Experten: Chinas Wirtschaft will Tschechien als Sprungbrett in Europa nutzen

Xi Jinping (Foto: ČTK)

Das wohl größte Augenmerk beim Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Prag galt dem Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern. Folgt man den Worten des tschechischen Staatsoberhaupts Miloš Zeman, dann wird es diesbezüglich jetzt richtig vorangehen. Analysten und Wirtschaftsexperten verweisen indes darauf, dass Tschechien für China vorerst nur als Testballon diene und als Sprungbrett für spätere Geschäfte in der EU.

Xi Jinping und Miloš Zeman  (Foto: ČTK)
Die Investitionen chinesischer Firmen in Tschechien erreichen in diesem Jahr 95 Milliarden Kronen (3,5 Milliarden Euro). Der tschechische Pkw-Hersteller Škoda Auto wiederum soll in den kommenden fünf Jahren 60 Milliarden Kronen (2,2 Milliarden Euro) in China investieren. Das gab Miloš Zeman am Dienstag nach seinem Treffen mit Xi Jinping bekannt. Und er wünsche, dass sein Land zum Tor für China in die EU werde, ergänzte Tschechiens Präsident. Die Analystin Alice Rezková hat daran jedoch einige Zweifel:

„Das Bild vom Tor ist so eine Art Köder. Wir bemühen uns zwar sehr, dieses Tor zu werden, doch ich weiß nicht, ob wir diesen Zug nicht bereits verpasst haben. Denn Ungarn ist bei den Investitionen aus China viel weiter als wir. Zudem steht Polen auf selber Höhe mit uns, dicht gefolgt von Bulgarien und Rumänien.“

Vladimír Dlouhý  (Foto: Jan Bartoněk,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
Laut Aussage des Präsidenten der tschechischen Handelskammer, Vladimír Dlouhý, haben die tschechisch-chinesischen Handelsbeziehungen in den zurückliegenden zwei Jahren einen kräftigen Schub erfahren. Dem hält die Analystin des Tschechischen Rundfunks, Jana Klímová, entgegen:

„Wenn wir auf die konkreten Zahlen schauen, dann sehen wir: Die chinesischen Investitionen stellen bisher bei uns nur 0,4 Prozent aller ausländischen Investitionen dar. Das ist wahrlich kein Anteil, der Einfluss auf unsere gesamte Wirtschaft haben könnte.“

Alice Rezková  (Foto: ČT24)
Für Alice Rezková ist jedoch klar, dass den Aktivitäten der chinesischen Wirtschaftskapitäne ein ganz bestimmtes Strickmuster zugrunde liegt:

„Die chinesischen Investitionen in Tschechien laufen bisher nach dem weltweit klassischen Szenario ab: Zunächst werden einige Testballons gestartet, und danach wählt die Mehrzahl der chinesischen Firmen einige Branchen aus, in die sie langfristig investiert. Und erst mittelfristig sind damit die Schaffung von Arbeitsplätzen und Investitionen in neue Technologien verknüpft.“

Auch der Chefökonom der Finanzgruppe Roklen, Lukáš Kovanda, sagt, man könne jetzt noch nicht wissen, wohin die Reise gehe:

Lukáš Kovanda  (Foto: ČT24)
„Bisher haben die Chinesen ihre Karten noch nicht aufgedeckt. Es ist nicht klar, ob sie nur die Rolle von Trophäensammlern einnehmen, die einen Fußballclub kaufen oder eine Brauerei, oder ob sie letztlich auch die Rolle von strategischen Investoren übernehmen werden. Das sind Investoren, die in der Tschechischen Republik langfristig das Tor nach Europa sehen und die daher auch am Ausbau der Infrastruktur teilhaben werden.“

Selbst wenn diese Fragen noch nicht beantwortet sind, glaubt Analystin Jana Klímová ziemlich genau zu wissen, weshalb die Chinesen für ihre wirtschaftlichen Aktivitäten in Europa besonders gern mit Tschechien zusammenarbeiten wollen:

Foto: seaskylab,  FreeDigitalPhotos.net
„Von Leuten, die China gut kennen oder mit chinesischen Unternehmern zusammenarbeiten, wird immer wieder gesagt, dass die Chinesen sehr sensibel darauf reagieren, wie positiv das Umfeld für sie in dem jeweiligen Land ist. Und das haben sie natürlich mit dem Entgegenkommen von Miloš Zeman, aber auch der Sozialdemokraten in Tschechien gefunden.“