Febiofest: Von Filmkomödien bis zum Thema Menschenrechte
Das Prager Febiofest ist mittlerweile zu einem beliebten und renommierten internationalen Filmfestival geworden. Gezeigt wird eine Auswahl von mehr als 100 neuesten Filmen aus dem Ausland sowie aus Tschechien. Die 28. Auflage des Febiofestes wird am Freitag eröffnet. Martina Schneibergová hat sich im Vorfeld mit den Veranstaltern getroffen.
Beim Festival kämpfen die Filme in drei Sektionen um Preise. Eröffnet wird das Febiofest mit Woody Allens Komödie „Rifkin‘s Festival“.
Allens Streifen erzählt von einem Ehepaar, das zu einem Filmfestival nach Spanien reist. Die Frau verliebt sich dort in einen jungen Regisseur, mit dem sie den Großteil des Urlaubs verbringt. Beim Febiofest werden traditionell viele gesellschaftskritische Streifen gezeigt. Darum haben sich die Veranstalter diesmal entschieden, mit einer Filmkomödie zu eröffnen. Dazu die exekutive und künstlerische Leiterin des Febiofests, Marta Švecová-Lamperová:
„Beim Festival werden viele eher dunklere Filme mit ernsten Themen gezeigt. Allens neues Werk, dessen Handlung sich um ein Festival dreht, passt unserer Meinung nach gut zur Eröffnung des Febiofests.“
Zu den prominenten Gästen gehört in diesem Jahr der britische Regisseur Stephen Daldry, der das Oscar-nominierte Drama „Billy Elliot“ gedreht hat. Daldry wird seinen neuesten Film „Together“ in Prag vorstellen. Gemeinsam mit dem Regisseur kommt auch James McAvoy zum Festival, der die Hauptrolle spielt.
Die Veranstalter des Filmfestes haben auf die aktuelle Corona-Lage reagiert. Festivalpräsident Fero Fenič und sein Team haben daher die Struktur des Programms geändert. So werden weniger Filme als früher gezeigt, dafür werden sie jedoch mehrmals gespielt.
„Wir sind zum Schluss gekommen, dass wir das Programm reduzieren, um einen Zuschauerandrang zu verhindern.“
Die Veranstalter hoffen, dass die Kinofans keine Angst haben werden und trotz der Pandemie in die Säle kommen. Vergangenes Jahr musste das Festival wegen Corona zunächst abgesagt werden. Fero Fenič:
„Der Verlust war für uns im vergangenen Jahr sehr groß. Denn das Febiofest war eine der ersten großen Kulturveranstaltungen in Tschechien, die von der Corona-Pandemie betroffen waren. Ein paar Tage vor der Festivaleröffnung im März musste das Febiofest auf einen späteren Termin verschoben werden. Es war nicht mehr möglich, die Kosten zu minimalisieren. Trotz allem fand das Festival anschließend im September statt. Die Besucherzahlen waren jedoch eher symbolisch. Zu den vergangenen Jahrgängen kamen jeweils rund 60.000 Zuschauer. In der Corona-Zeit im September vergangenen Jahres waren es nur 8000 Besucher in den Festivalkinos.“
Filmdebüt von Franka Potente
An der Klangmelodie des Febiofestes hat sich nichts geändert. Mit ihr werden alle Filmvorstellungen eröffnet. Um den Hauptpreis bewerben sich sieben Spielfilmdebüts oder zweite Filme talentierter Filmemacher. Unter ihnen sei auch die renommierte deutsche Schauspielerin Franka Potente. Marta Švecová-Lamperová:
„Das Regiedebüt von Franka Potente heißt ,Home‘. Es schildert, wie schwer es ist, nach der Rückkehr aus dem Gefängnis wieder ein einigermaßen normales Leben zu führen.“
Über die Vergabe des Preises entscheidet eine Jury. Zu ihr gehört auch der slowakische Regisseur und Drehbuchautor Ivan Ostrochovský, der vor einem Jahr für den Streifen „Servants“ mit dem Hauptpreis des Febiofestes geehrt worden war.
Eine weitere, aus 33 Filmfans zusammengesetzte Jury wird über den Preis für die beste Komödie entscheiden. Ehrenvorsitzender der Jury ist der Musiker, Bürgeraktivist und ehemalige Menschenrechtsbeauftragter Michael Kocáb.
