Ausländische Arbeitskräfte nach Tschechien? Interesse der Arbeitgeber hält sich vorerst in Grenzen

Als postkommunistischer Staat hat die Tschechische Republik auch noch fünfzehn Jahre nach der politischen Wende Probleme, die sich von denen der alten, westeuropäischen EU-Staaten grundlegend unterscheiden. Andere Aufgaben wiederum haben so gut wie alle Staaten Europas gleichermaßen zu lösen. Dazu gehört etwa die Frage: Was tun gegen die Überalterung der Gesellschaft? Eines der möglichen Rezepte besteht darin, Strategien organisierter Zuwanderung zu entwickeln. Über ein Projekt der Tschechischen Regierung und über dessen bisherigen Erfolg berichtet Gerald Schubert:

Im Sommer 2003 startete das tschechische Ministerium für Arbeit und Soziales ein Aufsehen erregendes Migrationsprojekt: Bürgerinnen und Bürgern aus drei ausgewählten Staaten, konkret aus Kroatien, Bulgarien und Kasachstan, wurden diverse bürokratische Erleichterungen in Aussicht gestellt, sollten sie sich zu einem beruflichen und privaten Neubeginn in der Tschechischen Republik entschließen. Mittlerweile sind sogar fünf Länder in diesen demographischen Großversuch integriert, erklärt Martina Michalcová, Leiterin der Abteilung für Migration am tschechischen Arbeitsministerium:

"Anfang Oktober wurde das Projekt um zwei Staaten erweitert, und zwar um Weißrussland und Moldawien. Gleichzeitig mit dieser Erweiterung haben wir eine Internetseite eröffnet, die bei der Lösung des Problems, dass nur wenige Interessenten tatsächlich nach Tschechien kommen, helfen soll. Das heißt, die Website soll diesen Leuten bei der Suche nach Arbeit helfen, sie soll das Angebot der Arbeitgeber einerseits und die Nachfrage der Interessenten andererseits miteinander in Verbindung bringen."

Derzeit herrscht nämlich gerade zwischen Angebot und Nachfrage ein gewisses Missverhältnis: Auf eine Stelle, die den ausländischen Arbeitskräften im Rahmen des Projekts angeboten wird, entfallen 76 Interessenten. Martina Michalcová:

"Alle Arbeitgeber, die Ausländer aus Drittstaaten beschäftigen, sind in derselben Situation. Sie müssen beweisen, dass der betreffende Arbeitsplatz nicht anders zu besetzen ist, und sie müssen ausländische Angestellte jedes Jahr neu registrieren, was außerdem gebührenpflichtig ist. Das sind wirklich Hindernisse, die aufseiten der Arbeitgeber Desinteresse hervorrufen. Darüber wird künftig sicher noch beraten werden, wir sind uns dieser Nachteile durchaus bewusst."

Der springende Punkt: Das Projekt regelt nur die spätere Integration der Ausländer, die etwa viel schneller eine Daueraufenthaltsgenehmigung bekommen sollen, als das sonst bei Nicht-EU-Bürgern möglich ist. Am anfänglichen Einstieg in die tschechische Arbeitswelt ändert sich für diese Menschen vorerst kaum etwas - daher auch die Skepsis der Arbeitgeber. Doch schwer ist bekanntlich aller Anfang. Und auch bei der Regierung in Prag heißt es: Der Zweck des Projekts besteht vor allem darin, dass wir aus ihm lernen.