Design-Fahrräder, Lesung und Installationen in Berlin

Foto: Archiv des Tschechischen Zentrums Berlin

Schick designte Fahrräder werden ausgestellt, außerdem kommt eine Literatin, und Václav Havels ehemalige Frau Olga wird filmerisch porträtiert. Das und noch etwas mehr gibt es in den nächsten Wochen im Tschechischen Zentrum in Berlin. Dazu ein Interview mit der stellvertretenden Leiterin des Zentrums, Christina Frankenberg.

Ausstellung: Jiří Kovanda gegen den Rest der Welt  (Foto: Archiv des Tschechischen Zentrums Berlin)
Frau Frankenberg, demnächst steht in Berlin noch einmal ein tschechischer Künstler im Mittelpunkt, über den wir bereits beim letzten Mal geredet haben: Jiří Kovanda. Eine Ausstellung von ihm läuft schon direkt bei ihnen im Zentrum, jetzt wird am Freitag kommender Woche eine weitere eröffnet. Was unterscheidet die eine von der anderen?

„Jiří Kovanda steht noch immer im Mittelpunkt des Programms im Monat April, weil er gerade Stipendiat des DAAD, also des Deutschen Akademischen Austauschdienstes ist. Der DAAD unterhält in Berlin ein Künstlerprogramm mit Stipendien und hat eine eigene Galerie, und dort wird am Freitag, 17. April, um 19 Uhr die Ausstellung MOOM eröffnet – mit neuen Werken von Jiří Kovanda. Unsere Ausstellung gibt ja eher einen Überblick über sein bisheriges Schaffen, auch in Konfrontation zu Werken anderer Künstler. Für unsere Ausstellung hat er einige wenige neue Installationen angefertigt, in der Ausstellung in der DAAD-Galerie sind hingegen aktuelle Arbeiten zu sehen.“

Tomáš Pospiszyl  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Ebenfalls auf Kovanda bezieht sich ein Vortrag des Prager Kunsthistorikers Tomáš Pospiszyl. Vielleicht können Sie ein bisschen was zu seiner Person sagen und natürlich zum geplanten Thema des Vortrags…

„Dieser Vortrag von Tomáš Pospiszyl wird bei uns am 23. April stattfinden. Wir veranstalten ihn gemeinsam mit der Humboldt-Universität, die den Vortrag als Eröffnung einer Konferenz geplant hat. Pospiszyl wird sich deshalb an ein internationales Publikum wenden und in englischer Sprache vortragen. Thema ist überhaupt das Werk von Jiří Kovanda, also ein Überblick über die verschiedenen Arbeiten und Installationen des Künstlers. Tomáš Pospiszyl selbst ist Kurator, Kunsthistoriker und Kritiker. Er hat eine Zeitlang als Kurator in der Prager Nationalgalerie gearbeitet. Und er war an David Černýs Werk ‚Entropa‘ beteiligt, an das sich die Hörer bestimmt auch noch erinnern können, weil es damals für einigen Wirbel gesorgt hat und im Prager DOX zu sehen war. Seit 2003 unterrichtet Tomáš Pospiszyl zudem an der Prager Filmhochschule Famu.“

Foto: Verlag Braumüller
Bianca Bellová ist eine der – man kann schon noch sagen – jüngeren tschechischen Literatinnen. Sie wird am Montag, den 20. April, bei Ihnen im Zentrum lesen. Was sollten die Hörer über Bellová wissen, und mit welchem Buch stellt sie sich in Berlin vor?

„Von Bianca Bellová ist auf Deutsch bisher nur ein Werk erschienen, das ist ihr zweites, die Novelle ‚Toter Mann‘, auf Tschechisch ‚Mrtvý muž‘. Übersetzt wurde es von Mirko Kraetsch, und erschienen ist es im vergangenen Jahr im Braumüller Verlag. In diesem Werk hält die Ich-Erzählerin – eine Frau, die auch in demselben Alter wie Autorin sein könnte – einen langen Monolog, oder eigentlich ist es einseitiger Dialog. Sie spricht nämlich mit einem Geliebten oder Ex-Geliebten, das mag ich hier gar nicht genau aufschlüsseln. Und aus diesem langen Monolog, in dem sie über ihre Familie, ihr Leben, ihre geheimsten Gefühle erzählt, wird eigentlich eine Art Lebensbeichte. Es ist eine recht bittere, manchmal auch schnippische Beichte. Die Autorin versteht es, sehr schön in diese sehr persönliche Geschichte auch die Zeitgeschichte einfließen zu lassen. Dieser Monolog vermittelt also auch ein gewisses Gesellschaftspanorama aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der Tschechoslowakei.“