„Wir leben hierzulande eigentlich in der Zeit einer großen Komödie und Farce. Der Humor dient uns vermutlich als letzte Stütze. Ich glaube, dass der Humor den Tschechen in der Vergangenheit geholfen hat, einiges zu überwinden. In Komödien ist manchmal eine tiefe Wahrheit versteckt.“
Kocáb hat viele Erfahrungen mit Filmarbeiten: 1990 beteiligte er sich unter anderem als Regisseur, Drehbuchautor und Schauspieler am Streifen ,Pražákům těm je tu hej‘ (auf Deutsch etwa „Den Pragern geht es dufte“). Zudem schrieb er Musik für etwa 100 Filme. Am Febiofest schätzt er seinen Worten nach die Tatsache, dass es zwar ein Prager Festival ist, aber auch in die Regionen weiterreist. Und weiter sagte Kocáb:
„Zum Febiofest habe ich auch deswegen eine besonders gute Beziehung, weil es ein großes Augenmerk auf die Menschenrechte legt. Das schätze ich sehr.“
Und so wird in diesem Jahr erneut Amnesty International beim Febiofest einen der Preise verleihen. Zu den Filmen, die sich um diesen bewerben, gehört auch eine Doku, die von Nasima aus Bangladesh erzählt. Die junge Frau träumt davon, einmal eine erfolgreiche Surferin zu werden. Ihren Traum will sie verwirklichen, obwohl die Gesellschaft ihrer Heimat sehr konservativ ist.
Preis von Amnesty International in Zeiten des Populismus
Über den Gewinner des Amnesty International Award wird eine Jury entscheiden, deren Mitglied unter anderem die hervorragende tschechische Cellistin und Musikpädagogin Terezie Kovalová ist. Einige Tage vor der Festivaleröffnung sagte sie, sie habe bisher etwa die Hälfte der Filme gesehen, die sich um den Amnesty-Preis bewerben.
„Es ist eine Herausforderung, sich diese Streifen anzusehen. Sie bewegen einen dazu, seine Haltung zur Welt zu überdenken. Man wird sich seiner Privilegien sowie dessen bewusst, wie einfach es ist, diese zu verlieren.“
Auf die Frage, ob sie nicht den Eindruck habe, dass in den letzten Jahren – im Vergleich zur Ära von Staatspräsident Václav Havel – Begriffe wie Humanität und Menschenrechte aus der öffentlichen Debatte in Tschechien verschwunden seien, sagte die Musikerin:
„Es ist interessant, dies zu beobachten. Wir leben heutzutage in einer Zeit des Populismus und einfacher Losungen. Viele Menschen mögen es nicht, zum tieferen Nachdenken angeregt zu werden. Die Suche nach den Werten ist meiner Meinung nach jedoch für den Menschen in jeder Phase seines Lebens wichtig. Dass Themen wie Menschenrechte nicht nur ablehnende, sondern sogar auch extrem negative Reaktionen hervorrufen, überrascht mich. Denn während meiner vielen Reisen durch die Welt habe ich mich davon überzeugt, dass wir Menschen alle gleich sind. Ich bin unglücklich darüber, dass die Politiker den erwähnten Themen keine Aufmerksamkeit schenken.“
Terezie Kovalová betont, es sei naiv zu glauben, dass uns Probleme von Menschen in anderen Teilen der Welt nicht betreffen würden.
„Wir leben doch in keinem von der Welt abgekapselten Staat. Alles, was auf dem Planeten Erde geschieht, betrifft uns auch – obwohl wir diesen Eindruck wohl noch nicht gewonnen haben. Ich befasse mich schon seit vielen Jahren mit jenen Themen, die in den Filmen im Wettbewerb um den Preis von Amnesty International angesprochen werden. Und ich denke, dass einige der Streifen vielen Menschen die Augen öffnen würden.“
Amnesty International ist seit 30 Jahren in Tschechien aktiv. Während des Febiofestes wird anlässlich dieses Jubiläums eine Fotoausstellung gezeigt, und zwar im Café Art-n-coffee.
Das Febiofest findet vom 17. bis 24. September in Prag statt. Die Filme werden in den Sälen des Multikinos Cinema City Slovanský dům und in den Kinos Pilotů und Edison gezeigt. Anschließend wird eine Auswahl der Festivalfilme in weiteren tschechischen Städten vorgestellt.