Mit Axolotl und Kultur zu mehr Zusammenarbeit
Forschungseinrichtungen aus Dresden präsentieren sich derzeit mit der Ausstellung Dresden-concept in Prag. Dies soll ein Anreiz für eine noch engere Zusammenarbeit zwischen Sachsen und Tschechien sein.
„Dieser Molch ist interessant, weil er über eine äußerst entwickelte Regenerationsfähigkeit verfügt. Wenn ein Axolotl zum Beispiel eines seiner Gliedmaßen verliert, wächst dieses nach einiger Zeit wieder nach.“
Zwar ist Pavel Tomančák Tscheche, dennoch ist einer der Wissenschaftler aus der sächsischen Landeshauptstadt, die ihre Arbeiten derzeit bei der Ausstellung Dresden-concept in Prag präsentieren. Was Dresden-concept eigentlich ist, erklärt der Physik-Professor Ludwig Schultz. Er leitet das Projekt:
„In Dresden sind die Technische Universität und die umliegenden Forschungsinstitute sehr stark. Alle vier großen deutschen Forschungsorganisationen sind vertreten, also die Max-Planck-Gesellschaft, die Leibniz-Gemeinschaft, die Fraunhofer-Gesellschaft und auch Helmholtz. Die Leiter dieser Institutionen wollten sich im Rahmen der deutschen Exzellenzinitiative mit der Technischen Universität zusammenzuschließen zusammenschließen.“
Wissenschaft zugänglich machen
Der breiten Öffentlichkeit soll diese Zusammenarbeit über die Ausstellung Dresden-concept zugänglich gemacht werden. Die Macher der Schau haben sich dabei für mehrere Forschungsbereiche entschieden, die sie den Laien näherbringen wollen. Ludwig Schultz erklärt, welche das sind:
„Wir haben zum einen den medizinisch-biologischen Bereich, dann die Mikroelektronik und den Bereich der Materialien und Strukturen.“Jeder Schwerpunkt wird mit großen Schautafeln erklärt, in Prag stehen sie auf dem Obstmarkt direkt vor dem Hauptgebäude der Karlsuniversität. Dort kann man dann neue Baumaterialien testen oder dem Axolotl beim Nachwachsen seiner Gliedmaßen zusehen. Doch es geht nicht nur um High-Tech. Auch ein vierter Bereich ist den Machern von Dresden-concept wichtig:
„Da Dresden auch im geisteswissenschaftlichen Bereich ein wichtiger Standort ist, haben wir auch noch den Schwerpunkt Kultur und gesellschaftlicher Wandel hinzugefügt. Die Verbindung von kulturellen Einrichtungen und der Universität in Dresden ist unglaublich stark. Andere Standorte fehlt dieser kulturelle Bereich, aber wir haben ihn.“
Bisher war die Schau samt Begleitprogramm in Dresden, London und Breslau zu sehen. Prag ist vorerst der letzte Halt. Ludwig Schultz erklärt, warum man sich gerade für diese Städte entschieden hat:
„Es gibt einen sogenannten Medizin-Transcampus mit dem King’s College in London. Wir wurden dann auch eingeladen, und die Ausstellung fand zunächst auf dem Gelände des King’s College statt. Außerdem war lange ein Thema, wie das Dreigestirn Sachsen, das südliche Polen und Tschechien zusammenkommen könnte. Es gibt da seit Jahrzehnten viele Gesprächsrunden und Kontakten, und da bietet es sich so ein Projekt einfach an. In der Entwicklung laufen die drei Regionen im Gleichschritt. Die Leute mögen sich, kommen gut miteinander aus, und es gibt einen regen Austausch.“
Eine lange Tradition mit Leben füllen
Dresden-concept soll das Elbflorenz einerseits als Wissenschaftsstandort präsentieren. Andererseits will man auch voneinander lernen und die Kooperation zwischen den Bildungseinrichtungen beiderseits der Grenze ausbauen. Das verdeutlichte unter anderem der Rektor der Prager Karlsuniversität, Tomáš Zima, bei seiner Eröffnungsrede. Kulturell sei man da schon relativ weit, wie wiederum Dirk Hilbert bestätigt. ist Der FDP-Politiker ist Oberbürgermeister der sächsischen Landeshauptstadt:
„Ein großes und wichtiges Feld ist für uns die lange Tradition im kulturellen Austausch. Dresden bewirbt sich, wenn Deutschland in den Jahren 2020 bis 2025 das nächste Mal die Kulturhauptstadt Europas stellen kann. Hier ist Prag für uns ein sehr wichtiger Partner, und ich bin froh, dass meine Amtskollegin Adriana Krnáčová im Kuratorium zur Bewerbung um den Titel mitarbeitet. Dadurch gibt es dann auch Projekte wie die Kooperation zwischen Prager Nationalgalerie und den Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden. Aber das ist nur eine Facette. Auch die Philharmonischen Orchester arbeiten intensiv zusammen.“Doch auch im Bereich der Technik kann man nicht ohne einander. Dirk Hilbert nennt ein Beispiel:
„Meine längste Kooperation läuft im Umweltbereich. Wir arbeiten gemeinsam an Hochwasserschutzkonzepten. Wir arbeiten mit dem Hochwasserschutz hier in Prag, aber auch mit der Euroregion Labe-Elbe zusammen. Hier haben wir mit Ingenieurbüros aus Prag die Kompetenz in unsere Überlegung zum Hochwasserschutz einfließen lassen. Wichtig ist für uns vor allem der Informationsaustausch. Wir werden in Echtzeit informiert, wie sich die Hochwasserstände in Prag entfalten.“
Was die Propagierung von deutschem High-Tech angeht, will Dirk Hilbert selbst ein gutes Beispiel sein. Er ist nämlich mit einem Elektromobil an die Moldau gekommen. Und zwar über die neue Autobahn D8.
