Aus der Chemiefabrik ins Umweltressort: Minister Brabec
Die Partei Ano von Milliardär Andrej Babiš hat das Credo, keine Postenhuber sondern Fachleute an die Spitzen der Ministerien zu setzen. Richard Brabec leitete viele Jahre lang ein großes Chemieunternehmen und war in der Führung des entsprechenden Branchenverbandes tätig. Nun ist er Umweltminister. Ein Interessenskonflikt?
Als Minister ist Brabec ein Quereinsteiger. Denn seine berufliche Karriere führte ihn bisher kreuz und quer durch die Privatwirtschaft. Zuletzt leitete er von 2005 bis 2011 den Chemiebetrieb Lovochemie. Steht der Umweltminister nun in einem Interessenskonflikt? Diese Frage hat vor allem die Umweltverbände interessiert. Dazu Brabec:
„Ich habe mich bereits drei- oder viermal mit den wichtigsten Nichtregierungsorganisationen getroffen und wage zu behaupten, dass ich viele Vorbehalte bereits ausräumen konnte. Die Umweltschützer haben wohl verstanden, dass der Interessenskonflikt zwar dem Papier nach, aber nicht wirklich besteht.“Brabec sagt auch, es sei naiv zu glauben, dass der Manager eines Chemiebetriebes entzückt sei, wenn die Natur verschandelt würde.
Umweltverbände wollen indes den neuen Minister nicht nur an seinen Worten messen. Daniel Vondrouš vertritt den „Zelený kruh“ (Grüner Kreis), einen Zusammenschluss mehrerer Verbände:„Wir sehen ein gewisses Handicap des Ministers darin, dass er früher Interessen vertreten hat, die mit dem Umweltschutz direkt im Widerspruch standen. Wir werden vor allem in einem Punkt beurteilen können, wie er sich macht - und zwar im Umgang mit dem Schadstoffregister. Die Chemieindustrie will einige Substanzen, die sie in die Umwelt ablässt, aus dem Register nehmen und so vor der Öffentlichkeit verheimlichen. Wir werden sehen, wie sich Minister Brabec dazu stellen wird.“
Das Schadstoffregister gehört indes nicht gerade zu den dringlichsten Aufgaben, die vor Richard Brabec liegen. Ganz oben auf der Agenda steht – wie auch bei Finanzminister und Ano-Parteichef Babiš – das Ausschöpfen von Geldern der EU. Laut neuesten Zahlen ist Tschechien für den Zeitraum 2007 bis 2012 unter den ehemals 27 EU-Mitgliedern das Schlusslicht – mit dem Umweltressort als unrühmlichem Beispiel:„Wir gelten mittlerweile als Schwerenöter, die gerne anderen raten, aber ungern Vorgaben erfüllen. Eine der ersten Aufgaben wird daher sein, unseren Ruf in Brüssel zu verbessern“, so Brabec.
Nichtsdestotrotz haben die Europäische Union und Tschechien beispielsweise unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie in Zukunft die Umweltverträglichkeitsprüfungen in Europa aussehen sollen.Weitere wichtige Aufgaben für den Umweltminister sind der Kampf gegen die extremen Smoglagen im Mährisch-Schlesischen Kreis. Und er muss dringend in den Disput um den Nationalpark Böhmerwald eingreifen. Gestritten wird über den Umgang mit dem Borkenkäfer und allgemein über die Frage, wie sehr in den strengen Schutzzonen in die Natur eingegriffen werden sollte.