Streit um Lkw-Mautsystem: Kartellamt wird Vergabeverfahren erneut prüfen

Foto: Aktron, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0

Das Tauziehen um die Rechte für den Betrieb des Lkw-Mautsystems in Tschechien ab dem Jahr 2020 geht in die nächste Runde. Am Donnerstag hat das Kartellamt in Brno / Brünn sein Urteil vom Mai dieses Jahres aufgehoben und die Ausschreibung für den Betreiber des Mautsystems als anstandslos bezeichnet.

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Anfang Mai hatte das Kartellamt die Ausschreibung für den Betreiber des tschechischen Mautsystems storniert. Laut der Behörde wurde bei der Offerte des Staates gegen das Gesetz über öffentliche Aufträge verstoßen. Das Amt bemängelte, dass das Verkehrsministerium in Prag die Vergabeunterlagen auf USB-Speichersticks an die Interessenten übergeben hatte. Rückwirkend sei daher nicht festzustellen, ob alle Unternehmen die gleichen Informationen erhalten hätten.

Gegen diese Entscheidung hat Verkehrsminister Dan Ťok (parteilos) Einspruch eingelegt. Offenbar mit Erfolg, denn inzwischen sieht das Kartellamt die Sache ein wenig anders: Es hat seine in erster Instanz getroffene Entscheidung, die Auftragsvergabe zu stoppen, nun wieder zurückgenommen. Das Vergabeverfahren wolle es indes noch einmal prüfen. Das Konsortium der Firmen CzechToll und SkyToll hatte bei dieser Ausschreibung vom Staat den Zuspruch bekommen, den Betrieb des Mautsystems ab 2020 von Vorgänger Kapsch übernehmen zu können. Mit dem aktuellen Beschluss ist das Firmenduo daher sehr zufrieden. Sein Sprecher ist Miroslav Beneš:

Dan Ťok  (Foto: OISV,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0)
„Aus unserer Sicht war die Ausschreibung fair. Das Verkehrsministerium hat vier Angebote erhalten, die relevant waren. Daraus geht doch offenbar hervor, dass alle Bewerber die gleichen Vergabeunterlagen erhalten und sie auch verstanden haben.“

Über die am Donnerstag von der Wettbewerbsbehörde getroffene Entscheidung ist auch Verkehrsminister Ťok erfreut:

„Dies ermöglicht uns, dass wir das Prozedere der Auftragsvergabe fortsetzen können.“

Und dies bedeutet, im Ministerium rechnet man weiter damit, dem tschechisch-slowakischen Konsortium SkyToll-CzechToll ab dem Jahr 2020 den Betrieb des Lkw-Mautsystems anzuvertrauen. Denn bei der Ausschreibung habe es das eindeutig das beste Angebot gemacht. Die Firma Kapsch, die gegenwärtig das Mautsystem betreibt, hat dazu für den Zeitraum von zehn Jahren einen Kostenaufwand von 24 Milliarden Kronen (930 Millionen Euro) vom Staat gefordert. CzechToll und SkyToll würden aber nur 10,7 Milliarden Kronen (415 Millionen Euro) verlangen, informierte Ťok.

Gebäude der Kapsch BusinessCom AG  (Foto: My Friend,  CC BY-SA 3.0)
Doch noch ist nichts endgültig entschieden. Denn neben seiner Entscheidung vom Donnerstag hat das Kartellamt auch darauf verwiesen, dass ihre einstweilige Verfügung weiter gelte. Danach darf der Auftraggeber mit seinem ausgewählten Bewerber vorerst keinen Vertrag abschließen. Und auch die Firma Kapsch gibt sich noch nicht geschlagen. Zum einen zeigten sich die Österreicher verwundert, dass die Wettbewerbsbehörde die Ausschreibung nun doch nicht annulliert hat. Das hätte sie in anderen Fällen, bei denen weit geringere Mängel vorlagen, schließlich auch getan. Und zum Zweiten hat Kapsch nun Strafanzeige erstattet gegen den Rechtsanwalt Jan Hrazdira. Der Anwalt ist Mitglied der Berufungskommission des Kartellamtes. Und diese spricht eine Empfehlung aus, wie der Vorsitzende der Behörde im Streit über die Gültigkeit der Ausschreibung zu entscheiden habe. Laut Kapsch vertrete Hrazdira eindeutig die Interessen des Ministeriums. Kapsch-Sprecher David Šimoník:

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„Die Berufungskommission des Kartellamtes ist ein unabhängiges Organ. Doch wenn in ihr ein Rechtsanwalt mitwirkt, der in den Streit involviert ist, dann betrachten wir dessen Auftreten in der Kommission als eine Verletzung dieser Unabhängigkeit.“

Rechtsanwalt Hrazdira wies die gegen ihn von Kapsch erhobenen Vorwürfe als haltlos zurück. Er sei weder befangen gewesen noch voreingenommen in die Verhandlungen der Kommission gegangen. Doch egal wie sich der Streit um den Weiterbetrieb des tschechischen Lkw-Mautsystems nun fortsetzt, in einem müssten sich alle Beteiligten einig sein: Die Zeit drängt und eine Lösung muss bald gefunden werden. Ansonsten greifen andere Mechanismen. Zum Beispiel die Möglichkeit, dass ein Staatsbetrieb übergangsweise die Rolle von Kapsch übernehmen würde, hieß es.