Nach Vertrauensvotum: Finanzminister glaubt an ursprünglichen Haushaltsplan
Der tschechische Premier Petr Nečas ist am drohenden Sturz seiner Regierung vorbeigeschrammt. Letztlich stimmte durch Personalrochaden sogar eine absolute Mehrheit der Parlamentarier im Abgeordnetenhaus für ein umstrittenes Paket von Steuererhöhungen. Wegen der in letzter Zeit unsicheren Loyalität auf den Regierungsbänken hatte Nečas die Abstimmung mit der Vertrauensfrage verknüpft.
„Ich bin froh, dass wir alles überstanden und die Kurve gekriegt haben. Ich muss aber eingestehen, dass dies nicht sonderlich elegant war.“
Nicht elegant, weil sich in Nečas´ eigener Demokratischen Bürgerpartei (ODS) sechs Abgeordnete quergestellt hatten. Einer trat aus der Partei aus, drei legten ihr Mandat nieder und machten Platz für Nachrücker, und nur zwei ließen sich umstimmen. Kritisiert hatten die ODS-Rebellen vor allem die Erhöhung der beiden Sätze der Mehrwertsteuer um jeweils einen Prozentpunkt. Daneben wandten sie sich auch gegen die gesonderte Besteuerung von Monatseinkommen über 100.000 Kronen (4000 Euro), den so genannten Solidarbeitrag. Beides konnte die Regierung nun durchsetzen sowie geringere Freibeträge für Ehepartner und arbeitende Rentner.
Die sozialdemokratische Opposition will im Senat mit ihrer Mehrheit das Steuerpaket ablehnen. Doch angesichts der neu gefundenen absoluten Mehrheit in den Regierungsbänken dürfte dies nur aufschiebende Wirkung haben. Finanzminister Miroslav Kalousek dachte angesichts der 101 Stimmen für das Steuerpaket auch bereits an den Haushalt für 2013:„Diese Zahl gewährt die erforderliche Mehrheit für die Überstimmung des Senats. Sie macht es mir zudem möglich, nun erneut den ursprünglichen Haushaltsentwurf ins Abgeordnetenhaus einzubringen. Dieser Entwurf enthält sowohl Sparvorhaben, als auch wirtschaftsfördernde Maßnahmen wie zum Beispiel die Unterstützung von Wissenschaft und Forschung.“
Die Unterstützung von Wissenschaft und Forschung hatte zur Streichmaße gehört, die bei einem Scheitern des Steuerpakets aus dem Haushalt geflogen wäre. Nun kann die Regierung 16,5 Milliarden Kronen (660 Millionen Euro) zusätzliche Einnahmen gegenüber diesem Jahr einplanen. Dafür langt sie erneut in die Taschen der tschechischen Verbraucher. 186 Kronen (knapp 7,50 Euro) wird eine Familie im kommenden Jahr im Monat mehr ausgeben müssen, wie Wirtschaftsanalysten berechnet haben. Die sozialdemokratische Opposition kritisiert, die Belastungen seien sozial unausgewogen. Und außerdem kämen sie im falschen Moment:„Das Teuerungspaket, das die Regierungskoalition im Abgeordnetenhaus durchgedrückt hat, wird die Wirtschaftslage noch weiter verschlimmern“, sagte der sozialdemokratische Parteichef Bohuslav Sobotka am Mittwoch nach der Abstimmung.Tatsächlich herrscht bereits seit über einem Jahr eine Rezession in Tschechien. Zwar sind die Einbrüche je Quartal nicht sonderlich dramatisch. Doch zusammengenommen ist es nicht wenig: Knapp fünf Prozent seiner Wirtschaftskraft hat Tschechien seitdem bereits eingebüßt, geht aus Rechnungen des Finanzministeriums hervor. Während die Einbrüche am Anfang noch eine Folge der Finanzkrise waren, sind sich die Fachleute einig, dass mittlerweile die tschechische Wirtschaft vor allem unter dem Sparkurs der Regierung leidet. Ausgerechnet am Mittwoch wurde diese Sicht auch von der Europäischen Kommission unterstützt. Sie stufte deswegen ihre Wirtschaftsprognose für Tschechien deutlich hinunter.