Ein erster Schritt zur Europa-Universität?
Der Molekularbiologe Pavel Tomančák ist ein Paradebeispiel für eine internationale Wissenschaftlerkarriere, denn er hat den Sprung aus Tschechien an die renommiertesten Hochschulen geschafft:
„Ich bin am Max-Planck-Institut tätig. Davor war ich an der Universität in Berkley, meinen Doktor habe ich in Heidelberg gemacht. Aber es ist wahr, dass wir in letzter Zeit versuchen, unsere gemeinsame Arbeit zwischen Prag und Dresden zu intensivieren. Der jetzige Zeitpunkt ist ideal, da die Europäische Union die Projekte sehr gut unterstützt. Es gibt ein Programm namens Teaming for Excellence, das Institute im Westen und Osten Europas verbinden soll. Dadurch soll ihr wissenschaftliches Niveau verbessert werden.“Damit ein solcher Lebenslauf zur Normalität wird, schwebt unter anderem den Vertretern der TU Dresden eine sogenannte Europauniversität im erweiterten Dreiländereck Sachsen-Tschechien-Polen vor. Was das für Vorteile bringen würde, erklärt Professor Hans Müller-Steinhagen. Er ist Rektor der Hochschule:
„Meine große Vision ist tatsächlich, dass wir einen Wissenschaftsverbund gründen und uns damit als europäische Universität in der Region Prag-Breslau-Dresden bewerben. Ich glaube, es wäre auch europa- und wissenschaftspolitisch ein fantastisches Signal zu sagen, es muss nicht immer nur Frankreich, Deutschland und England sein. Warum also mal nicht auch der Osten Deutschlands mit Polen und Tschechien. Hier haben wir eine alte, kulturell unglaublich reiche Region Europas, die wir eigentlich noch viel mehr ins Rampenlicht rücken müssten. Wir könnten dadurch die besten Studierenden und die besten Wissenschaftler aus der ganzen Welt anziehen.“
Leider sei so etwas bisher eher ein frommer Wunsch und das Projekt nicht einmal in der Planungsphase, so der Maschinenbauingenieur. Generell versucht die TU Dresden, ihre internationale Zusammenarbeit in diese Richtung zu bewegen:
„Darunter verstehe ich, dass man über einzelne Projekte hinaus und strategisch zusammenarbeitet. Denn vereinzelte Kooperationen sind mehr oder weniger zufällig oder nur befristet vorhanden. Dies gelingt uns, indem wir auf diesen Gebieten gemeinsam hervorragende Wissenschaft betreiben und nach Förderungsmittel suchen. Wir können uns auch durch gemeinsame Studiengänge weiterentwickeln.“
Wissenschaftler wie Pavel Tomančák würden das Konzept einer europäischen Hochschule in der Region begrüßen:„Ich glaube, dass dies ein sehr guter Gedanke ist. Am Beispiel Dresdens ist zu sehen, dass akademische Institute nur schwer alleine auf dem Weltmarkt konkurrieren können. Durch Zusammenarbeit entsteht viel Kraft. Das funktioniert vor allem in Dresden sehr gut. In Prag ist man prinzipiell auch auf dem richtigen Weg, auch wenn man noch einiges verbessern könnte. Wenn es uns gelingen könnte, die Institute zwischen den Städten zu verbinden, dann könnte man auf einigen Gebieten zu den Besten der Welt zählen.“
Und auch aus der Politik käme Rückhalt. Das bestätigt zumindest der Dresdner Oberbürgermeister Dirk Hilbert:
„Ich bin mir sehr sicher, dass so ein Vorstoß Rückendeckung hat in der Politik. Sachsen hat Verbindungsbüros in Breslau und Prag. Das ist für uns wegen der guten Nachbarschaft ausgesprochen wichtig. In meiner Funktion und auch als Präsident der Euroregion Elbe-Labe ist für mich gerade die enge Kooperation mit meinen tschechischen Kollegen entscheidend, da wir über ein großes Potenzial in Wirtschaft und Wissenschaft verfügen, noch enger zusammenzuwachsen. Dadurch kann auch die Durchlässigkeit für die Menschen deutlich erhöht und das Nachbarland nicht nur zum Einkaufen, sondern genauso als Lebens- und Arbeitsort entdeckt werden.“
Die Ausstellung Dresden-concept ist bis 4. Mai auf dem Obstmarkt (Ovocný trh) in Prag zu sehen. Dazu finden zahlreiche Diskussionsrunden und Vorträge von Wissenschaftlern aus Dresden und Prag statt. Weitere Informationen finden Sie unter www.dresden-concept.de