Neues Informationsportal beleuchtet den kommunistischen Geheimdienst StB
Die Europäische Plattform für Erinnerung und Gedenken hat am Donnerstag ein aufsehenerregendes Informationsportal gestartet. Die tschechisch-englische Webseite vermittelt einen umfassenden Einblick in die Strukturen des ehemaligen tschechoslowakischen Geheimdienstes StB. Sie soll dazu beitragen, dass die Menschen die Geschichte des kommunistischen Regimes und dessen Einfluss auf die heutige Gesellschaft besser verstehen. Die Direktorin der Plattform, Neela Winkelmann, gibt Auskunft über das Portal.
„Wir hatten letztes Jahr bei einem internationalen Forum eine interessante Begegnung. Wir sprachen dort mit hoch gestellten Vertretern eines europäischen Staates. Sie beschwerten sich darüber, dass sie jetzt gerade in der kritischen Situation der russischen Annexion der Krim und der Aggression Russlands in der Ostukraine politische Entscheidungen auf der EU-Ebene treffen müsse, für die sie gar nicht ausgebildet sind. Sie wussten nicht, wie beispielsweise Russland und die Ukraine funktionieren, was die Interessen Russland sind, wie die Geheimdienste funktionieren. Da haben wir gesagt, dass wir eine Möglichkeit haben, ihnen gewisse Dinge näher zu bringen. Wir haben in unseren bereits offenen Archiven des Geheimdienstes Informationen darüber, wie diese Dienste funktionierten. Alle wurden natürlich auf Befehl des Geheimdienstes der Sowjetunion, des KGB, errichtet. Man kann sich anhand der Informationen, die bereits jetzt zugänglich sind, ein sehr gutes Bild davon machen, wie die Geheimdienste der Sowjetunion damals funktionierten und wie die Nachfolgedienste der heutigen Staaten immer noch denken.“
Mit wem arbeitet die Plattform bei der Veröffentlichung der Artikel und Daten zusammen?„Der tschechische Träger des Projektes ist das Zentrum für die Dokumentation der totalitären Regime. Das ist eine Nichtregierungsorganisation, die den Hauptanteil erarbeitet hat. Partner sind das Ján-Langoš-Institut in der Slowakei und das polnische Institut des Nationalen Gedenkens. Weiterhin haben wir Unterstützung von der Botschaft Estlands und von der Konrad-Adenauer-Stiftung.“
Welche Zeitperiode umfasst die Webseite?
„Wir haben die Ambition, die gesamte Zeit des Kommunismus auf dieser Webseite zu präsentieren. Allerdings haben wir für den Anfang aus mehreren Gründen die 1970er und 1980er Jahre genommen. Erstens liegt es nicht so lange zurück. Zweitens haben wir bessere Recherchen zu dieser Zeit und die Daten sind besser verarbeitet, sodass wir sie sofort präsentieren können. Aber wir wollen auch die 1950er und 1960er Jahre mit aufnehmen.“Wie war die Stellung des tschechoslowakischen Geheimdienstes im im Umfeld des Ostblocks?
„Es ist klar, dass das kommunistische Regime in der Tschechoslowakei genauso wie die Regime in den anderen Ostblockstaaten von der Sowjetunion eingesetzt und kontrolliert wurde. Genauso war es mit den Geheimdiensten. Sie wurden auf Geheiß des sowjetischen Geheimdienstes und mit ähnlichen oder identischen Strukturen aufgebaut und haben sowjetische Interessen verfolgt. Visuell nachvollziehen kann man das durch eine Weltkarte mit den Residenturen im Ausland. Sie zeigt an welchen Stützpunkten sich die Kommunisten bemüht haben, in das Weltgeschehen einzugreifen und an welchen Geheimdienstaktionen sie sich im Sinne der Sowjetunion beteiligt haben.“In den Ostblockländern nannte sich das Vorgehen damals offiziell ‚Unterstützung des nationalen Befreiungskampfes in Afrika oder in Lateinamerika‘. Können Sie einige Beispiele davon nennen, wo die tschechoslowakischen Geheimdienste im Dienste der Sowjetunion tätig waren?„Zum Beispiel die Sache mit Biafra. Das war eine interessante Situation in Nigeria, wo die Geheimdienste zuerst die Biafra-Seite unterstützt haben, aber dann auf Geheiß der Sowjetunion die nigerianische Regierungsseite. Wenn man sich darüber Gedanken macht, sieht man, dass die Interessengebiete des sowjetischen Blocks komischerweise die Gebiete sind, die auch heute in den Nachrichten stehen: Syrien, Irak, der Nahe Osten, Nordafrika. Das waren Gebiete, wo die Kommunisten schon immer tief in das Geschehen verwickelt waren und wo sie zum Teil auch an – aus heutiger Sicht – schweren Verbrechen beteiligt waren. Da gab es Operationen, bei denen viele Menschen umgebracht wurden. Die Spuren der sowjetischen, der tschechoslowakischen und anderer Geheimdienste und vielleicht auch ihre militärische Beteiligung können anhand der bereits veröffentlichten Dokumente nachgewiesen werden.“
Mehr erfahren Sie unter www.communiststatesecurity.eu.