Referendum ja oder nein? Regierung will die direkte Demokratie stärken
Seit über 20 Jahren gibt es in Tschechien Pläne, ein republikweites Referendum einzuführen. Nun hat die amtierende Mitte-Links-Regierung unter Premier Bohuslav Sobotka (Sozialdemokraten) einen erneuten Anlauf zur Stärkung der direkten Demokratie genommen. Der Vorschlag braucht allerdings auch die Unterstützung der Opposition, die der Sache ablehnend gegenübersteht.
„Ich denke, es ist notwendig, diese Regelung einzuführen. Es ist ein notwendiger Bestandteil der Demokratie, und die Bedingungen erscheinen mir vernünftig“,
so äußerte sich Justizminister Robert Pelikán (Ano-Partei) am Montag nach der Kabinettssitzung vor Journalisten. Um ein Referendum zu erwirken, müsste nach dem Gesetzentwurf zunächst eine Petition mit 250.000 Unterschriften zustande kommen. Damit aus dem Vorschlag wiederum ein rechtskräftiges Gesetz wird, ist eine Wahlbeteiligung von mindestens 25 Prozent erforderlich. Gerungen wurde im Vorfeld über die möglichen Themenfelder. Die Einführung des Euro zum Beispiel kann in einem derartigen Referendum nicht behandelt werden. Vorgelegt hat den neuen Gesetzentwurf der Minister für Menschenrechte, Jiří Dienstbier:
„Das Referendum darf sich in der nun vorgebrachten Form nicht auf die Mitgliedschaften der Tschechischen Republik in übernationalen Organisationen beziehen. Alle Dinge, die im Artikel 10a der Verfassung unserer Republik festgelegt sind, sind ausgeschlossen. Dieses Referendum darf also keine internationalen Verträge verletzen.“Neben den internationalen Verpflichtungen sind auch die Grundrechte, der Staatshaushalt und Steuerangelegenheiten tabu. Als mögliche Beispiele für ein Referendum nannte Dienstbier die Hochschulpolitik oder aber das Tempolimit auf Autobahnen. Die konservativen Oppositionsparteien erachten es hingegen für populistisch, derlei Angelegenheiten dem Volk zu überlassen. Tschechien brauche kein weiteres Instrument der direkten Demokratie, sagte etwa der stellvertretende Vorsitzende der Bürgerdemokraten, Martin Novotný, im Tschechischen Fernsehen:
„Wir sind zufrieden mit der bestehenden Regelung in der tschechischen Verfassung und halten die derzeitige Handhabe, dass ein spezielles Referendum vom Abgeordnetenhaus gebilligt werden muss, für völlig ausreichend. Eine Ausweitung dieser Elemente der direkten Demokratie ist unserer Ansicht nach weder derzeit noch prinzipiell notwendig.“Die bisher mögliche Form einer Volksabstimmung, die vom Abgeordnetenhaus gebilligt wird, kam bisher erst einmal zur Anwendung: 2003 stimmten die Tschechen für den EU-Beitritt. Der neue Vorschlag, der die direkte Demokratie hierzulande tiefer verankern soll, wird auch von der tschechischen Ombudsfrau Anna Šabatová unterstützt. Sie hat lediglich einen Kritikpunkt am anzubringen:
„Wir sind der Meinung, dass es sehr schwer sein wird, die Unterschriften zu sammeln. Dafür braucht man sich nur die Unterschriftensammlung während der Präsidentschaftswahlen ansehen, für die einige Kandidaten nicht die notwendigen 50.000 Stimmen zusammenbringen konnten. Ich befürchte, die Zahl von 250.000 wird dazu führen, dass es niemandem gelingen wird, ein Referendum auszurufen.“
Laut Šabatová sollte daher eine Petition mit 100.000 Unterschriften ausreichen. Damit der jetzige Entwurf zum Referendumsgesetz überhaupt Realität werden kann, ist das Kabinett in beiden Parlamentskammern auf Stimmen aus der Opposition angewiesen. Im Abgeordnetenhaus ist eine Drei-Fünftel-Mehrheit vonnöten. Außerhalb der Regierung haben bislang die Kommunisten und die Mitglieder der zerbrochenen Úsvít-Fraktion ihre Zustimmung signalisiert.