Die größte Leidenschaft als Beruf – Münzdesigner Vladimír Oppl
Am vergangenen Samstag wurde in Tschechien der 700. Geburtstag von Karl IV. gefeiert. Dem böhmischen König und römisch-deutschen Kaiser zu Ehren ist aber auch eine Gedenkmedaille in Silber erschienen. Sie wurde im Auftrag der tschechischen Münzhandelsgesellschaft „Národní pokladnice“ gefertigt, und zwar im norwegischen Oslo. Auf 700 Stück ist die Münze mit dem Porträt Karls IV. limitiert. Gestaltet wurde das Gedenkstück vom renommierten tschechischen Münzdesigner Vladimír Oppl, er hat auch in Oslo die Echtheitszertifikate mit seiner Unterschrift versehen. Im Folgenden mehr zum Künstler, seinem Leben und seiner Arbeit.
„Als ich eine Familie gründete, musste ich auf dieses Hobby verzichten. Als echter Sammler wollte ich jede neue Münze haben und mit ihr immer auch den ganzen Jahrgang. Das war aber sehr kostspielig. Als Schüler hatte ich mich auch für alte Radioapparate, Chemie, Glas oder Keramik interessiert. Vor dem Abschluss der Grundschule in der neunten Klasse hatte ich nicht gewusst, in welche Richtung ich weiter gehen soll. Meine Entscheidung fiel letztlich auf die Fachschule für Keramik im südböhmischen Bechyně.“
Die Schule hat eine Tradition, die bis ins Jahr 1884 zurückreicht. Dort konnte Oppl im Unterricht einige seiner Interessen ausleben. Zum Beispiel im Zeichnen oder in der Farbenchemie. Auch nach dem Abitur war er vor allem begeistert von Bildender Kunst. Doch an der Kunsthochschule, so Oppl, hätte man ihm nichts Neues mehr beibringen können. Deswegen entschied er sich für die Bildhauerei an der Prager Hochschule für Kunstgewerbe. Nach dem Abschluss arbeitete er dort zehn Jahre lang als Pädagoge und betätigte sich auch als Bildhauer. Damals entstand zum Beispiel seine Mega-Plastik des Granitlöwen für das Nationaldenkmal auf dem Prager Vítkov-Hügel.
„Es kam die Zeit, als ich mich zu fragen begann, warum ich mich mit vielen verschiedenen Kunsttechniken beschäftigen soll, wenn ich mich nur auf eine konzentrieren könnte.“
1989 kam die politische Wende in der Tschechoslowakei. Und zu einer Wende kam es auch in Oppls Leben. Er sattelte auf freiberufliche Tätigkeit um.
„Es kam die Zeit, als ich mich zu fragen begann, warum ich mich mit vielen verschiedenen Kunsttechniken beschäftigen soll, wenn ich mich nur auf eine konzentrieren könnte. Meine Wahl fiel auf das Entwerfen von Münzmodellen, die gebraucht werden, um das Endprodukt herzustellen. Ich wollte meinen Ideen eine Gestalt in Gips verleihen. Damals eröffnete sich für mich die Möglichkeit, für die Münzstätte im nordböhmischen Jablonec zu arbeiten.“
Die Prägeanstalt wurde 1993 nach dem Zerfall der Tschechoslowakei gegründet, um Münzgeld für die neu entstandene Tschechische Republik zu fertigen. Oppl entwarf die 10-Heller- und 20-Kronenmünze, letztere wird noch immer verwendet. Mittlerweile arbeitet er für unterschiedliche weitere Aufraggeber, darunter auch private. Dazu gehören eine ganze Menge von erfolgreichen Sammlermünzen und Gedenkmedaillen. Seine Motive sucht er fast ausschließlich in der Geschichte.„Ich muss gestehen: Das Unterrichtsfach ‚Geschichte‘ hat mir an der Grundschule keinen Spaß gemacht. Zwar konnte ich mir viele Jahreszahlen einprägen. Doch erst wenn man älter ist, kann man auch die Zusammenhänge verstehen – und dann erst kommt das Interesse für die Geschichte. Ich bewundere antike Münzen. In der Antike wurden meiner Meinung nach die schönsten Münzportraits geprägt, die ich kenne. In der Zeit, als diese Münzen hergestellt wurden, liefen in unseren geografischen Breiten noch Wölfe umher. Seinerzeit prägten zwar auf unserem Boden die Kelten ihre Münzen, doch der Unterschied zwischen ihrem Geld und dem in der antiken Kulturwelt war immens. Im Mittelalter wurden dann in Böhmen zunächst eine Zeitlang die Münzen anderer Länder kopiert.“
