"Erinnerungsraum Mähren": Treffen deutschsprachiger Schriftsteller in Olomouc

"Erinnerungsraum Mähren". Unter diesem Motto wurde eine viertägige Tagung im mährischen Olomouc (Olmütz) Ende der letzten Woche veranstaltet. Aus Mähren stammende deutschsprachige Schriftstellerinnen und Schriftsteller haben sich dort getroffen, um aus ihren Werken zu lesen und zu diskutieren. Markéta Maurová war dabei.

Die Tagung wurde von der Arbeitsstelle für deutschmährische Literatur organisiert, die beim Lehrstuhl für Germanistik der Palacký-Universität tätig ist. Sie widmet sich der Erforschung deutschsprachiger Literatur, die in Mähren entstanden ist bzw. von Autoren geschrieben wurde, die in Mähren geboren wurden oder dort lebten. Mehr sagte mir die Leiterin des Lehrstuhls, Professorin Ingeborg Fialová:

"Das sind natürlich auch Autoren, die nach 1945 vertrieben worden waren und dann in Deutschland oder Österreich oder sonst wo gelebt haben und leben. Über diese Autoren, über diese Literatur, die zwar mit Mähren verbunden ist, aber nach 1945 dann in Deutschland und Österreich entstanden ist, laufen im Lehrstuhl für Germanistik drei Dissertationen, also wir haben drei Doktoranden, die ihre Arbeit darüber schreiben, und diese drei Doktoranden gaben eben den Impuls für eines solches Treffens. Denn es ist für sie natürlich sicher spannend, wenn sie zu Texten, die sie schon kennen oder gelesen haben, auch die lebendigen Menschen treffen können, mit ihnen reden können."

Von etwa 50 angesprochenen Autorinnen und Autoren haben fast 20 die Einladung angenommen. Aus Wien reiste Maria Razumowsky an:

"Ich komme aus dem, was jetzt Nordmähren, 'Severní Morava' heißt, ich komme aus Schlesien, aus der Umgebung von Troppau, zehn Kilometer von Troppau entfernt. Mein Vater war dort Gutsbesitzer, und wir mussten im Jahr 1946 das Land verlassen, obwohl wir keine Deutschen waren."

Sie sind also polnischer oder tschechischer Herkunft?

"Weder noch. Russischer Herkunft. Meine Familie ist zu Beginn des 19. Jahrhunderts in dem damaligen Österreich eingewandert. Mein Großvater hat eine große Rolle in Schlesien gespielt. Er hat sehr viel gemacht für die Landwirtschaft, er hat Brücken gebaut, Kirchen gebaut, Straßen gebaut, und das ist das, was uns im Jahr 1945 gerettet hat. Vor allem auch deshalb, weil wir in einem tschechischen Dorf ein gutes Verhältnis zum so genannten 'národní výbor' (Nationalausschuss) und dem ganzen Dorf hatten, die uns vor den Russen wirklich gerettet haben. Denn es kommt erschwerend hinzu, dass meine Mutter eine russische Emigrantin nach der Revolution war, und am zweiten Tag, nachdem die Russen Schönstein (Dolní Zivotice u Opavy) erobert hatten, kam eine KGB-Kommission und hat gesagt, wir sind Russen und sie nehmen uns mit. Unser Dorf hat uns gerettet, und wir haben halt alles glücklich überstanden."

Aus welchem Werk lesen Sie hier bei diesem Treffen?

"Es ist kein literarisches Werk, sondern Zeitgeschichte. Wir waren fünf Kinder, davon drei Schwestern, die alle drei Tagebuch geschrieben haben. Wir haben beschrieben - jede aus einem anderen Blickwinkel - was wir hier erlebt haben, und es ist dadurch wirklich ein interessanter Bericht entstanden."

Ein solcher Bericht war bei den Lesungen eher die Ausnahme. Die meisten Autoren lasen aus ihren Prosatexten und Gedichten. Inspiriert wurden sie überwiegend durch Erinnerungen an die Böhmischen Länder bzw. ihre Erlebnisse dort.