Der letzte tschechische Impressionist: Ludvík Kuba
Zum 150. Geburtstag von Ludvík Kuba präsentiert die Nationalgalerie in Prag eine zusammenfassende Ausstellung seiner Werke. Sie heißt Ludvík Kuba - der letzte tschechische Impressionist. Kuba hat ein umfangreiches Werk als Maler hinterlassen, er war aber auch ein bedeutender Folklorist, Schriftsteller und Sammler von chinesischer Kunst.
Die Nationalgalerie in Prag hat nun aus Anlass seines 150. Geburtstags eine Ausstellung vorbereitet. Die Exponate wurden aus zahlreichen Privatsammlungen zusammengetragen und stellen einen Querschnitt seines Schaffens vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die 1950er Jahre dar. Kuratorin der Ausstellung ist Veronika Hulíková:
„Ludvík Kuba hat das unglaubliche Alter von 93 Jahren erreicht. Er ist daher ein Maler, dessen Schaffen über zwei Jahrhunderte reichte. Der Ausgangspunkt dieses Schaffens lag tief im 19. Jahrhundert und sein Weg zur Malerei war lang und kompliziert. Zunächst sollte er Lehrer werden. Daneben interessierte er sich leidenschaftlich für slawische Lieder, das komplizierte aber seinen Weg zur bildenden Kunst. Kuba sammelte die Lieder und gab sie in einem Sammlungsband heraus.“Der Folklorist Ludvík Kuba reiste Ende des 19. Jahrhunderts durch die Slowakei, die Lausitz, Galizien, Russland, die Ukraine, Slawonien, Kroatien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina und durch weitere Länder. Er besuchte fast alle slawischen Völker, um deren Lieder, Tänze, Musikinstrumente sowie Sitten und Bräuche zu studieren und dokumentarisch zu beschreiben. Jahrzehnte lang dauerte die dokumentarische Arbeit, das Ergebnis ist sein größtes Werk: „Der Slawen Lieder“ ist eine 15 Bände umfassende Sammlung. Wie aber kam er zur bildenden Kunst? Veronika Hulíková:
„Erst im Jahr 1893 traf Kuba die Entscheidung, sich vollständig der Malerei zu widmen. Er fuhr in das damalige Zentrum der künstlerischen Welt, nach Paris. Dort studierte Kuba zwei Jahre lang an der privaten Académie Julian. Das reichte ihm aber noch nicht, und daher begab er sich danach nach München.“Erst sein Aufenthalt in München war für die künstlerische Entwicklung des Malers von grundlegender Bedeutung:
„In Paris konzentrierte er sich auf die Zeichnung und Malerei im Atelier. Das war Grundlage des Unterrichts an der Akademie. Er schuf auch ein paar Zeichnungen und Ölgemälde außerhalb des Übungsateliers, in der Umgebung von Paris. Paradoxerweise inspirierte ihn Paris aber nicht so stark wie andere Maler aus Böhmen, etwa Marold und Lebeda. Das Ergebnis seiner Pariser Jahre war ein wenig enttäuschend. Kuba wurde erst in München zum wirklichen Maler. Dort studierte er in den Jahren 1896–1904 an der privaten Malschule des slowenischen Malers Anton Ažbe. In München kam es dann zu einem bedeutenden Treffen mit einer Gruppe russischer Studenten, unter anderem Alexej Jawlensky, Wassily Kandinsky und Marianne von Werefkin. Da Kuba Russisch sprach, knüpfte er enge Freundschaftsbeziehungen und verbrachte viel Zeit mit ihnen. Auch dank dieser Maler machte sein Stil damals großen Fortschritt.“
Mit den Werken aus seiner Münchner Zeit wird die Ausstellung in Prag eröffnet. Doch für Kuba war auch München nur eine Zwischenstation:„Er zog danach nach Wien weiter. Dort wollte er überprüfen, ob er mit dem, was er gelernt hatte, auch außerhalb Böhmens erfolgreich sein könnte. Er wurde zum Mitglied und Geschäftsführer des Wiener Künstlervereins ‚Hagenbund’ und nahm regelmäßig an dessen Ausstellungen teil. Bei den Wiener Kritikern erntete er Lob und außerdem gelang es ihm, seine Werke in Wien auch zu verkaufen. Daneben lebte er dort auch ziemlich erfolgreich als Porträtist.“
