Babiš verliert Rechtsstreit um Stasi-Vergangenheit
Der geschäftsführende tschechische Premier wird bei der slowakischen Aufarbeitungsbehörde weiter als Agent geführt.
Sechs Jahre lang hatte Andrej Babiš prozessiert. Die Entscheidung des Kreisgerichts in Bratislava war aber letztlich keine Überraschung. Denn zuvor hatte das slowakische Verfassungsgericht bereits geurteilt – und zwar zu Ungunsten des heutigen tschechischen Premiers.
Gegen Babis ermittelt zudem derzeit die tschechische Polizei. Das alles ist vor allem von Bedeutung für die Politik hierzulande. Die oppositionellen Christdemokraten finden, Babiš sollte erwägen, sein Amt als Premier niederzulegen. Christdemokratenchef Pavel Bělobrádek:
„Es ist keine gute Nachricht für die Tschechische Republik, dass jemand den Posten des Premiers bekleidet, der als Stasi-Agent geführt wurde.“Babis steht geschäftsführend einem Minderheitskabinett vor, das aber nicht das Vertrauen des Parlaments hat. Derzeit führt der Premier daher Sondierungsgespräche. Die Christdemokraten, aber auch etwa die Piratenpartei oder die Bürgerdemokraten haben bereits erklärt, dass sie nicht mit einem Regierungschef paktieren möchten, gegen den die Polizei ermittelt. Diese Haltung hat sich durch den Gerichtsentscheid noch verstärkt. Marek Benda ist Abgeordneter der Bürgerdemokraten:
„Wir waren immer davon überzeugt, dass Babis ein Agent des kommunistischen Geheimdienstes war. Er ist zudem der Vertreter einer populistischen Partei, mit der wir keinerlei gemeinsame Sprache finden.“
Die Sozialdemokraten werden über ihr weiteres Vorgehen erst bei einem Sonderparteitag entscheiden, der am Wochenende stattfindet. Die Oppositionspolitiker glauben jedoch nicht, dass das Urteil aus Bratislava auch Staatspräsident Miloš Zeman umstimmen könnte. Dieser will Babiš zum Premier einer weiteren Regierung ernennen.Der Regierungschef selbst reagierte ebenfalls auf das Urteil aus seiner slowakischen Heimat.
„Ich werde sicher eine Klage gegen das slowakische Innenministerium oder gegen den slowakischen Nachrichtendienst einreichen. Ich lehne das Urteil ab und werde auch weiterhin Rechtsprozesse führen.“
Und das notfalls bis Ende seines Lebens, wie Babis sagte. Der politische Kommentator Jindřich Šídlo stellte am Dienstag in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks fest:
„Vor 25 Jahren waren viele Tschechen stolz darauf, dass liberal denkende Slowaken, die nicht unter dem Mečiar-Regime leben wollten, nach Tschechien kamen. Hätte uns damals jemand gesagt, dass nach einem Vierteljahrhundert ein slowakischer Ex-Kommunist und Stasi-Agent zum tschechischen Premier wird, hätten wir ihm einen nassen Lappen auf dem Kopf empfohlen. Jetzt brauchen wir diesen Lappen selbst.“Babiš bestreitet auch weiterhin seine Zusammenarbeit mit dem kommunistischen Geheimdienst. Der heutige Milliardär war vor der Wende Mitglied der kommunistischen Partei und wurde in den 1980er Jahren von einem tschechoslowakischen Außenhandelunternehmen ins Ausland entsendet. In zwölf Stasi-Akten wird er den Historikern zufolge seit 1982 als Agent mit dem Decknamen “Bureš“ geführt.