Tschechische Telecom steht zum Verkauf - Ausschreibung bis 31.3.2005

Der tschechische Staat will sukzessive seine Schulden abbauen, um möglichst bis zum Jahr 2010 die Kriterien zur Einführung des Euros zu erfüllen. Neben drastischen Ausgabenkürzungen, die ab dem Jahr 2006 greifen sollen, muss er bei den Einnahmen um jede Krone feilschen. Dazu muss er das letzte Tafelsilber, das er noch hat, meistbietend unter die Leute bringen. Eine der dafür noch in Frage kommenden Transaktionen ist die Privatisierung der Gesellschaft Cesky Telecom. Der entsprechende Beschluss ist auf der jüngsten Sitzung der Regierung Gross am Mittwoch in Prag gefallen. Wie die Kabinettsentscheidung im Detail ausgefallen ist, dazu mehr von Lothar Martin.

Nach den allseits bekannten Skoda-Werken in Mlada Boleslav, der Eisenhütte in Trinec und vor allem nach der Privatisierung aller tschechischen Großbanken soll nun auch das größte tschechische Telekommunikationsunternehmen, die Gesellschaft Cesky Telecom, entstaatlicht werden. Der dazu vorliegende Regierungsbeschluss vom Mittwoch sagt, dass der Staat zunächst die Aktienmehrheit von 51,1 Prozent einem strategischen Investor anbieten will, ehe er sich zum 31. März kommenden Jahres über die endgültige Vergabe der hiesigen Telecom entscheiden werde. Finanzminister Bohumil Sobotka begründete den Kabinettsbeschluss wie folgt:

"Diese Variante bedeutet einen relativ hohen Druck auf die potenziellen Bewerber, indem sie das Auswahlverfahren nicht in unverhältnismäßiger Art und Weise in die Länge ziehen. Ein Bestandteil des Druckes auf die möglichen Bewerber aus den Reihen der strategischen Partner ist auch die Möglichkeit, die die Regierung zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausschließt, nämlich zum 31. März 2005 auch entscheiden zu können, dass der Verkauf der Telecom über den Kapitalmarkt erfolgt. Ich möchte Nachdruck auf das Wort ´kann´ legen, denn selbstverständlich wird es auch daran liegen, wie sich die Situation auf dem Kapitalmarkt zur gegebenen Zeit darstellen wird."

Die tschechische Regierung will also, wie die Tageszeitung "Hospodarské noviny" berichtet, in aller Ruhe einen soliden und ernsthaften Interessenten aus den Reihen eines ausländischen Branchenvertreters als Käufer für die Cesky Telecom finden und sich notfalls noch ein Hintertürchen offenlassen, falls keine oder zu niedrige Angebote bis Ende März gemacht werden. Doch die Anzahl dieser potenziellen Interessenten ist klein, worauf nicht zuletzt der Chefökonom der Maklergesellschaft Atlantik Financní trhy Jan Schiesser in seiner Kritik am Regierungsentscheid verweist:

"Der Direktverkauf in dem kurzen Zeitraum von vier Monaten wird einen großen Druck auf den Preis erzeugen. Das bedeutet, dass die Regierung keine adäquat hohen Angebote für den Verkauf der Telecom erhalten wird. Und bereits jetzt ist offensichtlich, dass im Wesentlichen kein strategischer Partner mit Ausnahme der Swisscom ein ernsthaftes Interesse am Erwerb der Cesky Telecom hat. Das darüber hinaus gehende Interesse besteht eigentlich nur bei Investoren, die lediglich einen niedrigen Kaufpreis bieten."

Bleibt also abzuwarten, ob die Cesky Telecom zu Ostern 2005 noch einmal goldene Eier legt und das Staatssäckel füllt, oder ob die Regierenden in Prag nun damit leben müssen, dass der Ausverkauf der letzten Wirtschaftsperlen nur noch zu "Freundschaftspreisen" zu vermitteln ist.