Heute vor 25 Jahren: Nach dem Schock formiert sich Protest
Der 17. November ist heute in Tschechien ein Nationalfeiertag und wurde am Montag in der ganzen Republik begangen. Die Niederschlagung der Studentendemonstration in der Prager Innenstadt war allerdings nur der Anfang vom Ende. In den nächsten Tagen blicken wir auf die Ereignisse zurück, die auf den 17. November folgten und innerhalb weniger Wochen das Regime erst ins Wanken und schließlich zum Sturz brachten.
Später sollte sich die Nachricht als falsch erweisen – in den folgenden Tagen trug sie aber zur Mobilisierung der Massen bei. Am 18. November war in den Straßen noch alles ruhig. Nur kleine Grüppchen kamen auf dem Wenzelsplatz und in der Narodní třida zusammen. Auf Geheiß der Polizei zerstreuten sie sich schnell wieder. Unter der Oberfläche begann es aber zu gären. Jan Urban:
„Die einzelnen Dissidentengruppen begannen sich kurzzuschließen, mit dem Ziel nach dem ostdeutschen Vorbild eine Art von Einheit, Plattform oder Forum zu bilden und einen offenen Kampf mit dem Regime aufzunehmen. Dazu kam dann noch die Nachricht über den Studentenstreik, und dass auch die Theater einen Streik ausrufen wollen.“Bereits am Vormittag versuchten Michael Kocáb und Michal Horáček von der Initiative Most, einen Dialog mit Regierungschef Adamec zu eröffnen. Im „Realistischen Theater“ in Prag diskutierten am Nachmittag Studenten, Schauspieler und Theaterleute über die Ereignisse des Vortages. Sie beschlossen, eine Woche lang die Universitäten und Theater zu bestreiken. Auch von einem Generalstreik war bereits an diesem Tag die Rede. Die Sprecher der Charta 77 kamen bei Dana Němcová zusammen:
„Wir haben den baldigen Fall des Regimes erwartet, aber wir waren uns nicht sicher, wann genau er eintreten würde. Auf das, was am 17. November passiert ist, haben wir also unmittelbar und ich denke auch angemessen reagiert.“Die Sprecher der Charta verfassten eine gemeinsame Stellungnahme zu den Ereignissen in der Narodní třida. Schon tags darauf sollte das Dokument zu einer Grundlage für eine neue Plattform des Widerstandes werden – das Bürgerforum.