Biere. Braut man in Sachsen also am Geschmack der Sachsen ein weinig vorbei? Dr. Ines Zekert:

"Das glaube ich auf keinen Fall. Solche Blindverkostungen sind natürlich auch immer ne Sachse des Geschmacks des Testers. Aber man sollte nie unterschätzen, wie viel Image und Vorstellung von einem Bier da eine Rolle spielen. Und Biertrinker trinken ja nicht nur nach Geschmack, sondern das betrifft auch regionale Biere, die halt getrunken werden und die wollen auch das Bier von hier trinken. Also die Absatzzahlen beweisen auch, dass wir nicht am Geschmack der Sachsen vorbeibrauen."

Aber wie siehts mit dem polnischen Gerstensaft aus? Der ist trotz Nachbarschaft in Sachsen kaum bekannt. Wieso eigentlich? Dr. Hans Christian Trepte, Polonist an der Uni Leipzig:

"Weil das Bier früher zu sozialistischen Zeiten sehr schlecht war und man es kaum trinken konnte und weil die Qualität des Bieres in Dt. nicht bekannt ist und auch die Supermärkte leider kein poln. Bier führen, so dass der dt. Konsument sich nicht überzeugen kann, dass es auch gute polnische Biere gibt."

Bier ist bekanntlich das Nationalgetränk der Deutschen und es gibt keine Aussicht, den Gerstensaft in absehbarer Zeit von diesem Platz zu verdrängen. Und dennoch, auch Bier muss dem Zeitgeist folgen, sich Trends und Mode beugen. Vor einigen Jahren brachte die Mauritiusbrauerei Zwickau im Zuge der Ostalgie-Welle das "Trabbi-Bier" auf den Markt. Das ist mittlerweile wieder verschwunden, doch der Trend zum Trend ist geblieben. Ohne Mixbiere und Spezialmarken läuft heute nichts mehr. Noch einmal Dr. Ines Zekert von der Reudnitzer Brauerei Leipzig:

"Weihnachtsbier, also auch saisonbedingt, oder wir machen das im Moment, das Zoofestbier, damit haben wir dem Zoo zum 125jährigen Jubiläum, gratuliert. Und, ich wenn die Olympiade nach Leipzig kommt, wovon wir alle mal ausgehen, dann wird es auch ein "Olympiabier" geben..."

168 Liter trinkt der Sachse pro Jahr. Bier, versteht sich. Damit liegen die Sachsen weit über dem Bundesdurchschnitt und teilen sich gemeinsam mit Bayern den ersten Platz in Sachen Bierverbrauch. Welchen Anteil übrigens tschechischer Biere daran haben, bleibt rein statistisch gesehen ungeklärt. Viele Sachsen, gerade im Grenzgebiet, holen sich ihr Lieblingsgetränk nämlich nicht im deutschen Supermarkt, sondern etwas kostengünstiger, direkt aus den Märkten hinter der Grenze. Tschechische Biere scheinen wirklich gut zu sein. Denn im Gegenzug haben es die deutschen Brauereien trotz mehrerer Versuche nie geschafft, auf dem tschechischen Markt jemals Fuß zu fassen...