Ausstellung in der Böhmerwaldkirche erinnert an Opfer des Todesmarsches

Foto: Martina Schneibergová

Eine neue Dauerausstellung in der Böhmerwaldstadt Hartmanice erinnert an die Opfer des Todesmarsches, bei dem am Ende des Zweiten Weltkriegs Hunderte von jüdischen Frauen starben. Der Todesmarsch hat am 13. April 1945 im KZ-Außenlager Helmbrechts begonnen. 1200 Frauen und Mädchen wurden dabei auf einen 300 Kilometer langen Weg getrieben, der im südlichen Böhmerwald endete. Nur wenige der KZ-Gefangenen überlebten den Todesmarsch. Die Ausstellung wurde vor kurzem im Vestibül der St.-Katharina-Kirche in Hartmanice eröffnet.

Foto: Martina Schneibergová
Über dem Eingang der Kirche hängt eine Dornenkrone. Auch sie ist Bestandteil der neuen Ausstellung. Auf zwölf Schautafeln mit Schwarz-Weiß-Fotos aus dem Böhmerwald wird die Geschichte des Todesmarsches aus Helmbrechts nach Volary / Wallern erzählt. Der Begleittext besteht aus Erinnerungen von Zeitzeugen. Ergänzt wird er durch Zitate aus der Bibel.

An der Eröffnung der Ausstellung nahmen viele Bewohner von Hartmanice und Umgebung teil. Einige von ihnen lasen bei der Vernissage Ausschnitte aus den Erinnerungen der Frauen vor, die den Todesmarsch überlebten. Die Schau ist als Kreuzweg gestaltet, der jedoch nicht die üblichen vierzehn, sondern nur zwölf Stationen hat. Alena Bernardová hat die Ausstellung zusammengestellt:

„Die Ausstellung besteht aus zwölf Tafeln, weil hier in Hartmanicc während des Todesmarsches zwölf Frauen starben. Sie wurden hier bestattet. Zudem symbolisieren sie für uns zwölf Apostel.“

Hagebutten und Veronikas Tuch als Symbol

Foto: Martina Schneibergová
Die Fotografien sind von Jitka Marková. Die Organisatorin Alena Bernardová sagt, zuerst habe sie die Texte gelesen und dann die passenden Fotos ausgesucht.

„Für den Mittelpunkt der ganzen Ausstellung halte ich das sechste Bild, das der sechsten Station des Kreuzwegs entspricht. Veronika reicht dort Jesus ihr Tuch. Viele von uns warten immer auf große Taten. Aber ich bin davon überzeugt, dass jeder von uns auch wegen einer kleinen Tat auf der Welt ist. Als Veronika das Tuch Christus reichte, riskierte sie dabei ihr Leben. Sie hätte von den römischen Soldaten dafür getötet werden können. Aber die gereichte Hand, die kleine Berührung finde ich wichtig. Die sechste Schautafel zeigt das einzige Farbfoto der Ausstellung. Auf dem Foto sind strahlend rote Hagebutten zu sehen. Rot war die Farbe der Märtyrer, aber es ist auch die Farbe der Hoffnung. Die Erinnerung an die jüdischen Mädchen und Frauen und die Tatsache, dass die hiesigen Bewohner diese Erinnerung aufrechterhalten, stellt für mich eine Hoffnung für die Zukunft dar, dass wir immer noch Menschen geblieben sind.“

Alena Bernardová  (Foto: Martina Schneibergová)
Vor einigen Jahren stellte Alena Bernardová ein Programm mit einer Lesung der Zeitzeugen-Erinnerungen zusammen. Dadurch inspiriert, initiierte sie mit ihrem Sohn Stanislav die Dauerausstellung für Hartmanice. Die Geschichte des Projektes sei aber bedeutend länger, sagte Alena Bernardová:

„Als mein Sohn noch ein Kind war, hat er einen Fernsehfilm über Auschwitz gesehen. Das hat ihn tief berührt. Es sind Jahre vergangen und er begegnete Frau Vera Meisels, die Theresienstadt überlebt hat. Er sagte damals, man dürfe nie vergessen, was passiert sei. Dann haben wir einen Dokumentarfilm über das Schicksal der Juden im Böhmerwald von Zdeněk Flídr gesehen. Im Film wurde auch der Todesmarsch beschrieben. Da haben wir uns entschieden, mit einer Veranstaltung an die Opfer des Todesmarsches zu erinnern. Wir lieben den Böhmerwald, da haben wir einige der Böhmerwaldfotos in Verbindung mit dem Leidensweg der jüdischen Frauen gesetzt. So ist die Idee für die Ausstellung entstanden.“

Todesmarsch führte an ihrem Wohnort vorbei

Foto: Martina Schneibergová
Stanislav Bernard verfasste die Texte für die Ausstellung. Er hält es für wichtig, dass die Bewohner des Böhmerwaldes mehr über den Todesmarsch erfahren.

„Es ist überraschend, dass sich auch viele ältere Menschen dessen nicht bewusst sind, dass der Todesmarsch nahe an ihrem Wohnort vorbeiführte. Ich habe gemerkt, dass die Zuschauer bei der Lesung erstaunt waren.“

An der Eröffnung der Ausstellung nahm auch der Pfarrer von Hartmanice, Tomas van Zavrel, teil. Er begrüßte die Initiative von Alena Bernardová, die von vielen Freiwilligen und der Stadt Hartmanice unterstützt wurde.

„Die Idee, an den Todesmarsch zu erinnern, entstand vor drei Jahren. Damals war es noch nicht klar, dass wir am Ende eine Ausstellung eröffnen. Wir versuchen hier im Böhmerwald, die Kirchen möglichst viel für die Öffentlichkeit zu öffnen. In Bayern sind die Kirchen oft auf, aber im Böhmerwald ist dem nicht so. Mit Freiwilligen bemühen wir uns, vor allem im Sommer die Kirchen zu öffnen und dabei auch etwas zu veranstalten, was die Besucher anspricht. In Maurenzen ist es uns gelungen, eine kleine Ausstellung zur Geschichte des Ortes zu installieren. Hier in Hartmanice gab es einen freien Vorraum in der Kirche. Da wir zuvor einige Lesungen zum Thema Todesmarsch gestalteten, haben wir gedacht, dass es schön wäre, die Geschichte auch mit einer Ausstellung zu dokumentieren, damit mehr Leute etwas darüber erfahren. Den Zusammenhang mit dem Kreuzweg Christi stellt das Leiden der Mädchen und Frauen dar, die unschuldig waren und dabei so grausam behandelt wurden. Es ist wichtig, die Geschichte zu erzählen, damit sie sich nicht wiederholt. Wir hoffen, dass Leute, die sich die Ausstellung anschauen, dies mitnehmen. Möglicherweise ändern sie dann etwas in ihrem Leben.“

Die Ausstellung in der St.-Katharina-Kirche in Hartmanice ist im Sommer geöffnet. Außerhalb der Touristensaison können sich Interessenten an das Infozentrum der Stadt wenden, um die Ausstellung zu besichtigen.

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