Chefredakteur Krupička: „Radio Prag hat sich stabilisiert und wird bald 80“
Das Jahr 2016 ist nicht nur ein Schaltjahr, sondern es hält auch wieder mehrere große Highlights parat. Global gesehen sind da wohl zuerst die Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro zu nennen, auf europäischer Ebene vielleicht die Fußball-EM und im tschechisch-deutschen Raum sind dies sicher die Feierlichkeiten zum 700. Geburtstag des römisch-deutschen Kaisers und Königs von Böhmen, Karl IV. Und auch Radio Prag darf wieder feiern: Das 80-jährige Gründungsjubiläum des Senders. Über diese und weitere Themen hat die deutsche Redaktion mit Miroslav Krupička, dem Chefredakteur von Radio Prag, gesprochen.
„Das Jahr 2015 war insgesamt ein gutes Jahr, es war ein Jahr der Stabilisierung für den Sender. Das Budget von Radio Prag wurde leicht aufgestockt, von daher denke ich, dass es gelungen ist, die Arbeit gemäß unseres Sendeauftrags zu erfüllen. Von den Höhepunkten unserer publizistischen Tätigkeit im Jahr 2015 möchte ich nur zwei nennen. Da wäre zum einen der 600. Todestag des bedeutenden tschechischen Reformators und Predigers Jan Hus, auf den sich später oft auch der Kirchenreformator Martin Luther berief. Dieses Jubiläum war ein großes Ereignis, über das wir wiederholt und aus mehreren Blickwinkeln heraus berichtet haben. Ein weiteres großes Thema, das die Sendungen von Radio Prag besonders im Frühjahr und Sommer durchdrungen hat, war der 70. Jahrestag seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Wenn ich also auf das vergangene Jahr zurückblicke, würde ich kurz zusammengefasst sagen: Im Kontext der letzten fünf bis sieben Jahre war es war ein wirklich gutes Jahr. Denn wir haben uns aus der Talsohle emporgeschwungen und unseren Sendebetrieb besser und mit mehr Komfort durchführen können.“
Krupička: „Ich würde dem Jahr 2015 gewiss die Bestnote eins geben, denn meiner Meinung nach hat Radio Prag insgesamt sehr gut funktioniert. Unsere Webseiten sind gut besucht, und nahezu alles, was wir uns in etwa vorgenommen hatten, haben wir dann auch erfüllt.“
Welche Schulnote – von 1 bis 5 – würden Sie dem Jahr 2015 daher geben?
„Ich würde ihm gewiss die Bestnote eins geben, denn meiner Meinung nach hat Radio Prag insgesamt sehr gut funktioniert. Unsere Webseiten sind gut besucht, und nahezu alles, was wir uns in etwa vorgenommen hatten, haben wir dann auch erfüllt. Zum Beispiel haben wir unsere Wirtschaftsnachrichten sehr stark erweitert, und zwar im Rahmen der sogenannten Wirtschaftsdiplomatie. Diese Artikel wurden auf unseren Internetseiten ziemlich häufig aufgerufen. Von daher: Ich für mich bin zufrieden mit dem Jahr 2015.“
Über die Einsparungen und damit verknüpften Einschränkungen, die Radio Prag seit dem Jahr 2011 widerfahren sind, haben Sie schon kurz gesprochen. Dennoch möchte ich noch einmal nachhaken: Wie konkret hat sich Radio Prag mittlerweile schon wieder stabilisiert? Können Sie Fakten oder Zahlen nennen?
„Es ist richtig, Radio Prag hat in den zurückliegenden fünf bis sieben Jahren eine Zäsur erfahren, die sich vor allem in dem wesentlich gekürzten Budget wiederspiegelt. Dieser Einschnitt erfolgte in den Jahren 2008 bis 2012, es waren die wirklich schwersten Jahre für den Sender. Wenn ich das kurz erläutern darf: Radio Prag operiert heute nur mit rund 40 Prozent des Budgets, das der Sender noch vor zirka acht, neun Jahren hatte. Und die Anzahl unserer Beschäftigten sank von ehemals über 60 auf nunmehr 40 Arbeitnehmer. Das waren wirklich harte Einsparungen, die uns getroffen haben. Auf der anderen Seite hat der Arbeitsumfang, den die verbliebenen Redakteure leisten, weiter zugenommen. Wir produzieren heute nämlich eher mehr Programme als vorher. Ein großer Schlag war für uns das Jahr 2011, als wir aus ökonomischen Gründen die Sendungen auf der Kurzwelle einstellen mussten. Die Konsequenzen waren sehr unangenehm, denn wir haben der ausgebliebenen Korrespondenz zufolge einen Teil unserer Hörerschaft verloren. Die Korrespondenz mit unseren Hörern und Usern schätzen wir sehr, sowohl in Form von Hörerbriefen als auch von E-Mails. Mit dem Verlust der Kurzwelle aber ist sie um ein Drittel zurückgegangen. In den vergangenen fünf Jahren hat diese Korrespondenz wieder zugenommen, und meines Erachtens sind wir mittlerweile auf dem Stand des Jahres 2011. Daraus ist ersichtlich, dass wir den Einbruch bei den Wortmeldungen unserer Hörer inzwischen wettgemacht haben.“
Krupička: „Die Situation von heute ist schon viel erfreulicher. Im Jahr 2013 ist das Budget von Radio Prag seit längerem erstmals erhöht wurden, und zwar um fast zehn Prozent. In diesem Jahr durften wir uns zumindest über eine weitere Erhöhung um drei Prozent freuen.“
Und was hat sich noch getan?
