Schröder: Übergangsfristen bei Arbeitnehmer-Freizügigkeit sind ein Fehler - Tomas Kabrt Gewinner des Lokaljournalistenpreises 2004
"Die Verantwortung der Medien in neuer europäischer Nachbarschaft" - so lautete das Motto einer am vergangenen Freitag in Frantiskovy Lazne/Franzensbad durchgeführten Podiumsdiskussion, die von der Prager Außenstelle der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Prager Zeitung veranstaltet wurde.
"Die Verantwortung der Medien in neuer europäischer Nachbarschaft" - so lautete das Motto einer am vergangenen Freitag in Frantiskovy Lazne/Franzensbad durchgeführten Podiumsdiskussion, die von der Prager Außenstelle der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Prager Zeitung veranstaltet wurde. Bei dieser Podiumsdiskussion wurde viel von den Chancen und Perspektiven, aber ebenso von den bereits gemachten Fehlern und Versäumnissen gesprochen, die mit dem EU-Beitritt der Tschechischen Republik am 1. Mai dieses Jahres verknüpft sind. So erklärte zum Beispiel das Mitglied des Europäischen Parlaments, CDU-Politiker Jürgen Schröder, dass die Entscheidung der Bundesrepublik Deutschland, die Arbeitnehmerfreizügigkeit gegenüber seinen EU-Nachbarländern Polen und Tschechien mit einer bis zu siebenjährigen Übergangsfrist zu blockieren, ein Fehler gewesen sei. Radio-Prag-Redakteur Lothar Martin konnte sich bei einem am gleichen Tag unter der Federführung der Organisationen IDOR und Euregio Egrensis durchgeführten Initiativtreffen für Journalisten aus Deutschland und Tschechien davon überzeugen, dass deutsche Unternehmer aus dem bayrisch-böhmischen Grenzgebiet ähnlich denken. Ihnen stößt auf, dass sie qualifizierte und flexible tschechische Arbeitnehmer für ihre auf Kooperation mit dem Nachbarn ausgerichtete Tätigkeit nicht problemlos einstellen können. Abschließender Höhepunkt des gesamten Veranstaltungstages war die Verleihung des von der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Prager Zeitung zum dritten Male vergebenen Lokaljournalistenpreises. Er wurde in diesem Jahr an den tschechischen Lokaljournalisten der Tageszeitung "Mlada fronta Dnes", Tomas Kabrt, verliehen. Nach der Ehrung nutzte Lothar Martin die Gelegenheit zu einem Interview mit dem Preisträger.
Herr Kabrt, Sie haben heute den Lokaljournalistenpreis für das Jahr 2004 in Empfang genommen. Bei Ihrer Dankesrede haben Sie gesagt: "Ich habe noch nie einen solchen Preis bekommen, und ich werde wohl auch nie wieder einen solchen Preis bekommen." Warum so bescheiden, sind Sie denn nicht wenigstens ein bisschen stolz darauf, dass Sie mit Ihrem siegreichen Beitrag relativ viele Leser erreicht haben?
"Ja, ich bin sehr stolz, aber ich bin nur ein Journalist und keine Persönlichkeit, die im Rampenlicht steht. Ich bin ein Mensch, der die Freiheit liebt und der gut beobachtet, um dann darüber zu schreiben, was er gesehen und gehört hat. Darum bin ich sehr dankbar für diese Ehre. Sie ist für mich eine große Motivation für meine weitere Arbeit."Ich merke schon wieder Ihre Bescheidenheit, wenn Sie sagen: "Ich bin nur ein Journalist". Aber warum haben Sie sich gerade diesen Beruf ausgesucht? Hängt das mit Ihrer Vergangenheit zusammen, aus der Sie uns berichtet haben, dass Sie nach den im damaligen Regime ausgestrahlten tschechischen Nachrichten für gewöhnlich immer auf einen deutschen TV-Sender umgeschaltet haben, um die Wahrheit zu erfahren? Hat Sie das dahingehend inspiriert, diesen Job einmal selbst auszuüben, und zwar mit ganzem Herzen?
"Ja, genau! Ich habe im kommunistischen Regime als Kind gelebt, und wir haben in der Schule nichts über Konrad Adenauer gelernt, sondern Vieles über einen anderen Konrad gehört und gelesen. Aber Adenauers Republik war für uns eine große Motivation in punkto Freiheit und Demokratie. Das deutsche Fernsehen war für uns ein Fenster in Richtung Freiheit, und die deutschen Journalisten waren eine große Schule für mich. Ich glaube, es waren all diese Aspekte, dass ich mich für diesen Beruf entschieden habe." Nun haben wir die Freiheit, nun ist auch die Tschechische Republik offiziell der Europäischen Union beigetreten, obwohl wir auch wissen, dass noch Vieles zu tun ist, um Normalität herzustellen. Und der heutige Abend stand unter dem Motto: "Lokaljournalismus - welche Verantwortung haben wir Redakteure im Hinblick auf das Zusammenwachsen in der Europäischen Union?" Welchen Anspruch stellen Sie als Lokaljournalist an sich selbst? Wie wollen Sie dazu beitragen, dass das Leben in der Europäischen Union auch und gerade zwischen Deutschen und Tschechen zur Normalität wird? "Es wird dann Normalität einkehren, wenn wir in dem Anderen nicht zuerst den Angehörigen einer anderen Nation ansehen, sondern in erster Linie den Menschen. Als meine Hauptaufgabe sehe ich es daher an, die Menschen als einen Bestandteil der verschiedenen Seiten der Grenze und daher auch mit ihren verschiedenen Ansichten zu zeigen. Menschen, wie sie normal leben, lieben und arbeiten."