Jourová bleibt EU-Kommissarin: In welchem Ressort?
Die bisherige EU-Kommissarin aus Tschechien soll auch die künftige sein. Dafür hat sich Premier Andrej Babiš entschieden. Und am Montag verhandelte der Ano-Politiker in diesem Sinn auch mit der gewählten neuen Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Nicht klar ist bisher aber, welches Portfolio Jourová übernehmen könnte.
„Die Argumente sprechen für Frau Jourová, weil sie als Kommissarin erfolgreich war, und das in einem schwierigen Ressort. Längst nicht alle Regierungschefs haben sie gerne gehabt.“
Gut für Jourová ist sicher auch, dass von der Leyen Geschlechterparität will. Das heißt, die Kommission soll aus ebenso vielen Frauen wie Männern bestehen.
Allerdings hat die 54-jährige Tschechin bis dahin noch einige Hürden vor sich. Diese zählte sie am Dienstagmorgen in einem Interview für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks auf:
„Ich muss erst noch von der Regierung offiziell nominiert werden. Falls sich das Kabinett dazu entschließt, wird das Mitte August sein. Zudem werde ich vom Europaausschuss im tschechischen Abgeordnetenhaus angehört. Dann sollte sich auch Ursula von der Leyen mit mir treffen, bisher hatte ich nicht die Ehre. Und nicht zuletzt kommt das berüchtigte Grillen durch die Abgeordneten des Europaparlaments. Das dürfte in der zweiten Septemberhälfte stattfinden.“Das Prozedere könnte aber zu einer Zitterpartie werden für Jourová, obwohl sie ihr zweites Mandat angeht. Denn ebenfalls noch unklar ist, welches Ressort sie in den kommenden fünf Jahren betreuen könnte. Ihr bisheriges wird es jedenfalls nicht sein, denn die Kommissare dürfen nicht länger als eine Amtszeit ein Portfolio innehaben. Premier Babiš hat von der Leyen am Montag bereits über die tschechischen Prioritäten informiert. Diese liegen in den Bereichen Digitales und Binnenmarkt.
„Beim Binnenmarkt ist unser Argument, dass Tschechien eine stark exportorientierte Wirtschaft hat. Wir führen 85 Prozent unserer Produkte aus. Der gemeinsame Wirtschaftsraum ist dabei für uns sehr wichtig. Aber weiter bestehen einige Hürden auf dem Markt der EU, an die auch unsere Firmen, Spediteure und Unternehmer stoßen. In der digitalen Wirtschaft sehen wir wiederum großes Potenzial. Von der Leyen und ich haben uns zudem über Cybersicherheit unterhalten“, so Andrej Babiš.Politische Beobachter halten jedoch gerade eine Funktion im Bereich Binnenmarkt für unrealistisch. Dabei geht es nicht um Jourovás Fähigkeiten, sondern um den möglichen Interessenskonflikt, in dem der tschechische Premier wegen seiner unternehmerischen Vergangenheit steht. Schließlich gehört die EU-Kommissarin Babišs Partei Ano an. Kommentator Petr Dudek vom Tschechischen Rundfunk sieht daher große Probleme für die Prager Wünsche eines starken wirtschaftlichen Ressorts:
„Über die Besetzung der Posten entscheiden ja nicht nur die Kommissionspräsidentin und die Mitgliedsstaaten, sondern auch die Europaabgeordneten. Und in Straßburg sind bereits kritische Ansichten laut geworden. Demnach soll ein Kommissionsmitglied, das Babiš nahesteht, nicht über die Verteilung von EU-Subventionen entscheiden dürfen – eben gerade wegen der schwerwiegenden Vorwürfe eines Interessenskonfliktes.“Věra Jourová selbst sagte am Dienstag, sie könne sich am besten den Bereich Digitalisierung vorstellen. Damit habe sie bereits beim Verbraucherschutz intensiv zu tun gehabt. Zudem kenne sie sich aus früheren Zeiten im Ministerium für Regionalentwicklung besonders aus mit Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur.