Bläst Babiš zum Kulturkampf?
Andrej Babiš baut an einer Regierung. Den Kommunisten kommt er bei den Kirchen entgegen.
Mit diesen Worten hatte der damalige bürgerdemokratische Premier Petr Nečas die letzte Etappe der Entschädigungen für die Kirchen eingeläutet. 59 Milliarden Kronen (2,3 Milliarden Euro) soll der Staat demnach noch zahlen – für materielle Kirchengüter, die 1948 von den Kommunisten enteignet wurden, aber aus verschiedenen Gründen nicht mehr zurückgegeben werden konnten. Seitdem ist die Summe ein Art Schwelbrand in der tschechischen Politik, vor allem Teile der Sozialdemokraten und die Kommunisten wollen sich nicht mit den Zahlungen abfinden.
Jetzt hat der frischgebackene Wahlsieger Andrej Babiš von der liberal-populistischen Partei Ano das Thema zum Gegenstand der Regierungsbildung gemacht. Gegenüber dem Tschechischen Fernsehen sagte er:
„Die Kirchenrestitutionen sind um 54 Milliarden Kronen zu teuer geworden. Beschlossen wurden sie damals bereits viel zu spät, und das mit zahlreichen Ungereimtheiten. Unter anderem haben Leute wie der Abgeordnete Pekárek von den Bürgerdemokraten dafür gestimmt, er war damals nicht rechtskräftig wegen Korruption verurteilt worden. Die Schätzungen für den Wert von Wälder und Grundstücken waren übertrieben, das weiß auch jeder. An sich habe ich ja nichts gegen die Restitution, es geht mir aber um die Art der Umsetzung.“Fällig wäre laut Babiš der allgemeingültige Einkommenssteuersatz von 19 Prozent. Etwa 600 Millionen Kronen (23,4 Millionen Euro) würden so jährlich in die Staatskasse fließen, bis die Restitutionen abgezahlt wären.
Der Ano-Parteichef geht damit auf eine Bedingung der Kommunisten ein. Im Gegenzug für die Besteuerung der letzten Zahlungen würden diese eine Minderheitsregierung mit Babiš als Premier tolerieren. Unterstützt wird die Besteuerung der Kirchenentschädigungen zudem von der rechtsradikalen SPD.
Im Grunde ist Babišs Idee nicht neu, er forderte dies gemeinsam mit den Sozialdemokraten bereits in der vergangenen Legislaturperiode. Geopfert wurde das Vorhaben jedoch für den Koalitionsfrieden, denn die mitregierenden Christdemokraten ließen in der Frage nicht mit sich verhandeln.
Zusammengerechnet, also mit materiellen und finanziellen Entschädigungen, werden die Kirchen voraussichtlich über 140 Milliarden Kronen (5,5 Milliarden Euro) erhalten. Zu den Besteuerungsplänen wollten sie sich jedoch nicht äußern. Die katholischen Bistümer, die mit 47 Milliarden Kronen (1,8 Milliarden Euro) den Löwenanteil an den nachträglichen Entschädigungen bekommen würden, ließen nur ein knappes Statement ab: Die Restitution sei ein abgeschlossenes Kapitel, um des Friedens willen wolle man nicht in diesen Streit einsteigen. Umso mehr schäumen die konservativen Parteien, allen voran die Bürgerdemokraten und die Top 09. Miroslav Kalousek ist Chef der Top 09:„Die Besteuerung der Entschädigungen ist absurd. Wenn einem etwas gestohlen wurde, und die Kommunisten haben den Kirchen etwas gestohlen, dann ist die Kompensation dafür kein Einkommen. Die Zahlungen können also nicht besteuert werden.“
Präsident Zeman kündigte indes an, kein Veto gegen eine mögliche Besteuerung einlegen zu wollen. Zudem appellierte er an die Vernunft der Kirchen, sie sollten sich ein Beispiel an einer kleinen Reformkirche nehmen:„Ich will höflich darauf hinweisen, dass eine Kirche die Restitution abgelehnt hat. Das waren die Baptisten, wenn ich mich recht entsinne. Vielleicht können sich die übrigen Konfessionen von den Baptisten in gewisser Weise inspirieren lassen.“
Doch die Besteuerung der Kompensationen käme auf jeden Fall in der Bevölkerung gut an. In einer letzten Umfrage zu dem Thema aus dem Jahr 2014 sprachen sich drei Viertel der Tschechen gegen weitere Entschädigungen für Religionsgemeinschaften aus. Immerhin bekennen sich nur rund 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung zu einer der Kirchen hierzulande, Mitglied in der katholischen Kirche sind nur rund zehn Prozent der Tschechen.
Die Besteuerung der Entschädigungen ist jedoch nicht die einzige Änderung, die Babis in Bezug auf die Religionsgemeinschaften vorhat. Medienberichten zufolge will der Ex-Finanzminister die Zuständigkeit für Kirchen in Zukunft dem Finanzressort übertragen. Bisher kümmert sich das Kulturressort darum.