Offline bleiben: Senatorin schlägt gesetzliches Recht auf IT-freies Leben vor
Im tschechischen Senat könnte demnächst das Recht auf ein Leben ohne Informationstechnologien diskutiert werden.
Diesen Vorschlag will die Senatorin Jitka Chalánková von der gemeinsamen Fraktion der Bürgerdemokraten und der Partei Top 09 machen. Darüber informierte sie in einem Seminar zum Thema, das in Zusammenarbeit mit der NGO Iuridicum Remedium im Senat veranstaltet wurde.
„Jeder hat das Recht, seine Rechte zu kennen und sie auf zugängliche und nichtzugängliche Weise auszuüben“, begründete Chalánková ihr Vorhaben. Ihrer Meinung nach darf ein Mensch nicht vom Staat gezwungen werden, soziale Netzwerke zu nutzen, nur weil es keine Alternative zur Informationsübermittlung gibt. Digitalisierung könne zwar die Verwaltung und die Kommunikation mit den Bürgern beschleunigen und rationalisieren, räumte die Senatorin ein. Es müsse aber darauf geachtet werden, dass jeder Mensch die Freiheit habe, mit dem Staat auf die ihm zugängliche Weise zu kommunizieren. „Ansonsten droht vielen Menschen die soziale Ausgrenzung“, so Chalánková.
Eine digitale Ausgrenzung ist nach Ansicht des Soziologen Petr Lupač von der Prager Karlsuniversität allerdings nicht nur ein Risiko für jene Menschen, die keine modernen Technologien nutzen. „Ein bedeutender Teil der jüngeren Generation trifft auf ähnliche Probleme wie Nicht-Nutzer, nämlich wenn sie digitale Technologien nur selten nutzen oder nicht gut damit umgehen können“, erläuterte Lupač bei dem Seminar. Er warnte aber auch vor der übermäßigen Nutzung sozialer Netzwerke. Und der Verfassungsrechtler Jan Kudrna verwies auf den Verlust persönlicher Kontakte durch die digitale Kommunikation von Ämtern mit den Bürgern.
Das Recht, offline zu leben und keine digitalen Spuren zu hinterlassen, wollen die Befürworter auf universeller Ebene verankert sehen. Einige EU-Staaten wie etwa Frankreich, Italien, Belgien oder Portugal haben bereits gesetzlich geregelt, dass ein Arbeitnehmer in seiner Freizeit nicht online sein muss. Dies habe zum Ziel, einen Burn-Out oder unbezahlte Überstunden zu vermeiden, hieß es beim Seminar. In Tschechien könnte künftig eine ähnliche Regelung im Arbeitsrecht verankert werden, so Jitka Chalánková.