„Die Situation von heute ist schon viel erfreulicher. Im Jahr 2013 ist das Budget von Radio Prag seit längerem erstmals erhöht wurden, und zwar um fast zehn Prozent. In diesem Jahr durften wir uns zumindest über eine weitere Erhöhung um drei Prozent freuen. Das war gewiss eher ein symbolischer Betrag, denn allzu viel kann man damit nicht anfangen. Ich persönlich aber sehe dies als einen weiteren Schritt nach vorn. Denn nach der ziemlich langen Periode der Haushaltskürzungen können wir nun auch wieder über neue Projekte nachdenken. Oder anders gesagt: Im Vergleich zum Jahr 2011 können wir etwas aufatmen. Vor knapp fünf Jahren waren wir nämlich finanziell völlig am Boden.“
Und wie sieht es mit einer möglichen Renaissance der Ausstrahlung unserer Programme auf der Kurzwelle aus? Können sich unsere Hörer in dieser Sache vielleicht Hoffnungen machen oder bleibt dies nur ein frommer Wunsch?
„Jetzt verhandeln wir wieder drei bis vier Mal jährlich mit dem tschechischen Außenministerium, von dem wir das Geld für unser Budget erhalten. In diesem Jahr haben wir zwei oder drei Mal mit dem Ministerium über dieses Thema gesprochen. Wir haben dabei angeboten, unsere Sendungen für eine bis zwei Stunden täglich auch auf der Kurzwelle auszustrahlen. Für diese Ausstrahlung wollten wir andere Sender wie zum Beispiel in Rumänien oder Bulgarien mieten, doch das hätte auch einige Mehrkosten zur Folge gehabt. Unsere Vorschläge wurden aber abgelehnt, das heißt, eine Wiederinbetriebnahme der Kurzwelle ist nicht geplant. Auch persönlich bin ich zu dem Schluss gelangt, dass es in der heutigen Zeit nur schwer vorstellbar ist, wieder zur Kurzwelle zurückzukehren.“Nun sind wir aber schon im Jahr 2016 angelangt. Was gibt es Neues? Wird sich eventuell unser Programmschema ändern oder aber sind einige neue Projekte geplant?
„Das Programmschema wird nicht geändert, das ist fest verankert. Vielmehr wird es einige Veränderungen im Programminhalt geben. Dies rufen allein schon die vielen interessanten Veranstaltungen und Kampagnen hervor, die in diesem Jahr ins Haus stehen. Wir werden uns dabei etwas mehr als bisher auf Europa konzentrieren, und zwar vornehmlich auf die jüngsten Entwicklungen auf unserem Kontinent wie zum Beispiel die Flüchtlingswelle. Das ist ein Thema, das uns ganz sicher auch im Jahr 2016 beschäftigen wird. Zudem werden wir uns weiter verstärkt auch der Berichterstattung zu wirtschaftlichen Themen widmen, zumal die Tschechische Republik ein Land ist, das in einem hohen Maße von seinem Export abhängt. Das bedeutet, die Wirtschaftsdiplomatie ist wirklich wichtig, ebenso wie unsere Berichte zu dem Thema. Und wir merken auch, dass diese Berichte für unsere User interessant sind, denn den Klicks zufolge werden sie oft gelesen.“Was gäbe es noch zu erwähnen?„Gewiss werden wir wie bisher beziehungsweise noch mehr als bisher die Beziehungen zu den Nachbarländern Tschechiens unter die Lupe nehmen, also die Beziehungen zu Polen, der Slowakei, zu Österreich und Deutschland. Zu Deutschland wäre zu sagen, dass dieser Nachbar für unser Land ein echter Schlüsselpartner ist, besonders was das Konzept unserer Außenpolitik anbelangt. Deutschland ist für uns ein strategischer Partner, allein schon deshalb, weil wir mit ihm den größten Im- und Export haben. Sehr viele Tschechen arbeiten in Deutschland, und die meisten Touristen, die hierher kommen, sind Deutsche. Das zeigt: Die Beziehungen zwischen beiden Ländern sind wirklich wichtig. Und dies trotz der Tatsache, dass die tschechische Außenpolitik nicht immer mit der deutschen Sichtweise übereinstimmt wie zum Beispiel in der Flüchtlingsfrage. Dennoch sind die bilateralen Beziehungen gut, und es besteht ein Interesse daran, dass sie verstärkt werden.“
Krupička: „Ein bedeutendes Ereignis in diesem Jahr ist der 700. Geburtstag des römisch-deutschen Kaisers und König von Böhmens, Karl IV. Dieses Ereignis werden wir mit Sicherheit in allen Sprachen, in denen unsere Programme ausgestrahlt werden, reflektieren.“
Welche Großereignisse warten 2016 auf uns?
