Nicht zu laut und nicht zu lange: Straßenkünstler in Brünn geben sich eigenen Ethikkodex

Gerade in den Sommermonaten machen sie die Atmosphäre in einer Stadt oft angenehmer. Manchmal gehen Straßenkünstler den Anwohnern oder Passanten aber auch auf die Nerven. Um den goldenen Mittelweg zu finden, haben sich jene Musiker, die regelmäßig im Zentrum von Brno / Brünn auftreten, jetzt einen Ethikkodex gegeben.

„Dies ist einfach ein Lebensweg. Dafür muss man die mentale Einstellung haben und auch etwas können“, sagt Jozef Krajčovič, der in der Unterführung zum Brünner Hauptbahnhof auf seiner Klarinette spielt. Krajčovič war früher Berufsmusiker, aber seit etwa sieben Jahren findet er sein Publikum in den Straßen der südböhmischen Stadt:

„Ich mache das nicht, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Denn ich habe ja eine gute Rente. Vielmehr mache ich das aus Freude und gebe das Geld dann eher den Enkeln. Und auch wenn ich nur kostenlos spielen könnte, würde ich das jeden Tag für eine Stunde tun. Ich muss einfach.“

Busking ist das englische Wort, mit dem Straßenmusik mittlerweile auch hierzulande bezeichnet wird. Busker Krajčovič spielt an wechselnden Orten in der Stadt. So empfiehlt es auch der Ethikkodex, dessen Entwurf ein Zusammenschluss von Brünner Straßenkünstlern gerade der Stadtteilverwaltung des Bezirks Mitte vorgelegt hat. Weitere der insgesamt elf Punkte betreffen eine angemessene Lautstärke der Vorführung oder auch das Vermeiden von besonders vulgären Texten. Ebenso sollten Passanten dem Kodex nach nicht um Geld angebettelt werden.

Gesetzlich sei Straßenkunst in Brünn derzeit nicht reguliert, berichtet Mitautorin Tereza Kniežová:

„Brünn ist eine kleine Stadt. Es gibt kein Überangebot an Busking, etwa so wie in Prag, Mailand oder London. Unsere Community kann zusammenkommen und Absprachen untereinander treffen.“

Diese Freiheit war den Buskern in der Stadt nicht immer gegeben. 2010 hatte die sogenannte Antibettelvorschrift auch Musikern verboten, Geld für ihre Darbietungen einzusammeln. Nach massiven Protesten wurde diese nur einen Monat später wieder zurückgezogen.

Nun gab es in letzter Zeit aus dem Rathaus von Brünn-Mitte wieder Signale, öffentliche Auftritte regulieren zu wollen. Dem will der selbst auferlegte Ethikkodex zuvorkommen. Denn wie schwierig die Bedingungen in manch anderen Städten sind, weiß etwa der Student und Akkordeonspieler Jan Dlabáček aus eigener Erfahrung:

Illustrationsfoto: Jaroslav Mach,  Radio Prague International

„Überall sind die Vorschriften anders. In Brünn braucht man keine Erlaubnis. In Wien muss man sich aber zum Beispiel eine Bestätigung beim Amt abholen, damit man spielen darf. Ansonsten gibt es eine Strafe. Und in Prag ist es noch komplizierter.“

In der tschechischen Hauptstadt ist Straßenkunst an vielen Orten der Altstadt strikt verboten. Und dort, wo sie erlaubt ist, dürfen oft keine Verstärker oder lauten Instrumente benutzt werden. Angesichts solcher Vorschriften setze sie in Brünn lieber auf eine gemeinsame Absprache, betont Akkordeonspielerin Kniežová:

„Der bessere Weg ist für uns, die Kommunikation miteinander zu verbessern, damit es keine Regulierungen geben muss. Denn die Regeln werden in dieser Legislaturperiode von der einen Partei gemacht, in der nächsten von einer anderen. Dann können sich die Vorschriften auch wieder verschlechtern. Wir würden aber gern die Freiheit im Busking bewahren.“

Illustrationsfoto: Kychot,  CC BY-SA 3.0

Der Ethikkodex der Brünner Straßenkünstler wird derzeit von den Politikern und zuständigen Ämtern von Brünn-Mitte gesichtet und diskutiert. Einigt man sich auf seine Gültigkeit, soll das Dokument dann auch in andere Sprachen übersetzt werden, um durchreisende Straßenkünstler aus dem Ausland zu informieren. Denn Busking ist eine Leidenschaft, die viele Menschen weltweit verbindet. Und Student Dlabáček macht noch auf einen weiteren Vorteil aufmerksam:

„Es ist ein anderes Spielen als bei typischen Konzerten. Und gleichzeitig verdient man ziemlich gut. Als Sommereinkommen ist es super und auf jeden Fall besser als ein klassischer Ferienjob. Im Durchschnitt bringt es mir 350 bis 400 Kronen pro Stunde ein.“

Das sind etwa 14 bis 16 Euro und damit deutlich mehr, als der Mindestlohn hierzulande.

Autoren: Daniela Honigmann , Tomáš Kremr | Quelle: Český rozhlas
schlüsselwörter:
abspielen