Filmwettbewerbe und Ukraine im Fokus – Prager Febiofest beginnt

Das Febiofest in Prag ist hierzulande eines der beliebtesten und renommiertesten internationalen Filmfestivals. Beim neuen Jahrgang werden mehr als 90 Kinoproduktionen aus dem In- und Ausland gezeigt. Es ist die 29. Auflage des Febiofestes und wird am Donnerstag kommender Woche in Prag eröffnet.

Fero Fenič | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Mit dieser Kennmelodie werden beim Febiofest alle Filmvorstellungen eröffnet. Das Festivalprogramm stand bereits, als Russland den Krieg gegen die Ukraine entfesselte. Dennoch entschieden sich die Veranstalter, eine Sektion mit dem Titel „Ukraine: Mitte Europas“ einzurichten. Fero Fenič hat das Febiofest gegründet und ist heute Ehrenpräsident der Veranstaltung. Er merkte an, dass ukrainische Filme in Tschechien nicht sonderlich bekannt seien:

„Jedes Jahr werden dabei auch einige außerordentlich gute ukrainische Filme veröffentlicht. Aus dieser Sektion spenden wir den Erlös aus dem Kartenverkauf an eine Hilfsorganisation, die in der Ukraine aktiv ist. Wegen des Kriegs und der entsprechenden Stimmung verzichten wir in diesem Jahr zudem auf große feierliche Veranstaltungen, die das Festival ansonsten begleiten. Wir freuen uns darauf, dass die Filmfans nach den Corona-Jahren wieder in die Festivalkinos zurückkommen.“

Marta Švecová Lamperová | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Vor zwei Jahren wurde das Febiofest einen Tag vor dem Start wegen Corona komplett abgesagt. Im vergangenen Jahr fand das Festival einige Monate später statt, als es in der Regel veranstaltet wird.

Zum Hauptwettbewerb des Febiofests sind sieben Filme von sechs Regisseurinnen und einem Regisseur angemeldet. Diese Produktionen haben alle in letzter Zeit bei internationalen Festivals gepunktet. Die Themen der Streifen seien unterschiedlich, sagt Marta Švecová Lamperová. Sie ist künstlerische Leiterin des Festivals:

„Was diese Filme thematisch gemein haben, ist die Bemühung, sich gegen Stereotypen zu stellen und auch gegen das Schicksal, das unvermeidlich scheint. Über den Sieger wird eine Fachjury entscheiden. Ihre Mitglieder sind die renommierte schwedische Regisseurin und Drehbuchautorin Isabella Eklöf, die mit dem Emmy Award ausgezeichnete irische Regisseurin Emer Reynolds und der in Tschechien lebende slowenische Filmemacher Olmo Omerzu.“

Film „Vera träumt über das Meer“ | Foto:  Febiofest

Zu den Filmen, die sich um den Hauptpreis des Festivals bewerben, gehört beispielsweise auch das Debüt der kosovarischen Regisseurin Kaltrina Krasniqui mit dem Titel „Vera träumt über das Meer“. Der Film hatte in Venedig seine Premiere und wurde in Göteborg mit dem Preis für den besten Debütfilm ausgezeichnet. Um den Hauptpreis kämpft auch ein weiteres Erstlingswerk. Es ist der Streifen „Du som er i himlen“ (Der du im Himmel bist) der dänischen Regisseurin Tea Lindeburg, der in San Sebastian mit zwei Preisen geehrt wurde. Die Handlung spielt im 19. Jahrhundert in Dänemark, wo die Träume einer jungen Frau durch Vorurteile und religiöse Dogmen gefährdet sind.

Kristián-Preis für Oleh Senzow

Film „Verjährt“ | Foto:  Febiofest

Der Film „Promlčeno“ (zu Deutsch „Verjährt“) des tschechischen Regisseurs Robert Sedláček wird beim Febiofest in tschechischer Premiere aufgeführt. Die Hauptrolle spielt Karel Roden. Beim Festival „New York Independent Cinema Awards“ gewann er den Preis für den besten Darsteller. Kommende Woche wird Roden beim Febiofest zudem mit dem Kristián-Preis geehrt. Der zweite Kristián geht an den ukrainischen Regisseur Oleh Senzow. Fero Fenič erinnert sich in diesem Zusammenhang an das Jahr 2015:

