In Firmenhand: Zweiter Agrofert-Mann steht an Parteispitze von Ano

Andrej Babiš (Foto: ČTK)

Andrej Babiš bleibt erwartungsgemäß an der Spitze der Ano-Partei. Die Delegierten bestätigten ihn beim Parteitag am vergangenen Wochenende als Vorsitzenden. Der Milliardär besitzt den größten Lebensmittelkonzern des Landes und kontrolliert mehrere Massenmedien. Doch von Interessenskonflikten will der Parteichef nichts wissen. Inzwischen zum Vizepremier und Finanzminister aufgestiegen, lässt Babiš jede Kritik an sich abprallen. Zum zweiten Mann in der Ano-Partei wurde nun am Wochenende ein weiterer Mann aus dem Agrofert-Konzern gekürt.

Andrej Babiš  (Foto: ČTK)
100 Prozent Zustimmung waren es am Ende, nicht ein einziger der Delegierten hatte sich auch nur der Stimme enthalten. Babiš war das Ergebnis wohl fast ein wenig peinlich. Gegenüber den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks betonte er daher ein weiteres Mal die Bedeutung der gesamten Parteispitze, die ebenfalls am Wochenende gewählt wurde. Bislang verfügte Babiš nicht einmal über einen Stellvertreter.

„Im Unterschied zu den anderen Parteien, deren Führung zumeist aus dem Premier und den Ministern oder ähnlich hoch angesiedelten Mandatsträgern besteht, stelle ich mir doch eher einen Mix aus Abgeordneten, Ministern, Kommunalpolitikern und Kreisvorsitzenden vor.“

Jaroslav Faltýnek  (Foto: ČTK)
Zwei der Minister, die Ano in der Regierung vertreten, sind Richard Brabec und Martin Stropnický. Nachdem Ano im ersten Jahr in der Regierung bereits drei Ministerwechsel wegstecken mussten, erhielten die beiden offenbar das Geheiß, sich auf ihre Regierungsämter zu konzentrieren. Daher sind es nun sieben andere Politiker, die an der Parteispitze von Ano stehen. Darunter rief vor allem eine Personalie Aufsehen hervor. Zum ersten Stellvertreter Babišs wurde am Sonntag Jaroslav Faltýnek. Bislang ist er Fraktionsvorsitzender der Ano-Partei im Abgeordnetenhaus. Er wollte die parteiinterne Kommunikation auf allen Ebenen verbessern, so dass die Basis nicht das Gefühl habe, Informationen zu verpassen, sagte der neue Vize von Ano nach der Wahl. Faltýnek gilt seit langem als Babišs rechte Hand, und das nicht nur in der Politik. Seit 2001 arbeitet er für Agrofert, und anders als Besitzer Babiš, der seine Tätigkeit im Vorstand des Lebensmittelkonzerns ruhen lässt, ist Faltýnek weiter im Vorstand. Daneben ist er Vorsitzender des parlamentarischen Landwirtschaftsausschusses. David Ondráčka ist Chef von Transparency International in Tschechien. Im Tschechischen Fernsehen äußerte er seine Bedenken.

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„Der Vorsitzende hat einen großen Einfluss auf die Agenda, auf welche Weise Änderungen zum Beispiel in den Förderprogrammen durchgeführt oder wie sie verankert werden. In einem gewissen Umfang fällt dort die Entscheidung, welche Vorschläge des Landwirtschaftsministeriums wirklich vor das Abgeordnetenhaus kommen. Der Einfluss ist sehr groß.“

Und eine weitere Funktion hat Faltýnek inne. Er sitzt im Aufsichtsrat des staatlichen Fonds für landwirtschaftliche Investitionen. David Ondráčka:



David Ondráčka  (Foto: ČT24)
„Es ist eine Tatsache, dass man über den Aufsichtsrat doch recht privilegierte Informationen zum Beispiel darüber erhält, welche Änderungen in absehbarer Zeit anstehen. Das kann ein ziemlich großer Wirtschaftsvorteil sein, da man sich dann schon im Vorfeld darauf vorbereiten kann.“

Faltýnek selbst kann, wie zuvor schon Parteichef Babiš, keinerlei Interessenkonflikt erkennen. Und die Delegierten wählten ihn mit 81 Prozent der Stimmen. Abgesehen von den Personalfragen war der Parteitag dominiert von Babišs Angriffen auf die Sozialdemokraten. Nachdem Ano bei den Europa- und den Kommunalwahlen hervorragend abgeschnitten haben, ist Babiš die Rolle als kleiner Koalitionspartner inzwischen zu marginal.

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„Wir sind in der Regierung mit den Sozialdemokraten, und das ist nicht immer so bequem. Das ist eine der klassischen politischen Parteien, und paradoxerweise eine derjenigen, aufgrund der wir entstanden sind. Sie trägt schwer an einer kontroversen Vergangenheit und ist daran gewohnt, übertrieben viele Gelder aus öffentlichen Mitteln zu verteilen. Auf diese Weise und ohne Rücksicht auf den Staatshaushalt bindet sie ihre Wähler an sich.“

Die Sozialdemokraten reagierten auf Babišs Angriffe gelassen. Premier Bohuslav Sobotka erklärte am Montag, die Koalition werde unverändert fortgesetzt.