Münzen in Böhmen: Von den keltischen Regenbogenschüsselchen zu den Dukaten Karls IV.
Im 14. Jahrhundert waren die böhmischen Länder das erste Staatsgebilde nördlich der Alpen, das eine eigene Goldwährung hatte. Seit Böhmens König Johann von Luxemburg solche Münzen prägen ließ, sind 691 Jahre vergangen. Doch die Gold- und Silber-Münzenprägung hierzulande ist sehr viel älter. Ein Exkurs in die Geschichte der Münzen durch mehrere Jahrhunderte.
Großmährisches Reich betreibt Geschäfte ohne eigene Währung
In der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts entstand ein neues Staatsgebilde im östlichen Teil Tschechiens – das sogenannte Großmährische Reich. Seine Fürsten begannen die Christianisierung der Gegend, und sie dehnten die Grenzen des Reichs aus bis an die Obere Weichsel bei Krakau. Archäologische Funde zeugen von einem regen Handelsverkehr mit den umliegenden Gegenden. Umso mehr verwundert, dass die Geschäfte nicht mit eigenen Münzen getätigt wurden. Zdeněk Petráň zufolge liegen die Gründe auf der Hand:„In Großmähren waren byzantinische Münzen bekannt, davon zeugen die archäologischen Funde aus den ehemaligen Zentren des Reichs. Wissenschaftler glauben, dass sie möglicherweise die Funktion von wertvollen Geschenken hatten. Gewiss wurde Tauschhandel betrieben. Größere Geschäfte wurden oft mit ungemünztem Edelmetall beglichen. Das Land lag abseits der wichtigsten Handelswege. Technisch gesehen war das Großmährische Reich durchaus in der Lage gewesen, Münzen zu prägen. Das lässt sich durch die hohe Kunstfertigkeit der Schmuckherstellung dort belegen.“
Erst im 10. Jahrhundert begann eine eigenständige Münztradition in Böhmen. Der böhmische Fürst Boleslav I. ließ irgendwann um das Jahr 966 die erste landeseigene Silbermünze, den Denar prägen. Er reagierte damit auf die veränderte Lage in Mitteleuropa: Eine wichtige Handelsroute führte nun durch Böhmen.„Dies hing mit der Expansion der Ungarn zusammen. Nachdem sie die Donauebene erreicht hatten, wo bis dahin die bedeutende Handelsroute von Osten nach Spanien führte, mussten die Geschäfte über neue Wege getätigt werden. Einer der Handelswege führte dann auch über Prag. Nun konnte man nicht mehr auf Münzen verzichten. Boleslav I. entschied sich, dafür Inspirationen aus dem Ausland zu holen. Der böhmische Denar kopierte in seiner Bildgestaltung die bayerischen Silbermünzen.“
Prager Groschen – europaweit bei Geschäftsleuten gefragt
Besonders der sogenannte Prager Groschen entpuppte sich als ein wahres Kleinod, so der renommierte Numismatiker:„Die ersten Prager Groschen ließ König Wenzel II. im Jahr 1300 prägen. Zu der Zeit verfügte das Königreich Böhmen über große Silbervorräte, die im mittelböhmischen Kutná Hora erschlossen wurden. Auf Einladung des Königs kamen damals Finanzexperten aus Italien, die mit einer Reihe von neuen Regelungen die hiesige Wirtschaft auf die Beine brachten. Hierzu gehörte auch der Prager Groschen, dessen überragende Qualität manche andere europäische Währung weit übertraf. In den umliegenden Ländern waren Münzen von inflationärem Wert und mit deutlich verringertem Edelmetallgehalt im Umlauf. Der Prager Groschen war europaweit bei Geschäftsleuten gefragt.“
In den 250 Jahren der Prägungsgeschichte entstanden etwa eine halbe Milliarde solche Groschen.Eines der entscheidenden Jahre im Münzrecht der Böhmischen Länder war 1325. Man kopierte diesmal Florenz, wo seit 1252 Goldstücke namens „fiorino d´oro“, bekannt als Florentiner Gulden, geprägt wurden. In Anlehnung an die französische Namensvariante „florin“ wurde diese erste böhmische Goldmünze dann „floren“ genannt. Anfangs handelte es sich um eine treue Kopie der italienischen Vorlage. Das böhmische Pendant ließ sich nur anhand der Inschrift mit dem Namen des böhmischen Königs Johann von Luxemburg unterscheiden.
„Böhmen war das erste Land nördlich der Alpen, in dem landeseigene Goldmünzen geschlagen wurden. Allerdings kam es in demselben Jahr oder ein Jahr später auch in Ungarn dazu. Böhmens Goldmünze durfte allerdings sozusagen nicht aus der Reihe fallen. Sie musste kompatibel sein mit dem damaligen Geldsystem in Europa. Der Unterschied lag nur im Design, sie musste aber ein entsprechendes Gewicht beziehungsweise hohes Feingehalt haben. Es handelte sich um sogenannte vollwertige Münzen. Ihr Nominalwert entsprach dem wahren Wert des in jeder Münze enthaltenen Edelmetalls.“
Und was war im Fall Johanns von Luxemburg der Impuls, die Goldwährung einzuführen?„Der wahre Grund ist nicht bekannt. Meiner Meinung nach spielte der König persönlich keine bedeutende Rolle in dieser Angelegenheit. Wie bekannt, hielt er sich überwiegend im Ausland auf, wo er an verschiedenen Kriegen teilnahm. Dafür brauchte er aber viel Geld. Hierzulande arbeiteten für ihn Wirtschaftsberater. In der Prager Münzstätte hatten Italiener die hohen Ämter inne. Sie wussten, wie wichtig die Aufwertung der böhmischen Währung war. Dadurch sollte die Stellung der Münzen im internationalen Handel gestärkt werden.“
Der Dukaten – eine Inspiration aus Venedig
Die Prägung der Goldmünzen als eigenständiger Währung der Böhmischen Länder setzte auch Johanns Sohn, König und Kaiser Karl IV. fort. Unter ihm wurde das Münzbild wesentlich geändert.„Es ist das Brustportrait des gekrönten Karls IV., der den Zepter und den Apfel als äußere Zeichen der Herrschergewalt in den Händen hält. Bis 1355 ist er als König und danach als Kaiser abgebildet. Die Rückseite zeigt das böhmische Löwenwappen. Die neuen Münzen nannte man hierzulande ‚dukáty‘. Ihr Vorbild hatten sie in den erstmals 1284 in Venedig geprägten Goldmünzen namens ‚zeccini‘. Darauf kann man unter dem Abbild des vor Christus knienden Dogen von Venedig eine lateinische Inschrift lesen, die mit dem Wort ‚ducatus‘ endet. Gerade dort liegt der Ursprung des tschechischen Wortes ‚dukáty‘.“
Und bei weitem nicht nur das tschechische Wort ist daraus entstanden. Im Lauf der Zeit ging der Begriff „ducatus“ auf die Münze selbst über. Und mit ihrer massiven Verbreitung als internationales Zahlungsmittel drang der Name „Dukaten“ in viele Sprachen Europas vor.In den Böhmischen Ländern ging die Münzprägung mit Karl IV. selbstverständlich nicht zu Ende. Doch der König und Kaiser hat in diesem Bereich eine besondere Bedeutung. Er gilt als der erste urkundlich nachweisbare Münzsammler der tschechischen Geschichte.