EU-Projekt "Justiz und Justizorganisation in Tschechien"
Die tschechische Justiz hat kürzlich durch den Rücktritt von Justizminister Karel Cermak die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich gezogen. Wie ist die Lage im tschechischen Gerichtswesen? Was sind seine größten Probleme und welche Reformen hat es hinter sich? Darüber hat sich Markéta Maurová mit dem Richter Paul Springer unterhalten. Springer ist Richter des Oberlandesgerichts im deutschen Hamm, betreut jedoch seit zwei Jahren ein Projekt der Europäischen Union hierzulande.
Was waren die wichtigsten Themen im Rahmen dieses Projekts, dieses Vorbereitungsprozesses?
"Wir mussten uns mit der Justiz und deren Funktionsweise bekannt machen. Ich muss hinzusetzen: Es ist ein Projekt, an dem Experten aus England und Deutschland mitgewirkt haben. Es waren insgesamt 17 Experten aus beiden Ländern hier, die zum Teil mehrere Wochen hier tätig waren und sich einzelne Gerichte vorgenommen haben. Sie waren vor Ort, haben sich die Arbeitweise und auch deren Ergebnisse angeschaut und dann Empfehlungen für die tschechische Seite ausgearbeitet, was besser gemacht werden kann. Schwerpunkte waren also Arbeitsorganisation, Vorgehensweise der Richter, Personalverwaltung und natürlich auch die Kommunikation mit der Öffentlichkeit."
Sie haben hier im Rahmen dieses Projektes zwei Jahre lang gearbeitet. Was hat sich inzwischen geändert? Haben Sie einen Fortschritt beobachten können?"Das ist eine schwierige Frage. Ein Pessimist wird sagen nein, ein Optimist wird sagen, es ist ganz toll gelaufen, die Wahrheit liegt vielleicht in der Mitte. Ich muss zugeben, dass ich persönlich auch immer wieder schwanke. Mal denke ich, es ist ganz prima gelaufen, mal denke ich, na ja, es hätte doch wesentlich besser sein können. Man wird Folgendes sagen müssen: Projekte dieser Art können nicht tägliche Erfolge haben, von einem Tag auf den anderen, sondern sie sind mittelfristig bis langfristig angelegt. Und wenn ich mir jetzt retrospektiv anschaue: Als wir ins Land kamen, war eine der ersten Forderungen, die ich erhoben habe, die Einführung eines Systems von Pressesprechern in der Justiz. Das fiel mir, als ich aus dem deutschen System kam, sofort auf: Pressesprecher fehlen hier. Und Sie sehen, heute, es ist fast zwei Jahre her, werden sie eingeführt.
Eine andere Idee, bei der wir auch relativ früh gesagt haben, dabei muss sich etwas ändern, ist der elektronische Mahnbescheid. Letzte Woche hat mich der Staatssekretär im Ministerium gebeten, weitere Informationen dazu zu vermitteln. Also, es kommen immer wieder Sachen einfach heraus und werden verwirklicht.
Eine andere Geschichte, die ganz grundlegender Art ist, das ist das Personalmanagement, das ganze Management der Gerichte. Wir haben angefangen, die tschechische Justiz und deren Mitarbeiter in diesen Fragen auszubilden, und zwar in groß angelegten Seminaren, die die deutsche Seite alleine finanziert, Europa ist überhaupt nicht dabei. Und die Nachfrage der tschechischen Seite ist enorm. Also, es gibt schon positive Entwicklungen."