Concertino-Sieger: Das Klavier als Sinn des Lebens
Im Sommer dieses Jahres wird er 16 Jahre alt. Der tschechische Pianist Jan Čmejla kann aber schon jetzt auf einen tollen Start seiner musikalischen Karriere zurückblicken, denn er hat bei internationalen Wettbewerben bereits mehrere Erfolge erzielt und Preise gewonnen. Im Februar wurde er Gesamtsieger des Wettbewerbs für Nachwuchsmusiker Concertino Praga, dieser wurde vom Tschechischen Rundfunk zum 53. Mal veranstaltet. In dieser Woche spielten die erfolgreichsten Teilnehmer in mehreren Städten Tschechiens im Rahmen des Concertino-Praga-Festivals. Radio Prag hat Jan Čmejla zu diesem Anlass vors Mikrophon gebeten.
„Mit Harry Potter bin ich einverstanden. Ich mag ihn, habe alle Harry-Potter-Filme gesehen und bin ein Fan von ihm. Aber den Beinamen Mozart und Ähnliches mag ich nicht. Ich bin ich selbst und will mich nicht als jemand anderer präsentieren.“
Jan Čmejla war zunächst an einem Prager Gymnasium mit erweitertem Musikunterricht. In dem nun zu Ende gehenden Schuljahr wechselte er ans Prager Konservatorium.
„Am Gymnasium musste ich viel lernen. Ich hatte nicht so viel Zeit für die Musik. Jetzt studiere ich am Prager Konservatorium. Das gibt mir mehr Zeit fürs Klavier, ich kann viel über die Musik nachdenken und viel üben.“
Er mag Musik und übt viel
Und wie wird der talentierte Nachwuchsmusiker von seiner Umgebung wahrgenommen?„Viele Menschen sagen, dass ich zwar jung aussehe, aber im Inneren viel älter sei. Ich weiß nicht, ob das stimmt. Einige Menschen halten mich für ein Genie oder für einen sehr begabten Musiker. Ich fühle mich selbst als ein Mensch, der Musik mag, viel übt, dabei aber auch gerne mit Freunden unterwegs ist und die Freizeit genießt.“
Er könne schließlich nicht nur üben und Klavier spielen. Auch Entspannung sei wichtig, findet Jan Čmejla.
„Wenn ich Zeit habe, treffe ich mich mit Freunden, wir setzen uns in ein Café im Zentrum Prags und unterhalten uns. Ich gehe auch gerne einkaufen. Wir machen ganz normale Dinge.“
Allerdings gehöre ebenfalls das Klavier zu ihm. Das Instrument sei nicht nur sein größtes Hobby, sondern auch der Sinn seines Lebens, sagt Čmejla im Interview.
„Was mir bei der Interpretation der Musik hilft? Es ist meiner Meinung nach ein langer Prozess. Man muss viele verschiedene Kompositionen hören. Ich finde es wichtig, mir die Kompositionen, die ich selbst spiele, anzuhören und den Hintergrund zu verstehen. Wie ist das Stück entstanden? Welches Anliegen hatte der Komponist? In welcher Stimmung befand er sich? In welcher Lebensphase geschah dies? Wenn man dies alles weiß, wird die Interpretation stärker.“
Man muss viele Kompositionen hören
Bei dem Wettbewerb Concertino Praga spielte Jan Čmejla das Stück „Erinnerungen“ von Vítězslav Novák. Gerade dieser tschechische Komponist sei eine Entdeckung für ihn, so der Klaviervirtuose:„Vítězslav Novák wird meiner Meinung nach sehr unterschätzt. Sein Schaffen ist unglaublich interessant. Es ist nicht besonders umfangreich, er hat weniger Klavierwerke als etwa Beethoven und andere geschrieben. Aber ich finde bei ihm eine Farbigkeit wie bei Maurice Ravel und genieße es immer sehr, wenn ich ihn spielen kann. Novák steht mir sehr nah. Er war ein eher verschlossener Mensch. Das lässt sich meiner Meinung nach an der Form einiger seiner Werke erkennen.“
Jan Čmejla ist aber auch beeinflusst von den Künsten der führenden Pianisten aus dem In- und Ausland.
„Ich denke, dass sich die Interpretation in den letzten 20, 30 oder 40 Jahren verändert hat. Es geht immer weiter nach vorne. Wenn ich zum Beispiel den legendären Pianisten Vladimir Horowitz mit Jewgeni Kissin vergleiche, sehe ich Unterschiede. Aber beide sind toll. Die Musik wandelt sich. Und ich hoffe, dass es auch weiterhin immer voran gehen wird.“
„Eine gewisse Zeit lang war es Beethoven, er ist einer meiner Lieblingskomponisten. Dann auch Rachmaninow. Meiner Meinung nach mussten sich die Pianisten in der Romantik vielleicht am besten gefühlt haben, diese bot ihnen eine relativ große Freiheit im Ausdruck. Man konnte mehr eigene Emotionen in die Musik legen als etwa zur Zeit des Barock. Aber ich spiele gerne auch Musik aus dem 20. Jahrhundert, zum Beispiel Prokofjew. Es ist nicht so sehr die Frage einer Musikepoche. Man muss nur das richtige Werk finden, dann kann es klappen. Es ist wichtig, das richtige Repertoire zu wählen.“
Vitězslav Novák, Beethoven und Rachmaninow
Derzeit plant Jan Čmejla bereits sein Programm für das nächste Jahr. Es wird sich unterscheiden vom Repertoire aus der laufenden, so erfolgreichen Saison. Diese brachte nicht nur den Sieg bei Concertino Praga, sondern auch selbständige Konzerte in New York und Washington. Das Publikum dort verabschiedete ihn mit stehenden Ovationen für seine Interpretation der Werke von Beethoven, Chopin, Rachmaninow und Novák.
„Ich habe mich bisher viel auf den Klassizismus und die Romantik konzentriert. Die Musik des Barock und des 20. Jahrhunderts habe ich wenig berücksichtigt, daran will ich mich nun aber machen. Ich werde Bach spielen, die ganze Französische Suite. Und endlich werde ich mich mit Prokofjew beschäftigen, auf den ich schon lange Zeit warte. Ich will seine 7. Sonate spielen, die er während des Zweiten Weltkriegs geschrieben hat. Es ist ein sehr dramatisches Stück, voll von unglaublichen Emotionen. Die Komposition ist sehr schwer, ich habe mich aber bei der ersten Begegnung in sie verliebt. Ich freue mich schon sehr darauf.“In der zurückliegenden Woche haben sich die Sieger des Jugendmusikwettbewerbs des Tschechischen Rundfunks mit Jan Čmejla an der Spitze im Rahmen des Festivals Concertino Praga vorgestellt. Die Tour begann im Prager Konzerthaus Rudolfinum. Danach folgten Český Krumlov / Krumau, Třeboň / Wittingau, Bechyně / Bechin und Jindřichův Hradec / Neuhaus. Der begabte Pianist schmiedet aber schon weitere Pläne.
„Unmittelbar nach dem Festival Concertino Praga beginne ich mit den Vorbereitungen auf ein Klavierrezital, zu dem ich weit wegfahre. Es findet am 7. Juli in den USA, in Chicago statt. Und dann genieße ich die Ferien, weil das zurückliegende Jahr wirklich sehr voll war. In der nächsten Saison plane ich einige Konzerte in der Tschechischen Republik. Falls das klappt, werde ich wieder zusammen mit einem Orchester spielen.“