Rechtsruck von Babiš: Partei Ano ist Mitgründerin des „patriotischen“ Bündnisses im EU-Parlament

Andrej Babiš, Herbert Kickl und Viktor Orbán

Die Partei Ano von Andrej Babiš hat sich mit Viktor Orbáns Fidesz und der FPÖ zusammengetan. Sie haben das Bündnis „Patrioten für Europa“ gegründet. Dieses soll den Kern bilden einer neuen Rechtsaußenfraktion im Europäischen Parlament.

Im Fall von Babiš könnte dies einen Rechtsruck bedeuten, zumindest im Vergleich zu seiner früheren Politik als tschechischer Regierungschef. Seine Ano hatte die Europawahlen in Tschechien gewonnen.

„Wir wollen eine Gemeinschaft souveräner Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Wir wollen nicht, dass dies jemand aus Brüssel leitet“, sagte Babiš am Rand einer gemeinsamen Pressekonferenz der drei Parteichefs in Wien.

Vor zehn Tagen hatte der Parteivorstand von Ano beschlossen, aus den Fraktionen Renew Europe und Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (Alde) auszutreten. Babiš kritisierte die bisherige politische Heimstatt im Europaparlament dafür, den Green Deal nicht ausreichend radikal ändern zu wollen. Die Ano-Vizevorsitzende Alena Schillerová konkretisierte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks, welche Ziele die „Patrioten für Europa“ verfolgen:

Alena Schillerová | Foto: Zuzana Jarolímková,  iROZHLAS.cz

„Der Kampf gegen die illegale Migration, eine absolut harte Überarbeitung des Green Deals und natürlich die Verteidigung unserer Souveränität. Das sind die drei grundlegenden Punkte, die für uns in der neuen Fraktion entscheidend sind.“

Allerdings besteht bisher nur ein Bündnis. Um eine Fraktion im Europaparlament zu bilden sind 23 Abgeordnete aus sieben Staaten erforderlich. Ungarns Regierungschef Viktor Orbán kündigte bei der gemeinsamen Pressekonferenz der drei Parteichefs in Wien jedoch an, „dass die neue Gruppierung wachsen und schon bald die größte Fraktion der europäischen Rechten wird“. Und der FPÖ-Vorsitzende Herbert Kickl sagte dazu:

„Diese Allianz soll gleichsam eine Trägerrakete darstellen und andere Parteien auf europäischer Ebene mit an Bord nehmen, um dann gemeinsam mit vereinten Kräften Europa wieder eine gute Zukunft zu geben.“

Mit anderen Parteien habe man in der vergangenen Woche bereits Gespräche geführt und werde in Brüssel oder Straßburg schon bald das vollständige Bündnis mit allen Mitgliedern vorstellen, hieß es. Unter anderem wird spekuliert, dass sich der französische Rassemblement National von Marine Le Pen anschließen könnte. Ondřej Houska ist Kommentator der tschechischen Tageszeitung Hospodářské noviny und ordnete die künftigen Dimensionen des Bündnisses ein...

Andrej Babiš | Foto: Alex Halada,  ČTK/imago stock&people

„Selbst wenn sich nach der zweiten Runde der französischen Neuwahlen Marine Le Pen der Fraktion anschlösse, würde es sich immer noch um eine marginale Gruppe im Europaparlament handeln. Und zwar weil sie nur ein geringes Koalitionspotenzial mit sich bringt. In der Europäischen Union bestimmt sich der Einfluss durch die Stärke der Partner“, so Houska.

Im Fall der Partei Ano bedeutet das Zusammengehen mit Orbán und der FPÖ eine neue Positionierung. So zumindest sieht dies der Politologe Jiří Pehe von der New York University in Prag. Pehe verwies in einem Kommentar für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks darauf, dass Andrej Babiš in seiner Zeit als Premier keinen größeren Angriff auf die Prinzipien des Rechtsstaats und die Grundpfeiler der liberalen Demokratie unternommen habe. Nun habe der 69-jährige Milliardär aber seine Karten aufgedeckt, erläutert Jiří Pehe:

Jiří Pehe | Foto: Luboš Vedral,  Tschechischer Rundfunk

„Selbst wenn die neue Fraktion nicht entstehen sollte, scheint Babiš auch in seiner Inlandspolitik ganz offen auf Positionen zu setzen, die Orbán, Fico (slowakischer Premier, Anm. d. Red.), Le Pen und Wilders in ihren Ländern zu politischen Erfolgen verholfen haben.“

Und der Politologe Petr Kaniok von der Masaryk-Universität in Brno / Brünn merkte gegenüber der Presseagentur ČTK an, dass Babiš besonders die offene Kritik an der Europäischen Union gelegen komme. Auf diese Weise versuche er, bei der Wählerschaft in Tschechien zu punkten, so Kaniok. Dazu muss man erläutern, dass im September hierzulande die Senats- und Kreiswahlen abgehalten werden – aber vor allem dann im Herbst kommenden Jahres das tschechische Abgeordnetenhaus neu besetzt wird.

Autor: Till Janzer | Quellen: Česká televize , Český rozhlas , ČTK
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