Olga Havlová im Streifen ‚Olga‘  (Foto: Archiv AeroFilms)
Montags zeigt das Tschechische Zentrum ja häufiger Dokumentarfilme. Am 27. April wird dabei ein preisgekrönter Film zu sehen sein, und zwar über die 1996 verstorbene frühere Ehefrau von Václav Havel, Olga Havlová. Von wem ist der Streifen und was sagt er über Olga Havlová?

„Der Streifen ist von Miroslav Janek. Das ist der Regisseur, der auch schon den großartigen, langen Dokumentarfilm über Václav Havel gedreht hat – „Občan Havel“ oder „Bürger Havel“. Bei diesem früheren Film war Miroslav Janek vor allen Dingen derjenige, der das Material geschnitten hat, weil Pavel Koutecký als eigentlicher Regisseur vor Abschluss der Dreharbeiten ums Leben gekommen ist. Miroslav Janek hat sich jedenfalls über dieses Filmmaterial, was er schneiden musste, sehr eingehend mit dem Leben der Havels beschäftigt. Für ihn war das also kein ganz neues Thema. Sein Streifen ‚Olga‘ ist im Februar dieses Jahres als bester tschechischer Dokumentarfilm mit dem Böhmischen Löwen ausgezeichnet worden. In dem Film hatte Janek gar nicht vor, irgendwelche überraschenden Erkenntnisse über Olga Havlová ans Licht zu bringen. Er wollte sie stattdessen als tatkräftige und lebenskluge Frau porträtieren, die mit beiden Beinen im Leben stand, Havels engste und zuverlässigste Gefährtin war und einen guten Sinn für Humor hatte. Und das ist ihm auch sehr gut gelungen. Olga Havlová war im Übrigen auch eine großzügige Gastgeberin, eine leidenschaftliche Spielerin, eine Pilzsammlerin und Naturliebhaberin.“

Christina Frankenberg  (Foto: Archiv des Tschechischen Zentrums Berlin)
Im Mai dann bereits steht eine Ausstellungeröffnung an. Und zwar bringt die Hochschule für Kunstgewerbe aus Prag (UMPRUM) das Thema „Bewegung in der Stadt“ nach Berlin. Was wird es dort zu sehen geben?

„Dazu muss man sich vorstellen, dass wir zum einen in unseren Räumen eine Ausstellung zeigen und zum anderen auch ein weiteres Projekt vor dem Gebäude des Tschechischen Zentrums vorstellen werden. Und damit möchte ich auch beginnen. Junge Designer von der Akademie für Kunst, Architektur und Design, also vom UMPRUM in Prag, bauen dabei eine designte Haltestelle auf, wie sie für die tschechische Hauptstadt Prag entworfen worden ist. Und diese Haltestelle wird einige Wochen lang auf dem Parkplatz vor dem Eingang des Tschechischen Zentrums stehen. Allerdings werden wir keine Straßenbahn oder andere Verkehrsmittel hierherverlegen können, sondern die Haltestelle wird hier einfach stehen, und man wird dort sitzen und sich unterhalten können. Wir werden diesen Raum vor dem Gebäude des Zentrums bei der Eröffnung und bei weiteren Veranstaltungen auch einbinden. Und bei uns in der Galerie wird zudem eine Ausstellung mit neu entworfenen Fahrrädern zu sehen sein. Die Räder wurden von Studenten und Absolventen eben der Kunsthochschule designt, sie fallen durch ihre technische und ästhetische Gestaltung auf und können durchaus in internationaler Konkurrenz bestehen. Ich sagte schon, dass Arbeiten von Studenten und Absolventen der Hochschule zu sehen sein werden – aber eben auch von kleinen Firmen, die es geschafft haben, mit ihren Produkten an den internationalen Markt zu kommen. Allgemein sind Fahrräder immer noch ein Thema, das sehr aktuell ist. Man weiß ja, dass hier in der Stadt sehr viel Fahrrad gefahren wird.“

Autor: Till Janzer
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