Praga Caput Cultura: Konferenz über Kunst im Öffentlichen Raum

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Donnerstag und Freitag fand im Prager Außenbezirk Černý Most die Konferenz Praga Caput Cultura zum Thema Kunst im öffentlichen Raum statt. Die internationale Konferenz stand unter der Schirmherrschaft der Prager Stadtregierung und des Bezirksvorstehers des Prager Außenbezirks Černý Most. Teilgenommen haben Künstler, Architekten, Politiker, Leiter von Kulturinstitutionen, sowie Theoretiker aus verschiedenen Ländern, vor allem aus Tschechien und den Nachbarländern Deutschland, Österreich und Polen, sowie aus dem englischsprachigen Raum.

Jiři Fajt  (Foto: Archiv der Nationalgalerie in Prag)
Gleich zu Beginn der Diskussionen stellte der Direktor der Prager Nationalgalerie Jiři Fajt fest, Prag sei zwar arm (genauso wie Berlin), aber es wäre doch zu hoffen, dass Prag auch (genauso wie Berlin) sexy sein könnte. In diesem Zeichen standen dann die folgenden Diskussionen. Es ging um Fragen wie: Wie kann Kunst die Entwicklung der Stadt positiv beeinflussen? Welche Rolle soll die Stadtverwaltung in der Unterstützung des Kultursektors übernehmen? Und wie kann Prag seine Rolle als kulturelles Zentrum des Landes weiter verbessern?

Die Diskussionen oszillierten dabei zwischen zwei Verständnissen von Kultur. Einerseits war die Rede von Kultur als Ware und dem kommerziellen Wert von Kultur. Dabei ging es hauptsächlich um die Idee, dass Kultur Menschen anziehen und den Ort insbesondere für Touristen attraktiver machen kann. Dem wurde ein ganz anderes Verständnis von Kultur gegenübergestellt, vertreten zum Beispiel von dem polnischen Architekten und Theoretiker Krzysztof Nawratek:

Praga Caput Cultura  (Foto: Offizielle Facebook-Seite des Festivals Street for Art)
„Ich würde sagen, Kultur ist eine Sphäre oder ein Ort des Dialoges, wo über verschiedene Werte, verschiedene Sprachen, verschiedene Denkweisen diskutiert werden kann. Am Anfang ging es in der Podiumsdiskussion nur um Kultur als Ware, als etwas, das wir verkaufen können. Die Rede war vor allem von Tourismus oder von Anreizen für Investitionen, und ähnliches. Was dort gefehlt hat, war das Verständnis, dass es Bürger von Prag gibt, und diese Bürger sind das Wichtigste in dieser Diskussion, nicht etwa Tourismus und Investitionen von außen.“

Eine ähnliche Meinung vertritt auch der deutsche Architekt Benjamin Foerster-Baldenius:

Benjamin Foerster-Baldenius  (Foto: Archiv der Konferenz Praga Caput Cultura)
„Wenn ich selbst etwas an Kunst im öffentlichen Raum interessant finde, dann ist das eigentlich dieser Moment von Irritation, den Kunst erzeugt. Damit fängt Kunst auch an, Fragen zu stellen. Kunst macht den öffentlichen Raum so zu dem, was ihn meiner Meinung nach überhaupt erst öffentlich macht: Also zu einem Raum, in dem sich öffentliche Meinungen bilden, in dem Auseinandersetzungen stattfinden. Im klassischen griechischen Sinne ist der öffentliche Raum in der Polis - der Stadt - der Ort, an dem auch politische Entscheidungen getroffen werden. Das ist heutzutage total verloren gegangen. Im öffentlichen Raum wird nichts mehr entschieden. Entschieden wird irgendwo in geschlossenen Räumen, in Parlamenten, in Gerichten, in Chefetagen von irgendwelchen Firmen. Da werden Entscheidungen gefällt. Uns interessiert es, den öffentlichen Raum überhaupt erst öffentlich zu machen. Zu einem Raum, der nutzbar ist und der genutzt wird.“

Kunst kann also eine Öffentlichkeit herstellen, einen Raum, der dann für Diskussionen, auch solche, die über die Kunst hinausgehen, genutzt werden kann. Jiři Fajt, Direktor der Prager National Galerie, zeigte, dass die beiden Auffassungen von Kultur als Ware und als Bestandteil des demokratischen Raumes und der öffentlichen Diskussion sich nicht unbedingt gegenseitig ausschließen müssen. Er möchte in seiner Galerie und auch darüber hinaus einen solchen Raum für Diskussion schaffen:

„Es geht mir darum, wie die Nationalgalerie in den öffentlichen Raum hineindringen und welche Qualität dadurch entstehen kann. Es genügt, wenn man sich ein bisschen umschaut, in Österreich oder Deutschland: Ein Museum ist im 21. Jahrhundert nicht nur den Raum, wo Bilder und Statuen ausgestellt werden, sondern einen Raum für öffentliche Diskussion, eine Plattform um öffentliche Themen anzusprechen. Es geht darum, dass die Galerie als kritisches Museum betrachtet wird, in dem wir Möglichkeiten für solche Diskussionen kreieren und anbieten werden. Es muss selbstverständlich auch den Raum um das Museum herum, also den öffentlichen Raum betreffen, um dadurch die Gesellschaft zu kultivieren.“

Foto: Archiv des Festivals Street for Art
Mit Vorhaben wie diesem, ist Prag also auf dem besten Weg sexy zu werden.

Die Konferenz war Teil des Festivals Street for Art, das noch bis 24. September in Prag läuft. Weitere Programmpunkte sind eine Open-Air-Ausstellung, Konzerte, sowie Veranstaltungen, in denen die Bewohner des Bezirks ihre Geschichten erzählen.

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