Klaviere von Petrof: mit rundem Honigklang
Die Musikinstrumente der Marke Petrof erklingen in renommierten Konzertsälen, in Rundfunkstudio und Opernhäusern auf der ganzen Welt– wie beispielsweise in der Mailänder La Scala oder in der Oper in Sydney. Daneben haben auch mehrere namhafte Musiker einen Petrof-Flügel zu Hause. Die Firma Petrof hat ihren Sitz im ostböhmischen Hradec Králové / Königgrätz und nächstes Jahr wird sie ihren 150. Gründungstag feiern. Aus diesem Anlass hat die Firma vor kurzem ein Museum eröffnet.
„Wir wollen mit der Eröffnung des Museums unseren Vorfahren Marie und Antonín Petrof danken –– denn sie verdienen es.“
Ivana Petrofová und ihre Schwester Zuzana Ceralová-Petrofová gehören schon zur fünften Generation im Familienunternehmen. Beim Eingang ins Museum sind auf einer Zeitachse die wichtigsten Momente in der Geschichte der Firma dargestellt. Die Museumsleiterin:
„Unser Ururgroßvater Antonín Petrof war Gründer der Firma: 1864 hat er das erste Klavier gebaut. Das Handwerk hat er in Wien bei seinem Onkel gelernt, dem Klavierhersteller Heitzmann. Antoníns Vater Jan hatte eine Tischlerwerkstatt in Hradec Králové, wo Möbel repariert wurden. Die Werkstatt befand sich in einem Haus gegenüber der Heiligen-Geist-Kathedrale. In Wien hat der Ururgroßvater sieben Jahre lang bei verschiedenen Klavierherstellern auch gelernt, wie eine Firma geleitet wird. Nach seiner Rückkehr nach Böhmen verwandelte er die Tischlerwerkstatt seines Vaters in eine Klavierwerkstatt. Klaviere waren damals sehr gefragt. 1874 kaufte das Ehepaar Petrof ein Grundstück am Stadtrand, wohin die Klavierproduktion verlegt wurde. Auf diesem Grundstück hat Firma Petrof bis heute ihren Sitz. Die Firma blühte bald auf und 1880 wurde eine Zweigstelle in Temesvar in Ungarn gegründet.“
Einen wichtigen Wendepunkt für Petrof stellte das Jahr 1899 dar. Antonín Petrof wurde von Kaiser Franz Josef zum k. u. k. Hoflieferanten ernannt wurde. Zudem wurde ihm der Titel eines geheimen Hofrats verliehen. 1914 feierte die Firma ihr 50. Jubiläum. Damals wurde das 30.000. Pianino der Marke Petrof gebaut, es war für den Thronfolger Franz Ferdinand bestimmt. Er konnte sich aber nur 14 Tage darüber freuen, denn er starb ja am 28. Juni 1914 beim Attentat in Sarajewo. Antonín Petrof starb ein Jahr später und die Geschäftsführung übernahm sein Sohn Vladimír. Ivana Petrofová hat ihn noch als Kind erlebt:„An die zweite Generation der Petrof-Hersteller erinnere ich mich noch, konkret an meinen Großonkel Vladimír. Er hat uns immer am Sonntag besucht. Im Alter von 93 Jahren ist er dann gestorben. Mit seinen zwei Brüdern Antonín und Jan hat er sich bemüht, die Firma zu erweitern. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden in der Fabrik Pianinos, Harmonien und Konzertflügel gebaut. 1934 wurden auf der Weltausstellung in Brüssel die Petrof-Klaviere mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Und bei runden Jubiläen wurden bei Petrof immer einzigartige Musikinstrumente mit einem speziellen Design gebaut, die einen besonders reichen Klang hatten.“ Nachdem die Kommunisten 1948 die Macht in der Tschechoslowakei ergriffen hatten, wurde auch die Firma Petrof verstaatlicht. Der Familie wurde sämtliches Eigentum abgenommen. Niemand aus der Familie Petrof durfte die Fabrik betreten. Ivana Petrofová erinnert sich an ihren Großvater Dimitrij.„Das war eine sehr schwere Zeit für unseren Großvater sowie für die ganze Familie. Opa ist dann im Mai 1989, also ein halbes Jahr vor dem Zusammenbruch des Kommunismus, gestorben. Erst nach der Samtenen Revolution war es möglich, die Firma wieder zu privatisieren. Mein Vater hat 1991 das erste Gesuch vorgelegt, nach etwa sieben Jahren gelang es ihm, die Firma zu reprivatisieren. Vom Staat hat er nur vier Prozent zurückbekommen. Den Rest musste die Familie wieder kaufen. Meine Schwester und ich sind nun schon die fünfte Generation. Meine Schwester leitet die Firma, und ich kann sagen, dass sie das sehr erfolgreich macht.“
Das kommunistische Regime hat der Familie Petrof viel Unrecht angetan. Das Unternehmen hat sich aber wieder erholt. Heute werden Klaviere von Petrof wieder in 60 Länder der Welt exportiert. Ivana Petrofová lobt vor allem ihre Mitarbeiter:„Wir haben das große Glück, dass bei uns bereits einige Generationen von guten Handwerkern und Facharbeitern tätig sind. Dies schätze ich sehr. Man sieht, dass ihnen der Klavierbau viel Spaß macht. Die Begabung dazu wird in den Familien vererbt.“
Der Bau eines Klaviers dauert Monate. Ein Konzertflügel braucht etwa acht Monate, ein Pianino sechs Monate. Den Klang eines Petrof erkenne man weltweit, sagt die Museumsleiterin
„Charakteristisch ist ein runder, ein weicher Honigklang. Dadurch unterscheidet sich das Instrument von Instrumenten, die anders gestimmt sind.“Im Museum sind etwa 20 Musikinstrumente zu sehen, einschließlich der ältesten Klaviere und einiger Raritäten aus der Produktion der Firma Petrof. Die ältesten Flügel stammen aus den 1880er Jahren, das älteste Pianino aus dem Jahr 1882, sagt Vít Prousek. Er führt die Besucher durch das neue Museum:
„In diesem Saal sind Harmonien ausgestellt. Das Harmonium gehört zu den Balginstrumenten, es klingt ähnlich wie eine Orgel. Zu sehen sind hier ganze Serien von Harmonien, die die Firma im Laufe ihrer Geschichte herstellte. Die kleineren Harmonien waren für den indischen Markt bestimmt. Eine Rarität in diesem Saal ist das Pianola von Anfang des 20. Jahrhunderts. Es ist eine Selbstspielapparatur. Durch Lochstreifen aus Papier, die so genannten Klavierrollen, wurden fertige Kompositionen auf der Tastatur wiedergegeben. Dieses Pianola wurde in den Jahren 2003 bis 2004 anlässlich des 140. Jubiläums der Firma Petrof repariert. Vorige Woche besuchte ein älterer Herr das Museum. Er hat sich gefreut, als er ein Pianola hier gesehen hat, denn er erinnerte sich daran, dass ein solches Pianola in einer Metzgerei in Hradec Králové stand. Das Pianola ersetzte damals das Radio. Vielleicht hat die musikalische Begleitung den Verkauf von Leberwürsten positiv beeinflusst.“ Die Führung durch das Museum Petrof werden wir in der nächsten Ausgabe des „Reiseland Tschechien“ fortsetzen. Das Museum ist jeden Dienstag und Donnerstag sowie am Samstag in ungeraden Kalenderwochen von 9 bis 16 Uhr geöffnet. Es ist auch möglich, sich den Klavierbau direkt in der Fabrik anzuschauen. Dafür ist jedoch eine Voranmeldung notwendig.