Karlsbader Literaturtage mit Dada-Happening

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Autoren aus Tschechien und Deutschland kommen in den ersten November-Tagen in Karlsbad zusammen. Der Adalbert Stifter Verein organisiert das Treffen mit dem Ziel, die grenzüberschreitenden Literaturbeziehungen durch Lesungen, Vorträge und Gesprächsrunden auszuloten. Ein Interview mti dem Vereinsleiter, Peter Becher.

Peter Becher  (Foto: Archiv des Adalbert-Stifter-Vereins)
Herr Becher, der Adalbert-Stifter-Verein veranstaltet vom 1. bis 3. November die sogenannten Karlsbader Literaturtage. Handelt es sich dabei um eine regelmäßige und traditionsreiche Veranstaltung, oder findet sie einmalig zu einem besonderen Anlass statt?

„Es ist keine regelmäßige Veranstaltung. Sie ist einmalig, aber vielleicht wird sie in den nächsten Jahren eine Fortsetzung finden. Der Adalbert-Stifter-Verein organisiert ja immer wieder Autorenbegegnungen, und in diesem Jahr hatten wir die Idee, das einmal in Karlsbad durchzuführen.“

Wie sind die Literaturtage konzipiert? Handelt es sich um ein Treffen tschechischer und deutscher Autoren mit ihren Lesungen, oder gibt es noch mehr?

„Das Programm ist breiter angesetzt. Zunächst einmal haben wir einen Anlass: Zum einen haben wir es ziemlich genau 100 Jahre nach dem Untergang Kakaniens und der Gründung der Tschechoslowakei angesetzt. Wir treffen uns also in dem alten, ehemaligen K.-u.-k.-Badeort Karlsbad. Und zugleich ist es ein Vorblick auf das nächste Frühjahr, denn da findet in Leipzig die Buchmesse mit dem Gastland Tschechien statt. Bei den Karlsbader Literaturtagen sind Autoren aus Tschechien und aus Deutschland dabei. Wir führen auch Podiumsgespräche durch, zum Beispiel über die Wahrnehmung der jeweils anderen Literatur in den einheimischen Literaturzeitschriften beziehungsweise über die ost-west-europäischen Literaturbeziehungen.“

Walter Serner  (Foto: Wikimedia Commons,  Public Domain)
Sie planen auch eine Straßenaktion, mit der an Walter Serner erinnert wird. Wer ist Walter Serner, und was verbindet ihn mit Karlsbad?

„Walter Serner war einer der berühmten Dadaisten zur Zeit des Ersten Weltkriegs. Er war unter anderem in Zürich tätig, aber er ist in Karlsbad auf die Welt gekommen. Sein ursprünglicher Name war Seligmann, sein Vater hat eine Zeitung herausgegeben. Er hat sich dann in Serner umbenannt und war an vielen Orten als Schriftsteller und auch als Dadaist unterwegs. Weil er Jude war, wurde er im Zweiten Weltkrieg zunächst in Theresienstadt interniert. 1942 ist er von den Nazis in der Nähe von Riga umgebracht worden.“

Serner war Dadaist, sagen Sie. Ist die Erinnerung an ihn auch im Geiste des Dadaismus entworfen?

„Ja, wir werden eine kleine Straßenaktion machen. Ich will im Vorfeld nicht zu viel verraten. Wir werden jedenfalls nachhaltig daran erinnern, dass Serner in diesem Haus geboren wurde, und wir werden wahrscheinlich auch einen kleinen Kanon in deutscher und tschechischer Sprache vortragen.“

Sind die Veranstaltungen im Rahmen der Karlsbader Literaturtage auch für die breitere Öffentlichkeit bestimmt?

Die Karlsbader Literaturtage finden vom 1.11 bis 3.11. in Karlovy Vary statt.

„Man kann sie gerne besuchen. Die Lesungen finden zum großen Teil in der Becher-Villa statt. Und wir haben eine Abschlussveranstaltung mit Lesungen und einem Konzert des Spirituál-Kvintet in der Kunstgalerie ‚Galerie umění‘. Da kann man natürlich auch vorbeischauen. Es sind nicht ganz öffentliche Sachen, aber ein begrenzter Kreis an Interessenten kann sehr gerne kommen.“