15 Jahre "Reflex"
Die Wochenzeitschrift "Reflex" macht auf sich aufmerksam. Mit einer Ausstellungsreihe nähert sich der Titel seinem 15-jährigen Jubiläum im April 2005. Für unsere Sendereihe "Im Spiegel der Medien" berichtet Daniel Satra.
Zeitschriften wohin das Auge blickt - hunderte, in den Regalen tschechischer Zeitungskioske. Davon Dutzende, die wöchentlich erscheinen. Und: Eine handvoll, die ihren analytischen Blick auf die tschechische Gesellschaft richten. Sie heißen "Tyden", "Instinkt", "Mladý Svet", "Respect" - oder eben "Reflex". Vladimír Bystrov von der Public-Relations-Agentur Bison & Rose betreut die Reflex-Jubiläums-Kampagne.
"Reflex hat im Jahr 1990 begonnen, und zwar als eine der ersten neu entstandenen unabhängigen Zeitschriften. Im Mittelpunkt standen Reportagen, und im Mittelpunkt stand die Unabhängigkeit."
Der Drang nach Unabhängigkeit, wirtschaftlich und redaktionell. Eine Reaktion auf die Unterdrückung der Presse- und Meinungsfreiheit unter dem kommunistischen Regime vor 1989. Nach nur wenigen Jahren vollständiger Unabhängigkeit war es dann auch beim 'Reflex' vorbei. Die Zeitschrift teilt das Schicksal vieler in Tschechien erscheinender Titel. Sie gehört unter das Dach eines großen europäischen Verlagshauses: dem Schweizer Ringier-Verlag, der in Tschechien auch das Boulevard-Blatt "Blesk" (Blitz) am Markt hat. Eine Entscheidung, die das wirtschaftliche Überleben des Wochenblattes mit gegenwärtig rund 70 000 Exemplaren gedruckter Auflage auf Dauer gesichert haben könnte.
"Es gibt in Tschechien kaum neuere Zeitschriften und Zeitungen, die wie 'Reflex' seit 1990 15 Jahre lang bestehen konnten"
Grund genug, sagt Bystrov, um über eine normale Jubiläumsparty hinaus auf die Zeitschrift aufmerksam zu machen. Monate bevor sie kommendes Jahr im April ihr 15-jähriges Bestehen feiert haben die PR-Leute daher eine Veranstaltungsreihe losgetreten. Im Mittelpunkt stehen Ausstellungen in zehn tschechischen Städten. Bystrov erklärt warum:
"Die Zeitschrift will damit das ganze Phänomen 'Reflex' zeigen, denn es überschreitet die Grenze einer einfachen Zeitschrift mit Gesellschaftsthemen. Daher ist dieser Zyklus mit zehn Ausstellungen zu Stande gekommen. Jede von ihnen widmet sich einem Thema oder einem Themenfeld, das mit der Arbeit des 'Reflex' zusammenhängt."
In Karlovy Vary/ Karlsbad ist der Zyklus jetzt angelaufen - Thema "Reflex und Film", pünktlich zum Internationalen Filmfestival in dem westböhmischen Kurbad. Über die Grenzen des eigenen Mediums hinausgehen und zeigen, dass eine Zeitschrift über Jahre hinweg Einfluss auf die Gesellschaft, ihre Kultur und ihre intellektuellen Debatten nehmen kann und nimmt. Nicht nur den öffentlichen Diskurs anheizen, sondern auch ganz handfeste Werte schaffen, sagt Bystrov über das Zeitschriften-Konzept:
"Die Zeitschrift hat zum Beispiel eine Musikedition herausgegeben. Die ersten Aufnahmen von vor 1989 verbotenen Rock-Bands sind beim Label 'Reflex records' erschienen."
Neben Musik können Leser mit dem "Reflex" vor allem Meinung kaufen.
"Es ist eine Zeitschrift, die oft eine ausgeprägte Meinung vertritt, oft kontrovers ist. Reflex will damit seine Haut zu Markte tragen, die Zeitschrift will provozieren und damit gegensätzliche Meinungen hervorrufen."
Ein Beispiel ist das Thema Drogen, sagt Bystrov. Reflex sei eins der größten Foren der tschechischen Berichterstattung, das seit langem an der Kontroverse "Leichte Drogen - Legalisierung ja oder nein?" mitwirkt. Ein Meinungsmedium, das hervorsticht, weil auch die Verfasser der Texte hervorstechen, meint Bystrov.
"Menschen, die für 'Reflex' gearbeitet haben, waren immer Persönlichkeiten, die neben ihrer Arbeit dort andere Projekte vorweisen konnten, so sind dutzende Bücher entstanden."
Für die Wochenzeitschrift spielt keine Rolle, dass immer wieder Ausgaben aufgelegt werden, in denen Leser zwei gegensätzliche Standpunkte antreffen. Das sei Absicht und Aufgabe eines Diskussionsforums, sagt der PR-Mann. Zum Konzept der Zeitschrift gehöre auch, den Tellerrand zu verlassen:
"Reflex schickt Reporterteams an Orte, an denen kaum andere Journalisten auftauchen, zumindest nicht aus Tschechien. Das zeigen zum Beispiel die Foto-Reportagen von Jan Sibík, der nicht nur die Auszeichnung Czech Press Photo gewinnen konnte, sondern zweimal auch das World Press Photo."
Die Geschäftsstrategie, eine Zeitschrift wie "Reflex" auf dem tschechischen Markt zu halten, baut jedoch nicht allein auf Bildstrecken oder Cover-Bilder auf. Diese Blickfänger sollen Interesse und Kaufreiz auslösen. "Reflex" wildert jedoch nicht in der Breite des Marktes, sondern hat genaue Vorstellungen von seiner Leserschaft.
"Die Zeitschrift versucht die Nische zu suchen, und zwar bei Lesern, die etwas anderes suchen, eine Zeitschrift, die sich von Massenphänomenen, vom Mainstream abhebt. Damit geht 'Reflex' den riskanten Weg, Leser zu suchen, die abseits von Trampelpfaden bedient werden wollen, die auch mal nachdenken wollen."
Denn abseits der ausgetretenen Wege liegt für Bystrov das unternehmerische Risiko. Wer nicht die Masse ansprechen will, wer nicht den Mainstream bedient, verkauft weniger, hat eine kleine Reichweite und schließlich auch geringere Einnahmen. Nebeneffekt einer solchen Marktposition ist jedoch auch: kaum Konkurrenz. Ähnlich wie das kritisch-laute Wochenblatt "Respect" kann "Reflex" daher in seiner Nischenposition auf Stammleser zurückgreifen.