Zuzana Pokorná, Direktorin des Tschechischen Zentrums in Dresden
Insgesamt 19 Tschechische Zentren informieren im Ausland über tschechische Kultur, aber auch über Fremdenverkehrsangebote und andere Wirtschaftszweige. Das Büro in der sächsischen Metropole Dresden liegt der tschechischen Grenze am nächsten. Über Programm und Ziele des Zentrums spricht Gerald Schubert mit dessen Direktorin Zuzana Pokorná - in der nun folgenden neuen Ausgabe unserer Sendereihe "Heute am Mikrophon".
"Zurzeit sind es drei: In Berlin, München und Dresden. Das in Berlin hat schon eine recht lange Tradition. Es wurde bereits im Jahr 1949 gegründet, damals natürlich noch als Tschechoslowakisches Kulturzentrum. Die Zentren in München und Dresden sind hingegen relativ neu. Das in München wurde im Jahr 2000 gegründet, das in Dresden im Jahr 1998. Beide sind aber ebenfalls sehr wichtig, denn es sind sozusagen die Tschechischen Zentren in unseren 'Nachbarländern' Bayern und Sachsen."
Sie haben vorher vom ehemaligen Tschechoslowakischen Kulturzentrum gesprochen. Kultur ist ja offenbar der Begriff, der im Zusammenhang mit den Tschechischen Zentren im Mittelpunkt steht - anders als bei den Botschaften, die die obersten diplomatischen Vertretungen darstellen. Was macht ein Tschechisches Zentrum genau?
"Wir sind ein Kulturzentrum - aber nicht nur. Wir arbeiten im Auftrag des tschechischen Außenministeriums, unser Angebot ist breiter und betrifft nicht 'nur' Kultur. Wir geben Informationen über die Tschechische Republik. Zu uns kommen viele Leute, die die verschiedensten Informationen brauchen. Auch im Bereich der Ökonomie. Wir organisieren auch politische und gesellschaftliche Veranstaltungen, Podiumsdiskussionen, Seminare, Konferenzen und so weiter. Aber die Kultur ist im Mittelpunkt."Sie sind seit drei Jahren an der Spitze des Tschechischen Zentrums in Dresden. Ändert sich etwas im Laufe der Zeit? Können Sie eine Bewegung in irgendeine Richtung feststellen, was die Anforderungen aus Prag betrifft?
"Die Anforderungen wachsen, und das ist meiner Meinung nach auch richtig. Die Situation der Tschechischen Zentren in Deutschland ist dabei natürlich spezifisch, denn die Nachbarländer sind unsere Priorität. Jetzt zum Beispiel bereiten wir gerade die Tschechischen Kulturtage in Dresden vor. Das ist wichtig für die Verständigung, und um Kontakte mit deutschen Partnern zu knüpfen."
Das Tschechische Zentrum in Dresden hat ja überhaupt eine geographische Besonderheit.
"Genau, es ist ganz in der Nähe, nur 160 Kilometer von Prag entfernt. Das ist wirklich eine spezifische Situation. Aber wie gesagt: Die grenzüberschreitende Kooperation, die überregionale Zusammenarbeit, ist sehr wichtig für die deutsch-tschechische Agenda. Nicht nur für uns als Tschechisches Zentrum, sondern auch für unsere Kollegen im Außenministerium steht grenzüberschreitende Kooperation jetzt im Mittelpunkt."
Sie haben es bereits angesprochen: Sie bereiten die Tschechischen Kulturtage in Dresden vor. Nun könnte man glauben, dass das eine Aktion ist, die sich auf das Tschechische Zentrum konzentriert, und zu der ein paar Liebhaber kommen, die sich ohnehin sehr für die Kultur in Tschechien interessieren. Aber ich habe mir sagen lassen, dass das nicht so ist. Angeblich sind die Tschechischen Tage in Dresden ein großes kulturelles Ereignis, das mehr oder weniger die ganze Stadt bewegt.
"Ja, das stimmt glücklicherweise. Das Publikum in Dresden ist sehr anspruchsvoll, vor allem im Bereich Musik und Literatur. Aber unsere Kulturtage sind traditionell bereits sehr beliebt. Dieses Jahr finden sie bereits zum sechsten Mal statt. Fast hundert Veranstaltungen wird es geben. Voriges Jahr hatten wir fast 12000 Besucher. Und auch hier gibt es nicht nur kulturelle, sondern auch geschäftliche Veranstaltungen, Präsentationen und so weiter."
Was planen Sie für dieses Jahr? Wann beginnen die Tschechischen Kulturtage und welche Programmschwerpunkte sind vorgesehen?
"Die Tage dauern von 29. Oktober bis 15. November. Schwerpunkt ist diesmal das 'Jahr der tschechischen Musik'. Es wird einige Spitzenkonzerte geben, unter anderem in der Frauenkirche. Aber natürlich nicht nur, denn es gibt ja Dutzende Veranstaltungen. Etwa Theatervorstellungen - Schwarzes Theater ist sehr beliebt in Dresden - und literarische Lesungen, zum Beispiel von Jaroslav Rudis und vielen anderen. Außerdem muss ich noch sagen: Nicht nur das Tschechische Zentrum organisiert diese Kulturtage. Wir haben natürlich auch Partner, vor allem die Brücke-Most-Stiftung und natürlich die Landeshauptstadt Dresden."Kommen wir ein bisschen weg von den Tschechischen Kulturtagen und kommen wir zurück zu Ihnen selbst. Wenn Deutsche zu Ihnen ins Tschechische Zentrum kommen, um sich zu erkundigen: Erkennen Sie da auch eine Entwicklung in all den Fragen, die in letzter Zeit vermehrt diskutiert werden und mit Vergangenheitsbewältigung zu tun haben? Fragen, die sich manchmal auch in Forderungen nach Eigentumsrückerstattung oder in politischen Forderungen äußern? Was ist da ihre Erfahrung, wenn Sie abseits von der hohen Diplomatie direkt mit den Menschen in Dresden sprechen?
"Zu uns kommen ganz unterschiedliche Besucher, jüngere und ältere. Insgesamt aber muss ich sagen, dass die Atmosphäre in Sachsen da sehr mild ist. Natürlich stellen die Leute Fragen. Wir haben auch eine kleine Bibliothek, wo wir verschiedene Zeitschriften, Zeitungen und diverse Publikationen zur Verfügung stellen, und wir besprechen diese Dinge auch mit den Menschen persönlich. Die Leute kommen auch zu unseren Podiumsdiskussionen, etwa ins Rathaus. All das funktioniert also sehr gut."
Wenn Ihre Zeit in Dresden abläuft, wollen sie dann nach Prag zurückkehren? Welche Pläne haben Sie nachher?
"Ich möchte meine Tätigkeit im Rahmen des Tschechischen Außenministeriums weiter entwickeln. Das ist mein Plan."
Wer sich näher über das Programm des Tschechischen Zentrums in Dresden informieren will, der kann das im Internet tun, und zwar unter der Adresse www.czechcentres.cz/dresden. Zum Programm der erwähnten Tschechischen Kulturtage geht es unter www.tschechische-kulturtage.de.