„Wenn wir von den Highlights sprechen, mit denen sich Radio Prag im neuen Jahr befassen wird, dann sind zuerst zwei Sportveranstaltungen zu nennen: die Europameisterschaft im Fußball, für die sich auch die Tschechische Republik qualifiziert hat, sowie die Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro. Ein bedeutendes Ereignis in diesem Jahr ist zudem der 700. Geburtstag des römisch-deutschen Kaisers und Königs von Böhmen, Karl IV. Dieses Ereignis werden wir mit Sicherheit in allen Sprachen, in denen unsere Programme ausgestrahlt werden, reflektieren. Und dies das ganze Jahr über. Im Besonderen ist das aber ein deutsch-tschechisches Thema. Daher ist auch eine ganze Reihe von tschechisch-deutschen Konferenzen, Ausstellungen und weiteren bilateralen Projekten geplant. Zudem möchte ich noch erwähnen, dass Prag in diesem Jahr auch die europäische Sporthauptstadt sein wird. Das ist ein weiteres Ereignis, über das wir in unseren Sendungen berichten werden.“
Neben dem großen Jubiläum zu Karl IV. wird Radio Prag aber sicher auch über ein kleineres Jubiläum in eigner Sache berichten – über den 80. Jahrestag der Entstehung unseres Senders im Jahr 1936. Wie wird es begangen? Was ist dazu von Seiten der Chefredaktion geplant?„Die Zeit vergeht wirklich schnell. Ich habe noch in guter Erinnerung, wie wir 2011 das 75-jährige Jubiläum von Radio Prag gefeiert haben. Die Feierlichkeiten zum 80-Jährigen sind in der Tat in Planung, wir überlegen, was wir alles dazu veranstalten wollen. Zum Jubiläum schon herausgebracht haben wir eine spezielle QSL-Karte mit einem schönen Motiv, die wir an alle Interessenten verschicken werden. Geplant ist ein großes Treffen mit unseren Hörern, und zwar für Ende Juni in Prag. Es soll all unseren Hörern offenstehen, die zu dieser Zeit eine Fahrt nach Prag in Erwägung ziehen. Wir bereiten ferner eine dokumentarische Ausstellung vor, die im Gebäude des Tschechischen Rundfunks ihren Platz finden wird. Sie soll alle wichtigen Meilensteine von Radio Prag widerspiegeln, angefangen von der Vorkriegszeit, der Zeit nach dem Krieg, ganz besonders natürlich das Jahr 1968 und selbstverständlich auch unsere jüngste Geschichte nach der Samtenen Revolution von 1989. Darüber hinaus planen wir erneut eine Live-Sendung aus dem Prager Stadtzentrum. Wir werden dazu ein Zelt aufstellen und dabei auch etwas Werbung in eigener Sache betreiben. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Tatsache, dass wir mittlerweile von immer mehr Menschen aus der Tschechischen Republik gehört werden. Das sind in erster Linie Ausländer, die jetzt hierzulande leben und arbeiten, allen voran Deutsche, Briten und Russen. Der Anteil dieser Hörer und User beträgt inzwischen ein Drittel, manchmal sogar schon etwas mehr. Und abschließend noch ein Bonbon: Wir planen zudem einen großen Hörerwettbewerb, dessen Sieger einen mehrtägigen Aufenthalt in Prag gewinnen wird.“