Streit um Originalfarben: Kult-Regisseure kritisieren die Digitalisierung ihrer Filme

Foto: cooldesign, FreeDigitalPhotos.net

Regisseure wie Miloš Forman oder Jiří Menzel sind wohl das empfindlichste Publikum ihrer eigenen Filme. Vor vier Jahren stimmten sie zu, dass ihre Streifen restauriert werden, und zwar in digitalisierter Form. Nun beklagen sie sich über die Art und Weise, wie das tschechische Filmarchiv vorgeht. In einem Brief an Premier Sobotka verlangen sie die Abberufung des Leiters des Filmarchivs.

Die jüngeren Kinder haben noch kaum Vorstellungen. Einer wollte z. B. Verkäufer von Fleisch fressenden Pflanzen werden,  wie im Film ´Adele hat noch nicht zu Abend gegessen´.
„Adéla ještě nevečeřela“ („Adele hat noch nicht zu Abend gegessen“) ist eine Krimikomödie von 1977. Das Regiewerk von Oldřich Lipský ist heutzutage Kult in Tschechien. Mitte November wurde die digital restaurierte Version in Prag gezeigt. Doch anstatt Beifall kamen vom Verband tschechischer Kameraleute schwere Vorwürfe. Der Film sei nicht wiederzuerkennen, er wirke, als ob er nicht von einem, sondern von unterschiedlichen Kameraleuten gefilmt worden wäre.

Nun schlagen rund 20 Regisseure in dieselbe Kerbe, darunter absolute Größen ihres Fachs wie Miloš Forman, Jiří Menzel oder Ivan Passer. In einem offenen Brief appellieren sie an Premier Bohuslav Sobotka respektive Kulturminister Daniel Herman, den Leiter des tschechischen Filmarchivs abzuberufen. In dem Schreiben steht unter anderem:

Jiří Menzel  (Foto: Martin Špelda,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Das Filmarchiv unter der Leitung von Michal Bregant beschädigt die künstlerischen Filmwerke dadurch, dass es sie an tschechische und wohl auch an ausländische Kinos in primitiv digitalisierter Form weiterreicht, die für die Autoren der Werke unannehmbar ist.“

Oscar-Regisseur Jiří Menzel sagte gegenüber dem Tschechischen Fernsehen:

„Das Filmarchiv behauptet, dass die Digitalisierung komplett andere Leute durchführen müssen, das ist aber dümmlich. Sie wissen nicht, was man alles mit dem Negativ anstellen muss, damit die ursprüngliche Helligkeit und Farbigkeit erhalten bleibt.“

Michal Bregant | Foto: Ian Willoughby,  Radio Prague International
Das Archiv lässt in einem Filmlabor in Ungarn digitalisieren. Dort werden Schäden an den Originalbändern behoben und Verunreinigungen entfernt. Die Ungarn betrieben Billigarbeit, behaupten jedoch die Kritiker. Sie wollen, dass Methoden der Prager Musikhochschule AMU angewendet werden. Das Filmarchiv entgegnet, man gehe in Übereinstimmung mit europäischen Standards vor. Außerdem seien die restaurierten Streifen schon bei internationalen Festivals hoch gelobt worden. Und noch aus einem weiteren Grund weist der Filmarchiv-Chef die Vorwürfe zurück.

„Eine Sache ist, was der Autor sich gedacht hat, und eine andere, in welchem Zustand das Material war“, so Michal Bregant.

Kulturminister Daniel Herman (Christdemokraten) ist mittlerweile besorgt. Er möchte, dass sich beide Seiten schon demnächst an einen Tisch setzen – sie sollen eine sachliche Diskussion führen.

Autor: Till Janzer
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