Armenspeisung und Eisbaden: Das Weihnachtsfest 2011

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Das Weihnachtsfest 2011 ist schon wieder Vergangenheit. Die christlichen Feiertage wurden natürlich auch in Tschechien traditionell begangen. Am ersten Tag nach den Festtagen wollen wir daher einen Rückblick wagen – und uns einige Besonderheiten der tschechischen Weihnachtstage näher anschauen. An Weihnachten werden – zumindest in Prag – nämlich nicht nur Karpfen gegessen und Geschenke überreicht.

Trauer über Václav Havel  (Foto: ČTK)
Das Weihnachtsfest 2011 war überschattet vom Tod Václav Havels und der Trauer der Nation über einen einzigartigen Mann. Trotzdem wurden auch dieses Jahr wieder einige Bräuche abgehalten. Dazu gehört die kostenlose Ausgabe von Fischsuppe auf dem Altstädter Ring in Prag. Kurz vor Beginn am Heiligabend um 11 Uhr warteten bereits etwa 250 Leute auf die Spezialität. Und die Menschen waren sich einig: Die Fischsuppe des Prager Magistrats war „moc dobrá“, also sehr gut. Jedes Jahr wird die Suppe in der Altstadt verteilt mit dem karitativen Zweck, den Armen und Obdachlosen zu Weihnachten etwas Gutes zu tun. Der Prager Oberbürgermeister, Bohuslav Svoboda, hat nun allerdings eine Veränderung bei der „Kundschaft“ bemerkt:

Bohuslav Svoboda  (Foto: ČTK)
„Wenn ich mich umschaue, dann sind selbstverständlich Obdachlose gekommen, für die es besonders angenehm ist, dass es Brot zur Suppe gibt. Die zweite große Gruppe sind Ausländer, für die das eine große Attraktion ist. Und dann sind da noch die Prager Bürger, die diesmal etwa 50 Prozent der Besucher ausmachen.“

Der Oberbürgermeister und seine Helfer verabreichten am Heiligabend 2000 Portionen Fischsuppe und Brot. Am ersten Weihnachtsfeiertag gab es auf der Prager Burg eine ähnliche Aktion. Der Prager Erzbischof, Dominik Duka, hatte zum feierlichen Essen für Menschen am Rande der Gesellschaft geladen. Hier war die Auswahl der Speisen größer, wie ein älterer Gast zu berichten weiß:

Dominik Duka am feierlichen Mittagessen im Prager Erzbischöflichen Palast  (Foto: ČTK)
„Es gefällt mir hier sehr, ich bin bereits zum zweiten Mal hier und sehr zufrieden. Ich kann schließlich zwischen Lendenbraten oder Ente wählen.“

Zwischen Lendenbraten (Svíčková) mit Knödeln und Ente mit Sauerkraut konnten am Sonntag etwa 250 Gäste im Prager Erzbischöflichen Palast auswählen. Jeder hatte eine persönliche Einladung erhalten und einige waren nicht zum ersten Mal dabei. Erzbischof Dominik Duka erklärt, worum es bei der Aktion geht:

„Es ist eine Geste gegenüber den Ärmsten, die sehen müssen, dass wir von ihnen wissen, dass uns ihr Schicksal nicht gleich ist. Es ist für viele eine Erinnerung an Weihnachten, wie sie es in besseren Zeiten erlebt haben. Wir müssen uns bemühen, dass auch diese Menschen wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden und dort ihren Platz finden.“

Eisschwimmen in der Moldau  (Foto: ČTK)
Nach dem Essen erhielt jeder Gast noch ein Weihnachtspaket mit Decken, einem Schal, warmen Socken und einigen Hygieneartikeln. Dieses Jahr seien aber nicht so viele Gäste erschienen wie in den letzten Jahren, so Duka. Seiner Meinung nach liege dies am milden Wetter zu diesen Weihnachten.

Das milde Wetter sorgte auch für einen Rekordbesuch bei einer weiteren Tradition, der die Prager jedes Jahr nachgehen: Zu den Klängen von Smetanas „Vltava“ stürzten sich mehrere Menschen in eben diese Moldau zum traditionellen Eisschwimmen. Begeistert gab Jan Novák die Zahlen des Jahres 2011 bekannt:

Eisschwimmen in der Moldau  (Foto: ČTK)
„Am diesjährigen Wettbewerb hat die Rekordzahl von 223 Schwimmern teilgenommen, davon 63 Frauen, die Wassertemperatur beträgt 6 Grad, die Lufttemperatur ebenfalls 6 Grad.“

Der Wettbewerb wird jedes Jahr zu Ehren von Alfred Nikodém veranstaltet, der 1923 als erster im Dezember in die Moldau stieg und seinen Landsleuten das Eisschwimmen vormachte.

Trotz all dieser Aktivitäten geriet der große Verlust, den die Tschechische Nation in der Woche vor Weihnachten erlitten hatte, nicht in Vergessenheit. Auch am Heiligabend versammelten sich spontan Menschen und stellten Kerzen in Gedenken an ihren ehemaligen Präsidenten Václav Havel, auf und legten Blumen nieder – nicht nur in Prag, sondern in der gesamten Republik.