Hartes Jahr für Arbeitnehmer: 2012 sollen Löhne kaum steigen und Entlassungen drohen

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Die Erschütterungen der letzten Jahre – angefangen mit der Bankenkrise bis hin zur Schuldenkrise in der Eurozone – haben die tschechische Politik und Wirtschaft sensibilisiert. Am Montag verkündete die Regierung, wegen ausbleibenden Wirtschaftswachstums für dieses und das nächste Jahr Haushaltseinsparungen in Milliardenhöhe vorzunehmen. In der Wirtschaft wiederum will einer Umfrage zufolge jede elfte Firma in diesem Jahr Arbeitnehmer entlassen. Und die von den Beschäftigten erhofften Lohnerhöhungen wird es wohl auch nicht geben.

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Nach der Umfrage der Personalagentur Manpower sieht es nicht ganz so düster aus, wie vermutet. 85 Prozent der tschechischen Unternehmen behaupten jedenfalls, dass es bei ihnen in diesem Jahr keine Entlassungen geben wird. Dafür aber werde es im Lohnbereich zu keinen nennenswerten Verbesserungen kommen, auch wenn die Gewerkschaften ganz andere Vorstellungen haben:

„Die Forderung der Gewerkschaften ist, dass die Reallöhne zumindest auf dem Niveau des Vorjahres gehalten werden. Das heißt, sie sollten wenigstens in Höhe der Inflation ansteigen, was zirka drei Prozent entspricht“, sagt Ladislav Sladký, der Vorsitzende des Gewerkschaftsverbandes der Firma Vítkovice a.s., einer Eisenhütte im mährischen Ostrava / Ostrau.

Die Beschäftigten der Stahlwerke Arcelor Mittal Ostrava hätten indes noch weiterreichende Forderungen, bemerkt der dortige Gewerkschaftsführer Vítězslav Prak:

Vítězslav Prak  (Foto: Archiv Arcelor Mittal)
„Wir wollen, dass die Reallöhne nicht nur erhalten, sondern um einiges erhöht werden. Ganz einfach deshalb, weil uns in den zurückliegenden Monaten mehr als 700 Arbeitnehmer verlassen haben, und diejenigen, die bleiben durften, müssen jetzt deren Arbeit mit erledigen.“

Diese Vorstellungen aber seien gegenwärtig unrealistisch, wiegeln die Arbeitgeber ab. Aufgrund der Teuerungen bei Kraftstoff, Strom sowie der zu Jahresbeginn erhöhten Mehrwertsteuer hätten sich auch ihre Kosten erhöht. Zudem mache es die momentan schwierige wirtschaftliche Lage erforderlich, die Preise möglichst niedrig zu halten, lauten ihre Argumente. Von daher hat der Personaldirektor der Firma Vítkovice a.s., Martin Lehocký, für seine Beschäftigten nur diese Botschaft parat:

„Wir werden jetzt natürlich Vorsicht walten lassen und können die geforderten Lohnsteigerungen nicht garantieren.“

Selbst in der Automobilbranche, in der im vorigen Jahr noch Lohnerhöhungen von bis zu 16 Prozent ausgehandelt wurden, wird man in diesem Jahr wesentlich verhaltener agieren. Der Direktor des Verbandes für Autoindustrie, Antonín Šípek, nennt den wichtigsten Grund:

„Es ist notwendig, sehr behutsam vorzugehen, damit die Vorteile gegenüber der Konkurrenz, die unsere Autounternehmen derzeit so wettbewerbsfähig machen, nicht gefährdet werden.“

Angesichts der sehr guten Verkaufszahlen, die die hierzulande produzierenden Autofirmen im vergangenen Jahr hatten, erscheint diese Vorsicht jedoch etwas übertrieben. Und auch der Präsident des zentralen Arbeitgeber-Verbandes in Tschechien (SP ČR), Jaroslav Hanák, stellt einem Unternehmen ein besonders gutes Zeugnis aus:

„Es ist notwendig zu sagen, dass Škoda das größte Zugpferd der tschechischen Wirtschaft ist. 2011 war das bisher erfolgreichste Jahr für die Automarke, und auch in diesem Jahr sind die Prognosen der Top-Manager des Unternehmens wieder sehr optimistisch.“

