Tschechien im EU-Bericht: Defizite bei Korruptionsbekämpfung, aber Lob für unabhängige Justiz

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Erstmals sind Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten bewertet worden. Am Mittwoch hat die Europäische Kommission den entsprechenden Bericht vorgestellt. Im Folgenden mehr dazu, wie Tschechien dabei abgeschnitten hat.

Věra Jourová  (Foto: ČTK / AP Photo / Olivier Hoslet)

Kritik und Lob – beides bekommt Tschechien in dem Rechtsstaatlichkeitsbericht der Europäischen Kommission. Oder man könnte auch sagen, dass die Demokratie hierzulande mit bestimmten Fehlern behaftet ist. Im Fall Tschechiens und fünf weiterer vor allem östlicher Mitgliedsstaaten wird besonders der Umgang mit Korruption bemängelt. Die stellvertretende EU-Kommissionspräsidentin Věra Jourová erläuterte dies am Mittwoch in Brüssel gegenüber tschechischen Medien:

„Im Bericht wird konstatiert, es bestünden Befürchtungen und herrsche eine gewisse Ungeduld angesichts der Tatsache, dass in einigen Dingen nicht strafrechtlich vorgegangen wird. Die Menschen sollten wissen, dass die Gesetze genauso für einen hochgestellten Politiker oder Geschäftsmann gelten wie für den normalen Bürger.“

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Jourová spielte damit ganz offensichtlich auch auf Ermittlungen gegen Premier Andrej Babiš (Partei Ano) und den von ihm aufgebauten Konzern Agrofert an. Da geht es nämlich um die Frage, ob der tschechische Regierungschef nicht etwa in einem Interessenskonflikt steht. Babiš selbst verneint das vehement immer wieder, der juristische Dienst der Europäischen Kommission ist aber zu einem anderen Urteil gekommen. Dabei erhält der Konzern Agrofert auch Zuwendungen aus Brüsseler Töpfen.

„Wir haben nirgendwo konkrete Fälle genannt oder bestimmte Namen. Wir beschreiben nur, wie jeweils das System funktioniert“, sagte indes Jourová.

Ebenfalls kritisch sieht die Europäische Kommission den Medienmarkt in Tschechien. Hierzulande sei intransparent, welches die wirklichen Eigner von Zeitungen, Zeitschriften, Radios und TV-Sendern seien, so der Vorwurf. Auch Bulgarien und Zypern wurden entsprechend gerügt.

Ursula von der Leyen  (Foto: ČTK / AP Photo / Manuel Elías)

Ungarn wurde wiederum vorgeworfen, den eigenen Medienmarkt zu zerstören, indem regierungsnahe Unternehmen eigentlich unabhängige Medien übernehmen. In diesem Zusammenhang hatte Jourová in einem Interview für das Magazin „Der Spiegel“ von einer „kranken Demokratie“ gesprochen. Das hat Ministerpräsident Viktor Orbán aufgebracht. Er forderte daher von EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen eine Abberufung Jourovás. Dazu sagte die aus Tschechien stammende Kommissarin selbst:

„Ich bin froh, dass Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen mich unterstützt hat und auch weiterhin hinter meiner Arbeit steht. Ich denke, die Kommission wird antworten, dass sie offen für den Dialog sei und man sich eher gemeinsam an einen Tisch setzen sollte, als sich über die Medien gegenseitig zu beschuldigen“, so Věra Jourová, die in der Kommission für Werte und Rechtsstaatlichkeit zuständig ist.

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Allerdings geht es in dem Bericht eben besonders um Ungarn sowie auch Polen. Bei beiden Ländern äußerte die Kommission „ernsthafte Bedenken“ um die Unabhängigkeit der Justiz – etwas, das im Falle Tschechiens hingegen gelobt wurde. Gegen Ungarn und Polen laufen bereits seit Jahren Vertragsverletzungsverfahren wegen mutmaßlicher Verstöße im Bereich der Rechtsstaatlichkeit.

Die EU-Kommission will nun jedes Jahr einen solchen Bericht veröffentlichen. Ziel ist dabei, einen Dialog mit den Mitgliedstaaten über gemeinsame Grundwerte zu starten. So sollen Probleme in der Zukunft verhindert und die Demokratie gestärkt werden, glaubt man in Brüssel.