Oppl bildet gerne herausragende Persönlichkeiten der tschechischen Geschichte ab – nicht selten auch Karl IV. und die Symbole seiner Herrschaft. Dazu habe er allerdings zuvor „meterweise“ Bücher lesen müssen:„Ich bin, wie gesagt, in Geschichte nicht besonders bewandert. Ich mache mich generell aber erst dann ans Werk, wenn ich genügend über das jeweilige Thema weiß. Daher habe ich mir eine Menge von Büchern angeschafft, um ein passendes Motiv zu Karl IV. zu finden und in der Folge eine Komposition zu erstellen. Wenn man viel gelesen hat, arbeitet das Vorstellungsvermögen auf Hochtouren. Dann ist es kein Problem, einen Entwurf anzufertigen. Bei mir funktioniert es irgendwie automatisch. Nur die Zeit fehlt immer. Ich bräuchte noch mindestens zwei weitere Leben, um alles zu schaffen, was ich möchte. Was Karl IV. selbst betrifft, ist es kaum zu fassen, was der Mann alles erreicht hat. Gedenkmedaillen mit Motiven zu Karl IV. ließen sich am laufenden Band herstellen.“
„Ich bräuchte noch mindestens zwei weitere Leben, um alles zu schaffen, was ich möchte. Was Karl IV. selbst betrifft, ist es kaum zu fassen, was der Mann alles erreicht hat. Gedenkmedaillen mit Motiven zu Karl ließen sich am laufenden Band herstellen.“
Wie viele Medaillen er selbst gefertigt hat, das kann Oppl „aus dem Stehgreif“ nicht sagen. Fest steht jedenfalls, dass die Zahl mindestens in die Hunderte geht. Darunter sind auch Münzen, die bei wichtigen Wettbewerben prämiert wurden. Zu den erfolgreichsten gehört die Gedenkmedaille zum 650. Gründungstag der Prager Neustadt durch Karl IV. Sie wurde 1999 im traditionsreichen Wettbewerb der US-amerikanischen Fachzeitschrift für Numismatik, „World Coin News“ und dem Verlag „Krause Publications“ als die schönste Goldmünze des Jahres gekürt. Die gesamte Auflage von 5300 Stück ist längst vergriffen.
Eine andere Gedenkmedaille Vladimír Oppls weist zum Beispiel auf Karls Krönung zum Kaiser am 5. April 1355 in Rom. Was war in diesem Fall relevant für die Wahl des Motivs?
„Selbstverständlich sind es die Symbole des Heiligen Römischen Reiches gewesen. Der zweiköpfige Reichsadler zum Beispiel. Natürlich auch Karl IV. höchstpersönlich. Ich suche generell nach Grundmotiven, die auf der Münze oder Medaille nach meiner Auffassung abgebildet sein sollten. Dann versuche ich, sie in einer interessanten Komposition miteinander zu verknüpfen. Wenn das Ergebnis meiner Vorstellung entspricht, kommt die Fertigung des Gipsmodells an die Reihe. Dabei geht es mir auch um eine richtige Gestaltung aus bildhauerischer Sicht.“
Inspiration für die filigrane Arbeit sucht Vladimír Oppl auch in ungewöhnlichen Bereichen. Zum Beispiel in Stickereien auf mittelalterlichen Stoffen königlicher Gewänder. Schließlich geht es bei dieser Arbeit um mehr als reines Handwerk, auch wenn dabei die Kunstfertigkeit gefragt ist – und das sowohl bei den klein-, als auch den großformatigen Medaillen. Zu letzteren gehören auch die Gedenkprägungen in Gold, die sogenannten Investitionsmedaillen, die ein Kilogramm schwer sind.Die Größe sowie das Thema der Gedenkmünzen und Medaillen werden Oppl zufolge nach Wunsch des jeweiligen Auftraggebers gefertigt. Die klassischen Entwürfe für die Tschechische Nationalbank haben einen Durchmesser von bis zu 20 Zentimetern. Bei anderen Auftraggebern können es sogar auch 24 Zentimeter sein. Für die „Národní pokladnice“ entsteht in Oppls „Werkstatt“ in einer Plattenbauwohnung in Prag auch eine Medaillenserie mit Karl IV.:
„Ich habe insgesamt 60 Entwürfe für diese Serie ausgearbeitet, davon sind rund 45 bisher umgesetzt worden. Genau weiß ich es nicht. Es geht relativ schnell. In einem Jahr schaffe ich bestimmt um die zehn Stück.“
Für seine Arbeit brauche er nicht viel. Einen Tisch, einen Stuhl, die Fachliteratur und selbstverständlich auch viel Sitzfleisch. Es bleibe ihm nichts anderes übrig - wenn´s nötig sei, säße er auch vier oder sechs Stunden am Stück.
Vladimír Oppl hat aber noch viele Wünsche, die er sich in Zukunft erfüllen möchte. Überraschenderweise haben sie nichts mit Münzen zu tun:„Wichtig ist, gesund zu bleiben. Ich möchte mich noch der Malerei widmen. Schon seit einer Ewigkeit ritze ich nur im Gips, und der ist weiß. Deswegen möchte ich malen: Portraits, Stillleben, Landschaften, kurz gesagt alles Mögliche.“
Und Oppl will bestimmt auch weiter alles Mögliche fotografieren. Am liebsten im Böhmerwald, wo er gerne in seinem Landhaus untertaucht. Auf die Frage, ob er bereit wäre, das Metier des Medaillendesigners an den Nagel zu hängen, sagt er kurz und bündig: „Warum nicht?!“