„Wir haben damals gemeinsam mit anderen Festivalveranstaltern und Künstlern aus der Welt an Russland appelliert, den verhafteten Senzow freizulassen. Oleh Senzow wird nicht nach Prag kommen, er kämpft in der ukrainischen Armee. Er hat uns ein Foto geschickt. Der ukrainische Botschafter wird für ihn den Preis entgegennehmen.“

Oleh Senzow | Foto:  Europäisches Parlament,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0 DEED

Senzow bekannte sich 2014 zur Bewegung Euromaidan. Im selben Jahr wurde er vom russischen Geheimdienst verhaftet. Fünf Jahre war er danach in russischen Gefängnissen eingesperrt. Erst 2019 kam er im Rahmen eines Gefangenenaustausches zwischen Russland und der Ukraine frei. Der Regisseur nahm anschließend im Europäischen Parlament den Sacharow-Preis entgegen, der ihm zuvor in Abwesenheit verliehen wurde. Senzow sagte während der Feierstunde, er nehme den Preis im Namen aller politischen Gefangenen in russischen Haftanstalten entgegen. Damals forderte er die EU bereits nachdrücklich auf, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht zu vertrauen.

Film „Nosorih“ | Foto:  Febiofest

Neben zwei älteren Streifen wird in Prag auch der neueste Film von Oleh Senzow gezeigt. Er heißt „Nosorih“ (zu Deutsch Nashorn). Noch vor seiner Verhaftung im Jahre 2014 begann der Regisseur, den Film zu drehen. Aber erst nach seiner Freilassung konnte Senzow die Arbeiten fortsetzen. „Nosorih“ ist der Spitzname eines jungen Straftäters, der sich in den 1990er Jahren in der postsowjetischen Gesellschaft in einer Gang schnell emporarbeitet. Je zugespitzter sein Leben ist, desto stärker wird sein innerer moralischer Konflikt.

Amnesty International beim Festival

Erik Bartoš | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Auch in diesem Jahr wird beim Febiofest einer der Filme mit Menschenrechtsthematik ausgezeichnet. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit der tschechischen Zweigstelle von Amnesty International. Der Preis sei 2016 entstanden, erzählt Amnesty-Sprecher Erik Bartoš:

„Damals hatten wir beim Festival einen Stand aufgebaut, an dem wir Unterschriften sammelten für eine Petition, die die Freilassung von Oleh Senzow forderte. Wir regten die Öffentlichkeit dazu an, Briefe an Präsident Putin zu schreiben, mit denen dieser zur Freilassung von Senzow aufgefordert wurde. Senzow saß im Gefängnis in Russland. Er wurde dorthin entführt, nachdem er die Annexion der Krim kritisiert hatte. Die Russen beschuldigten den Filmemacher des Terrorismus. Diese Beschuldigung nutzen autoritäre Regimes sehr gern, um politische Gefangene zu entwürdigen. Senzow wurde zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt. Dank dem starken Druck aus der ganzen Welt wurde er jedoch freigelassen. Anschließend bedankte er sich bei allen, die ihn unterstützt haben einschließlich der Aktivisten von Amnesty. Wie er erzählte, trug er immer die Briefe bei sich, die ihm die Menschen geschickt hatten – auch wenn er beispielsweise zum Arzt ging. Zuletzt waren es einige Taschen voller Briefe, die insgesamt fast 20 Kilogramm wogen. Diese Unterstützung habe ihm ermöglicht, im russischen Gefängnis zu überleben, erklärte Senzow damals.“

Um den diesjährigen „Amnesty Internationale Febiofest Award“ bewerben sich sieben Filme.

Illustrationsfoto: Febiofest

Wie jedes Jahr gibt es beim Festival zudem einen Wettbewerb der Filmkomödien. Zu den sieben Teilnehmern gehört unter anderem der isländische Regisseur und ehemalige Torhüter der isländischen Nationalmannschaft Hannes Thór Halldórsson. Er hat seinen Film „Cop Secret“ im Gepäck. Aber auch das deutsche Kino ist in Prag vertreten – nämlich mit Florian Gallenbergers Komödie „Es ist nur eine Phase, Hase“.

Das Febiofest in Prag läuft vom 28. April bis 5. Mai. Anschließend werden die Festivalfilme in weiteren Städten Tschechiens gezeigt. Der Ticket-Verkauf wurde am Donnerstag gestartet.