„Es wäre schade, ihn wegzuwerfen“ - Sockel von Goethe-Büste in Karlsbad aufgetaucht
Karel Meloun hat schon viele Steine zu Gesicht bekommen. Der Bildhauer aus Klášterec nad Ohří / Klösterle an der Eger staunte jedoch nicht schlecht, als ihm ein Freund im Dezember einen großen Marmorquader mit der Aufschrift „Goethe“ überließ. Es handelt sich um den Sockel einer Büste, die bis 1946 vor dem Grandhotel Pupp in Karlsbad / Karlovy Vary stand. Mit der Vertreibung der Deutschen musste auch Goethe seinen prominenten Platz räumen. Zwar wurde die Büste später wieder aufgestellt, allerdings auf einem viel niedrigeren Postament. Dank Karel Meloun soll der Dichterfürst nun wieder in frühere Höhen aufsteigen.
Gesagt, getan. Marek Kokeš brachte den Felsen in ein Waldstück. Doch nur für kurze Zeit…
„Dann kamen Förster und sie meinten, wir sollten doch zusehen, dass wir diesen Stein wegbringen. So haben sie also Goethe aus dem Wald vertrieben.“
„Das Denkmal stand direkt vor dem Hotel Pupp, und geschaffen hat es der deutsche Bildhauer Adolf von Donndorf. Mit Hilfe der Bilder habe ich dann erkannt, dass es genau dieser Sockel ist, der 1946 entfernt wurde, weil er diesen deutschen Anklang hatte. So wie alle deutschen Aufschriften damals entfernt wurden, haben irgendwelche Barbaren eben auch dieses Denkmal entfernen lassen. Die Büste wurde aber angeblich auf pietätvolle Weise ins Museum gebracht.“
„Wenn er auch ein großer Literat war, so war er doch ein schwacher Mensch. Sein menschliches Profil ist uns fremd und nicht besonders sympathisch“– so wurde Goethe in einem Protokoll des städtischen Bauamtes von 1946 abgekanzelt. Ein paar Jahre später sah man die Sache in Karlsbad nicht mehr so streng. Die Büste wurde aus dem Museum geholt, auf einen neuen, viel schlichteren Sockel gesetzt und ein paar hundert Meter weiter stadtauswärts an der sogenannten Puschkin-Promenade aufgestellt, die inzwischen Goethe-Weg heißt. Nun steht wieder ein Umzug bevor. Karel Meloun:
„Als ich der Sache auf die Spur gekommen bin, habe ich sofort in Karlsbad angerufen. Schließlich ist Goethe eine weltberühmte Persönlichkeit, und so kann man das nicht belassen. Am Ende ist dann alles gut ausgegangen.“
Karel Meloun hat den Stein der Stadt Karlsbad geschenkt – unter einer Bedingung: Die Goethe-Statue soll vor das Hotel Pupp zurückkehren. An der Restaurierung beteiligen will sich auch der Rotary-Club. In dieser Woche hat eine Delegation der Stadt den Stein abholen lassen. Und Baggerfahrer Marek Kokš wird nochmals zu graben beginnen. Ein großes Stück vom Fundament fehlt nämlich noch. Mit etwas Glück ist Goethes Postament bald wieder vollständig.