Tschechische Archäologen entdecken alten Tempel im Sudan
Die Wiederentdeckung eines lang verschollenen, 2000 Jahre alten Tempels: Das ist der größte Erfolg der jüngsten Expedition tschechischer Archäologen in den Sudan. Die Tempelruinen waren Anfang des 19. Jahrhunderts noch zu sehen, danach verschwanden sie jedoch im Wüstensand.
„Unsere dritte Forschungssaison hat uns zu zahlreichen bedeutenden Entdeckungen geführt. Wir haben den so genannten Östlichen Tempel in Wad ban Naga erforscht, der vor 50 Jahren von unseren sudanischen Kollegen entdeckt wurde. Und danach haben wir das Gebiet erforscht, auf dem das so genannte Typhonium liegt: Dies ist ein Tempelkomplex, dessen Existenz in Bildern und Berichten von europäischen Reisenden belegt ist, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Ruinenstätte besucht hatten.“
Das Typhonium stammt aus der Zeit des Königreichs von Meroe, das im dritten Jahrhundert vor Christus entstanden war. Die tschechischen Archäologen haben nicht nur die Ruinen, sondern auch einige Gegenstände gefunden – einen Siegelring, eine Statuette des ursprünglich ägyptischen Gottes Osiris, einen Stein mit meroitischen Hieroglyphen und einige Sandsteinblöcke.„Der Baukomplex, den wir entdeckt haben, ist sehr umfangreich. Seine Maße betragen 40 auf 50 Meter. Das ist im Vergleich mit anderen Bauten an diesem Ort, aber auch mit anderen Bauten aus dem Königreich von Meroe eindeutig einer der größten Tempelkomplexe, die man kennt.“
Der Tempel, der vor etwa 2000 Jahren erbaut wurde, befand sich unter einer etwa 15 Zentimeter dicken Sandschicht. Er steht am Ort des früheren Arabikeleb. Dies war eine der größten Städte im altertümlichen Nubien, in ihrer Blütezeit hatte sie bis zu 25.000 Einwohner.„Es war bereits belegt, dass seit Ende des 4. Jahrhunderts vor Christus an diesem Ort eine Stadt gestanden hat. Unsere jüngste archäologische Expedition hat nun bestätigt, dass der Ort mindestens eintausend Jahre lang besiedelt war, das heißt während der gesamten Zeit des Königreichs von Meroe. Das Königreich befand sich am mittleren Nil und bestand zwischen dem dritten Jahrhundert vor Christus und dem vierten Jahrhundert nach Christus.“
Die tschechischen Archäologen haben ihre Tätigkeit im Sudan nicht nur auf die archäologische Forschung beschränkt, sondern auch Beziehungen zu den dortigen Einwohnern geknüpft. Da es kein Trinkwasser in Wad ban Naga gibt, und die Menschen vor Ort auf Nil-Wasser angewiesen sind, ist geplant, eine Wasserkläranlage zu bauen. Ein Plan zur Bohrung eines Brunnens scheiterte hingegen.
„Die Bodenbeschaffenheit ermöglicht nicht, einen Brunnen zu bohren. Deswegen wollen wir das Projekt ändern und statt des Brunnens eine Wasserkläranlage errichten. Der Plan wird sicher im Laufe des Jahres 2012 realisiert.“Noch im Februar kehren die tschechischen Experten in den Sudan zurück. Sie wollen sich dann vor allem um die Eintragung von Wad ban Naga in die Unesco-Weltkulturerbeliste kümmern.
Die Tätigkeit von tschechischen Archäologen im Sudan hat im Übrigen eine lange Tradition. Schon in den 1960er Jahren haben sich das Nationalmuseum und das Tschechoslowakische Ägyptologische Institut der Karlsuniversität in Prag an der Rettung von nubischen Denkmälern beteiligt.