Spidlas Rücktritt - Aus für die Koalitionsregierung
Die Wahl ins Europaparlament, bei der die Parteien der Regierungskoalition gemeinsam nur 4 der 24 tschechischen Sitze gewonnen haben, stand am Anfang vom Ende von Tschechiens Premier Vladimir Spidla und seines Kabinetts. Die Wahlniederlage erschütterte die Position Spidlas innerhalb der Partei, die letztlich zu dessen Amtsniederlegung führte. Markéta Maurová berichtet.
"Es ist mir nicht gelungen, meine Konzeption der Koalition von 101-Stimmen auf der Grundlage der Christdemokraten, der Freiheitsunion und der Sozialdemokraten vor dem Exekutivausschuss zu verteidigen. Und daraus ergeben sich in normalen Republiken, in normalen Staaten entsprechende Folgen", begründete der scheidende Partei- und Regierungschef seinen Schritt.
Mit der Leitung der Sozialdemokratischen Partei wurde der erste Parteivizevorsitzende Stanislav Gross kommissarisch beauftragt. Höchstwahrscheinlich wird Gross von Präsident Vaclav Klaus auch zur Regierungsbildung ermächtigt. Wie Klaus vor seiner Abreise zum Nato-Gipfel in Istanbul bekannt gab, will er Gross, den Parteichef der Christdemokraten und den der Bürgerdemokraten zu Gesprächen treffen. Mit der kleinsten jetzigen Regierungspartei, der Freiheitsunion, und mit den Kommunisten will er keine Gespräche führen.Stanislav Gross strebt ersten Aussagen zufolge nach einer Minderheitenregierung mit den Christdemokraten. Ihr Parteivorsitzender Miroslav Kalousek hat sich zu Koalitionsverhandlungen bereit erklärt:
"Ich bin bereit, eine programmatische und politische Lösung zu suchen, die dem Land eine Regierung bringt, die nicht von kommunistischen Stimmen abhängig sein wird."Auch die Verhandlungen mit der Freiheitsunion wurden von Gross nicht ausgeschlossen. Unterstützung durch die Kommunisten, aber auch vorgezogene Neuwahlen will er vermeiden.
"Ich betrachte vorgezogene Neuwahlen als einen Beweis des Versagens der Politiker. Und ich bin nicht der Meinung, dass wir versagt haben."
Die Demokratische Bürgerpartei (ODS), die zugleich die stärkste Oppositionspartei ist, fordert jedoch Neuwahlen. Der Parteichef der Bürgerdemokraten, Mirek Topolanek, sieht die Lage anders als Gross:
"Wir werden natürlich keine Regierung tolerieren, die nicht zu vorgezogenen Neuwahlen führen wird. Wir glauben, dass dieses Land eine Regierung mit einem starken Mandat verdient, und die kann nicht anders, als ein bisschen vor dem eigentlichen Wahltermin entstehen."
Regulär stehen in Tschechien im Jahr 2006 Parlamentswahlen an.