Trotz Skandale beliebt: Andrej Babiš

Andrej Babiš (Foto: ČTK)

Die Partei Ano und ihr Leiter.

Andrej Babiš  (Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Gebt uns die Möglichkeit, das bestehende klientelistisch-korrumpierte System der traditionellen Parteien zu besiegen! Wir zeigen Euch, dass wir imstande sind, die Regierung wie sorgfältige Verwalter zu leiten. Wir werden gegen die Korruption kämpfen, transparent sein, die illegale Einwanderung stoppen und für unsere Interessen in Europa kämpfen.“

Mit diesen Versprechen hatte sich Ano-Partei-Chef Andrej Babiš im Wahlkampf an die tschechischen Bürger gewandt. Seine politische Plattform Ano 2011 wurde vor sechs Jahren gegründet. Das Wort Ano gilt als Abkürzung für Akce Nespokojených Občanů, also: Aktion unzufriedener Bürger. Und unzufriedene Bürger hat der Milliardär slowakischer Herkunft auch diesmal angesprochen. Er bezeichnet Ano als eine gegen das System gerichtete politische Protestbewegung.

Jaroslav Kmenta  (Foto: Luboš Vedral,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Worauf geht der Erfolg von Andrej Babiš zurück? Der Journalist Jaroslav Kmenta:

„Die Menschen, die sich für die Politik interessieren und alle vier Jahre zur Wahl gehen, brauchen jemanden, auf den sie sich stützen können. In Babiš sahen sie nach all den politischen Skandalen auf einmal eine starke Figur.“

Petr Nováček ist Kommentator des Tschechischen Rundfunks. Er nennt ähnliche Gründe:

„Babiš ist mit einem neuen beziehungsweise scheinbar neuen Angebot gekommen. Dies hat sich unterschieden von dem Angebot der etablierten Parteien, die die Wähler in vieler Hinsicht enttäuscht haben.“

Babiš ist 63 Jahre alt und der zweitreichste Mann Tschechiens. Nach einem Abschluss als Wirtschaftsingenieur war er für tschechoslowakische Firmen im Ausland tätig. Ab Anfang der 1990er Jahren baute er den agrochemischen Konzern Agrofert auf.

Foto: Filip Jandourek,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Außerdem erwarb er das stärkste Medienhaus in Tschechien, das unter anderem zwei Tageszeitungen herausgibt. Um nicht gegen das neue Gesetz über den Interessenskonflikts zu verstoßen, überführte Babiš im Februar dieses Jahres die Aktien seiner größten Firmen an einen Treuhandfonds. Dieser wird unter anderem von seiner Frau geleitet.

Das Feld der Politik öffnete sich für den Unternehmer nach der Parlamentswahl 2013. Mit knapp 19 Prozent Stimmen wurde seine Protestpartei zweitstärkste Kraft. Babiš führte Ano in die Regierung und wurde selbst Vizepremier und Finanzminister. Seine Partei gilt von Anfang an als die eines Mannes – seiner selbst. Petr Nováček dazu:

„Ohne Andrej Babiš hätte es keine Ano-Partei gegeben oder sie hätte nur winzigen Einfluss. Man kann sagen, dass Andrej Babiš wie ein Phönix aus der Asche kam und zu einem Phänomen in der tschechischen Politik geworden ist. Dieses Phänomen Babiš ist so stark, dass ein Teil der Wähler, die die Ano-Bewegung unterstützt haben, nicht einmal ein Problem damit hat, dass Andrej Babiš strafrechtlich verfolgt wird. So etwas ist bei einem Menschen, der eventuell zum Regierungsvorsitzenden ernannt werden könnte, recht ungewöhnlich.“

Foto: Tschechisches Fernsehen
Die Polizei beschuldigt Babiš, bei EU-Subventionen betrogen zu haben. Es geht um umgerechnet knapp zwei Millionen Euro. Jaroslav Kmenta nennt weitere Vorwürfe gegen den Politiker:

„Er hat eine unklare Vergangenheit hinsichtlich der Zusammenarbeit mit der kommunistischen Staatssicherheit. Seine unternehmerischen Aktivitäten sind ziemlich undurchsichtig. Über 200 Firmen stehen unter seinem Einfluss. Und er ist der größte Empfänger von EU-Fördermitteln hierzulande.“

Zudem tauchten im Frühjahr die Aufnahmen eines Gesprächs auf, in dem Babiš mit einem Journalisten erörtert, wie sich im Wahlkampf die politischen Gegner kompromittieren ließen. Wegen fragwürdiger Steuerpraktiken wurde Babiš im Mai als Finanzminister entlassen. All diese Skandale haben ihm aber in der Wählergunst nur wenig geschadet. Ein gewisser Teil der Bürger glaubt ihm und seinem Programm. Eben dieses Programm gilt dabei als sehr vage. Jaroslav Kmenta:

Andrej Babiš  (Foto: ČT24)
„Babiš sammelt Wählerstimmen mit jedem möglichen Thema. Diese Themen haben auch die anderen Parteien in ihren Programmen, seien es die Flüchtlingskrise oder die Ablehnung des Euro. Die Ano-Partei fasst alle diese Themen zusammen. Doch den Wählern geht es nicht um das Programm, sondern um den Milliardär, der es schaffen soll, die Dinge hierzulande zu ändern.“

Und das verspricht eben Babiš. Jetzt oder nie, hieß sein Wahlkampfmotto, mit dem er sich an die tschechischen Bürger gewandt hat.