Ein vielsagendes Skelett: In Südmähren wurde ein Langobarden-Kämpfer gefunden

Skelett eines Langobarden-Kämpfers

Am Fuße der Hügellandschaft Pavlovské vrchy / Pollauer Berge in Südmähren haben Forscher das Skelett eines Langobarden ausgegraben. Aber warum ist der Fund so beeindruckend und wie sieht die archäologische Forschung vor Ort aus?

Skelett eines Langobarden-Kämpfers | Foto: Zuzana Loskotová,  Archäologisches Institut der tschechischen Akademie der Wissenschaften

Das Skelett des Langobarden-Kämpfers ist vor allem wegen seines guten Zustands bemerkenswert. Da die Gräber zur Zeit der Völkerwanderung oft ausgeraubt wurden, sei das keine Selbstverständlichkeit, sagt die Archäologin Zuzana Loskotová von der Akademie der Wissenschaften:

„Sehr oft wurden die Gräber kurz nach der Beisetzung gewaltsam geöffnet. Das Skelett befindet sich dann nicht mehr in der ursprünglichen Position. Die Knochen sind durcheinandergebracht und deshalb ist das Material in diesen Fällen schlechter erhalten“, so Zuzana Loskotová, die die Ausgrabungen in Südmähren leitet.

Der germanische Stamm der Langobarden durchwanderte im vierten und fünften Jahrhundert nach Christus Böhmen und Mähren. Im sechsten Jahrhundert vertrieben sie einen anderen ostgermanischen Stamm aus Südmähren.

Talsperre Nové Mlýny | Foto: Barbora Němcová,  Radio Prague International

Dort, an der Grenze zum heutigen Österreich, kam es nun auch zum Fund des jungen männlichen Kämpfers. Er wurde mit seinen zwei Hunden, seiner Lanze und Zaumzeug beigesetzt. Das Skelett des Mannes ist jedoch bei weitem nicht das einzige, das bisher am Südufer der Talsperre Nové Mlýny gefunden wurde. Seit mehreren Jahren untersuchen Archäologen dort die germanische Grabstätte, die als die wichtigste der Zeit der Völkerwanderung auf dem Gebiet des heutigen Tschechiens gilt. Bisher wurden 76 Gräber erforscht. Wie viele Gräber sich hier an dem Ort in der Nähe von Břeclav / Lundenburg tatsächlich befänden, könne man derzeit noch nicht mit Sicherheit sagen.

„Wir werden erst in einiger Zeit sehen, welchen Umfang diese Grabstätte wirklich hat“, sagt Zuzana Loskotová. „Derzeit gehen wir von 250 Gräbern aus. Das ist eine Schätzung, zu der wir mittels zerstörungsfreier Methoden gekommen sind. Das heißt, wir haben Luftbilder angefertigt und geophysikalische Untersuchungen angestellt. Die tatsächliche Zahl der Gräber kann aber höher sein, falls wir neue Teile der Anlage entdecken oder einige Gräber, die bisher nicht identifizierbar waren,“ so die Archäologin.

Foto: Zuzana Loskotová,  Archäologisches Institut der tschechischen Akademie der Wissenschaften

Das Geschlecht des nun gefundenen Mannes haben die Forscher mittels einer DNA-Analyse bestimmt. Das Team von Zuzana Loskotová setzt bei der Untersuchung der Grabstätten aber noch weitere Methoden ein, um mehr über das Leben der Menschen damals in Erfahrung zu bringen.

„Wir führen zahlreiche Analysen durch. Mit der Strontiumisotopenanalyse können wir feststellen, ob die Menschen von anderswo an den Ort gekommen sind oder einheimisch waren. Zudem lassen sich Kohlenstoff- und Stickstoff-Isotope untersuchen. Dadurch erfahren wir zum Beispiel, wie sich die Menschen ernährt haben. Mittels paläopathologischer Methoden wiederum forschen wir zu Verletzungen und Krankheiten, an der eine Person während ihres Lebens litt. Wir können auch abschätzen, ob eine Erkrankung zum Tod geführt hat oder lediglich einen schweren Einfluss auf die Gesundheit des Menschen hatte.“

Da das Skelett des nun gefundenen Kämpfers in einem derart guten Zustand ist, erhofft sich das Archäologische Institut der Akademie der Wissenschaften neue Erkenntnisse über die Genstruktur der Langobarden sowie über ihren Gesundheitszustand und ihre Ernährungsgewohnheiten.

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Autoren: Ferdinand Hauser , Martina Rasch
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