Die guten Ergebnisse hat Škoda im vergangenen Jahr dann auch mit einem satten Zuwachs in der Lohntüte honoriert. Der Autohersteller aus Mladá Boleslav schüttete acht Prozent mehr Lohn aus als im Jahr 2010. Der südkoreanische Produzent Hyundai erhöhte die Löhne der Beschäftigten in seinem Werk im schlesischen Nošovice sogar um 16 Prozent. Lediglich TPCA, das japanisch-französische Konsortium der Marken Toyota, Peugeot und Citroen, blieb mit drei Prozent ziemlich bescheiden. Eine solche Bescheidenheit aber mahnt Arbeitgeber-Verbandspräsident Hanák jetzt auch bei den Gewerkschaftern von Škoda an:

Škoda-Werk
„Sieben Prozent sind natürlich eine extrem hohe Forderung, die die Gewerkschaftsbosse von Škoda zum Start der Tarifverhandlungen auf den Tisch gelegt haben. Auf der anderen Seite habe ich die Medienberichte der letzten Tage ziemlich genau verfolgt, und da gab es auch die Nachricht, dass sich der Gewinn bei Škoda im vergangenen Jahr erheblich erhöht hat. Aus diesem Grund beabsichtige die Firmenleitung von Škoda, einen Teil der Gewinne auch auf die Löhne der Arbeitnehmer umzulegen. Ich betone jedoch noch einmal, es ist eine Absichtserklärung.“

Nichtsdestotrotz ist Hanák der Überzeugung, dass Unternehmen in Wirtschaftszweigen, die eine gute und stabile Auftragslage haben, auch in diesem Jahr mit dem Geld nicht knausern werden:

„Es gibt Wirtschaftszweige, in denen es anhand der Umfrage, die wir gemeinsam mit der Zentralbank durchgeführt haben, nicht schlecht aussieht. Einige Branchen sehen sogar recht optimistisch in die nähere Zukunft wie die Automobilindustrie, die chemische Industrie, die Elektrotechnik und der Maschinenbau. Aber es gibt auch Branchen, die ihre Situation sehr pessimistisch sehen, und zu ihnen gehört das Bauwesen.“

Es ist also auch in diesem Jahr wieder damit zu rechnen, dass Firmen, die in einer schwierigen Lage stecken, Beschäftigte entlassen müssen. Bei der Lösung der anfallenden Probleme auf dem Arbeitsmarkt aber hat Hanák volles Vertrauen in das Management der meisten Firmen:

„Wir haben in den Krisen der Jahre 2008 und 2009 unter Beweis gestellt, dass wir hierzulande eine Vielzahl von Eigentümern und Managern mit Top-Niveau haben. In jenen Jahren haben sie sich sehr gut orientiert, indem sie die Produktion vorübergehend gedrosselt, die Ausgaben auf das Nötigste begrenzt und damit auch sehr gute Arbeitskräfte vor der Erwerbslosigkeit gerettet haben. Jetzt nähert sich eine weitere Entlassungswelle. Ich denke aber, dass die Länder der Eurozone dabei wohl etwas schlechter dran sein werden als wir hier in der Tschechischen Republik, auch wenn wir als Exportnation von ihnen äußerst abhängig sind.“

Deshalb macht Hanák abschließend auch keinen Hehl daraus, dass bei allen Herausforderungen, der sich die tschechische Wirtschaft in diesem Jahr zu stellen hat, eine Aufgabe an vorderer Stelle steht:

„Das Wertvollste, was wir haben, sind qualifizierte Arbeitskräfte. Und diesen Schatz gilt es unbedingt zu bewahren.“

Gestärkt durch die Erfahrungen, die sie aus der Bewältigung der Krisen von vor drei, vier Jahren gezogen haben, wollen die tschechischen Arbeitgeber im konstruktiven Zusammenspiel mit den Gewerkschaften also auch diesmal die Klippen der aktuellen Wirtschaftslage gut umschiffen.