Im Jahr 1911 kehrte Ludvík Kuba nach Tschechien zurück. Nach dem Ersten Weltkrieg nahm er seine Arbeit als Herausgeber slawischer Lieder wieder auf und unternahm erneut zahlreiche Reisen. Diesmal hat er aber nicht nur Lieder gesammelt, sondern auch gemalt. Auf zahlreichen Gemälden stellte er die langsam verschwindende Kultur der Slawen dar – Trachten, Architektur und lokale Traditionen. Er veröffentliche auch zahlreiche Reisebeschreibungen und ethnografische Aufsätze, die er mit kleinen Zeichnungen und Aquarellbildern ergänzte. Im Jahr 1929, also 45 Jahre nach Beginn seiner dokumentarischen Arbeit, konnte Kuba die Sammlung der Slawenlieder vollenden. Danach widmete er sich wieder intensiv der Malerei. Die Rezeption hierzulande sei allerdings nach seiner Rückkehr aus dem Ausland nicht ganz einfach gewesen, sagt Veronika Hulíková von der Nationalgalerie:„Kuba kam 1911 in eine völlig andere Situation zurück als vor seinem Weggang nach München. Er hat zwar die Kontakte nie ganz abgebrochen und auch während seiner Münchner und Wiener Jahre in Prag ausgestellt. Dennoch wurde Kuba von der Malerszene eher als ein malender Musiker aufgenommen, also als jemand, der sich nur am Rande der Malerei widmet. Es dauerte daher relativ lange, bis es ihm gelang, sich einen Platz zu erkämpfen. Erst im Jahr 1933, an seinem 70. Geburtstag, fand er offizielle Anerkennung als Maler, nachdem aus diesem Anlass mehrere Ausstellungen stattgefunden waren.“ Auf Kubas Gemälden kam vor allem der impressionistische Stil zur Geltung. Die Farben auf den Bildern müssen strahlen, das Bild müsse aus Farben nicht gemischt, sondern gewoben werden, war seine Überzeugung. Die Kuratorin beschreibt die Themen, denen er sich in seinem Schaffen widmete.„Seit seinem Aufenthalt in Wien waren Szenen aus dem Familienleben lange Zeit sein Hauptthema. Im Jahr 1904 kam sein Sohn Ludvík Mario zur Welt, das hatte ihn inspiriert. Weiter malte er Gärten, und zwar in Březnice, wo die Eltern seiner Ehefrau wohnten. Kuba und seine Familie hielten sich dort jeden Sommer auf. Er war auch Landschaftsmaler und malte in seiner Geburtstadt Poděbrady / Podiebrad und in der Umgebung von Český Krumlov / Krumau. Außerdem schuf er zahlreiche Stillleben, insbesondere in den 1930er und 1940er Jahren. In jener Zeit kehrte er aber auch wieder zu den Gärten zurück.“
Veronika Hulíková hebt noch einen Bereich hervor:„Das Selbstportrait ist ein weiterer umfangreicher Bereich im Schaffen von Kuba. Er widmete sich diesem Genre vom Ende der 1890er Jahre bis zu seinem Tod im Jahr 1956. Es scheint, dass ihm dieses Thema ermöglichte, seinen Stil als Maler völlig frei zu entwickeln. Es war für ihn ein Raum für seine Malexperimente.“
Auch dreißig Jahre nach seinen ersten Gartendarstellungen zeigen die Gemälde Kubas eine große Energie und Leichtigkeit bei der Pinselarbeit. Die impressionistische Methode und der Einsatz von Farbenflecken und Tupfen wurden im Laufe der Zeit immer freier. In seiner letzten Schaffensperiode, das heißt in den 1940er und 1950er Jahren hat sich sein Stil aber nicht mehr wesentlich verändert. Kuba hat die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs nur schwer ertragen. Paradoxerweise wurde ihm aber eben in den Kriegsjahren immer mehr Aufmerksamkeit gewidmet und seine Werke waren auf dem Kunstmarkt sehr gefragt. Im November 1945 verlieh die neue tschechoslowakische Regierung Kuba als erstem Maler überhaupt den Titel „Nationalkünstler“. Kuba schuf seine letzten Werke im Jahr 1955, ein Jahr später starb er im Alter von 93 Jahren.
Die Ausstellung „Ludvík Kuba – der letzte Impressionist“ ist im Palais Salm auf dem Prager Hradschin noch bis zum 6. April 2014 zu sehen. Ergänzend dazu hat die Nationalgalerie eine umfangreiche Monographie herausgegeben, sie steht auf Tschechisch mit einer englischen Zusammenfassung zur Verfügung.