Protestierende in Prag fordern Freiheit für Senzow

Foto: Igor Budykin

Vor der russischen Botschaft in Prag fand eine stille Kundgebung für den inhaftierten ukrainischen Filmregisseur Oleh Senzow statt.

Martin Janda  (Mitte). Foto: Igor Budykin
Eine Gruppe von Demonstranten hat am Dienstag bei einem stillen Protestmarsch vor der russischen Botschaft in Prag zur Freilassung des ukrainischen Filmregisseurs Oleh Senzow aufgefordert.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Protestmarsches für Oleh Senzow trafen nahe der russischen Botschaft im siebten Prager Stadtbezirk zusammen. Sie zogen sich Masken mit einem Foto des inhaftierten Filmemachers über den Kopf. Martin Janda war einer der Initiatoren des Marsches.

„Wir haben nach einer Konsultation mit der Polizei die Erlaubnis bekommen, uns die Maske auf die Seite des Kopfes zu setzen. Das Gesicht darf wegen des Vermummungsverbots nicht verdeckt sein. Wir werden jetzt sehr langsam zum unteren Tor der Botschaft gehen.“

Kateřina Šobáňová  (Foto: Igor Budykin)
Der Protestmarsch war für genau 107 Minuten geplant. Den Grund erklärte Co-Initiatorin Kateřina Šobáňová:

„Es handelt sich um keine übliche Form einer Kundgebung, sondern um einen stillen Marsch, der von einem Eingang in die Botschaft zum anderen führt. Die Aktion dauert 107 Minuten lang, weil Oleh Senzow vor 107 Tagen in den Hungerstreik getreten ist.“

Ursprünglich wollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Protestmarsches dem russischen Botschafter einen offenen Brief übergeben sowie die Masken mit dem Foto von Senzow, auf die sie jeweils eine Nachricht geschrieben haben. Da keiner der Diplomaten erschien, um den Brief abzuholen, warfen sie das Schreiben samt den Masken in den Briefkasten der Botschaft. Kateřina Šobáňová sagte, sie rechne nicht mit einer Reaktionen auf den Protest. Dennoch sei er wichtig:

Foto: Igor Budykin
„Wir wollen mit dieser Marschperformance unsere Unterstützung für Oleh zum Ausdruck bringen, aber auch für andere politische Gefangene. Denn wir wissen, dass ihre Zahl steigt. Am 25. August wurden beispielsweise wieder einige der Teilnehmer einer Gedenkveranstaltung zum 50. Jahrestag der Besetzung der Tschechoslowakei verhaftet. Wir möchten zeigen, dass sich diese Tatsachen nicht verschweigen lassen.“

Oleh Senzow ist ein Kritiker der russischen Besetzung der Krim. Er wurde 2015 in Moskau zu 20 Jahren Haft verurteilt. Als Grund wurde Terrorismusverdacht genannt. Der Filmregisseur wies die Anschuldigungen zurück. Er sagte, dass gefälschte Beweise gegen ihn benutzt worden seien. Seinen Hungerstreik hält er in einem sibirischen Straflager, damit protestiert er auch gegen die Inhaftierung von weiteren 64 Ukrainern.

Foto: Igor Budykin

Foto: Igor Budykin
Zahlreiche Länder einschließlich den USA sowie der ganzen EU haben bereits die Freilassung von Senzow gefordert. Der Journalist Ondřej Soukup von der Tageszeitung Hospodářské noviny verfolgt den Fall des Regisseurs. Vor einigen Tagen sagte Soukup gegenüber dem Tschechischen Rundfunk:

„Seit Beginn gibt es internationalen Druck. Als die russischen Ermittler überlegten, wen sie als Chef der angeblichen Terroristengruppe bezeichnen sollen, entschieden sie sich für Oleh Senzow. Denn er ist in Filmkreisen sehr bekannt. Bei allen Kinofestivals in den vergangenen vier Jahren wurde in irgendeiner Form für Senzow demonstriert. Regisseure wie Wim Wenders oder Pedro Almodóvar haben Unterschriftensammlungen für seine Freilassung unterzeichnet. Auch Politiker setzen sich für den ukrainischen Künstler ein, zuletzt waren es Emmanuel Macron und Angela Merkel. Der Druck ist groß, aber bisher ohne Erfolg.“

Am 21. August begann eine Gruppe tschechischer Filmemacher einen solidarischen Hungerstreik für ihren inhaftierten Kollegen. Die Tschechische Filmakademie hat die tschechische Regierung aufgefordert, Senzow auf diplomatischem Weg zu helfen.