Verloren zwischen Prag und Wien: Landschaftsmaler Adolf Chwala

A. Chwala: Gebirgslandschaft im Mondlicht

Er war ein bedeutender Vertreter der böhmischen Landschaftsmalerei. Sein Werk ist äußerst umfangreich, aber dennoch wurde dem Maler bisher nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Weder eine eigene Ausstellung, noch eine Monographie stand bisher über ihn zur Verfügung. Als eine Wiederentdeckung des vergessenen Malers gilt daher die Ausstellung, die am vergangenen Mittwoch in der Prager Nationalgalerie eröffnet wurde.

A. Chwala: Gebirgslandschaft im Mondlicht
Hohe Berge und tiefe Seen, Fluss- oder Seeufer mit Booten, düster-bedrohliche Wolken, farbige Lichtspiele oder der Mondschein. Das sind typische Motive die das Werk von Adolf Chwala charakterisieren.

„Adolf Chwala war ein Repräsentant der böhmischen Romantik, er gehört zur Künstlergeneration, die in der Landschaftsmalereischule von Maxmilian Haushofer herangewachsen ist. Seine Kommilitonen waren die bedeutendsten tschechischen romantischen Landschaftsmaler wie etwa Kosárek, Havránek, Kirnig, Stephan und Riedel. Chwala ist ein Vertreter der Spätromantik, bei dem aber bereits auch großer Sinn für die Realität zu spüren ist. Seine Spätwerke sind eher realistische Landschaftsaufnahmen, die aber immer künstlerisch komponiert oder umgestaltet sind, damit die Landschaft ausgewogen, harmonisch und malerisch wirkt.“

A. Chwala: Kleiner See am Laubwald vor dem Sturm
Mit diesen Worten veranschaulicht die Kunsthistorikerin Šárka Leubnerová das Werk von Adolf Chwala. Gerade dieser Mitarbeiterin der Prager Nationalgalerie verdankt man die Wiederentdeckung und Würdigung des bedeutenden Landschaftsmalers des 19. Jahrhunderts.

„Chwala wurde 1836 in die Familie eines Hutmachers in der Prager Neustadt geboren. Bereits im Alter von 15 Jahren begann er, offensichtlich begabt, an der Prager Kunstakademie zu studieren. Und schon nach vier Jahren ermöglichte ihm Professor Haushofer, dass er seine Werke bei Jahresausstellungen in Prag präsentieren konnte. Der Professor vertraute in Chwalas Fähigkeiten und glaubte an sein Talent. Im Jahre 1859 hat Chwala die Akademie abgeschlossen und lebte bis zu seinem Weggang im Jahr 1864 wahrscheinlich recht gut als Landschaftsmaler. Im Jahre 1862 wird Chwala vom Prager Schriftsteller Jan Neruda in einer Rezension der Prager Jahresausstellung als ein bekannter Maler und unbestrittenes Talent der Schule Haushofers bezeichnet.“

A. Chwala: Blick auf den Königsee
Doch kurz danach verflüchtigt sich die Spur Adolf Chwalas in Böhmen.

„Im Jahr 1864 entschloss sich der Künstler, Prag zu verlassen und nach Wien zu ziehen.“

Und damit hat er sein weiteres Schicksal in Böhmen besiegelt. Er hat alle Kontakte in die Künstlerszene seiner Geburtstadt abgebrochen und geriet allmählich in Vergessenheit. Die Gründe, die den erfolgreichen Maler zum Umzug bewogen haben, sind heute nicht mehr bekannt.

A. Chwala: Wildbach
„Wahrscheinlich waren es ökonomische, finanzielle Gründe, die Karriere, wohl auch die Erkenntnissuche. Vielleicht sollte seine Entscheidung gar nicht endgültig sein, trotzdem ist er aber in Wien geblieben. Er hörte auf, bei Jahresausstellungen in Prag auszustellen und hat seine Geburtsstadt hinter sich gelassen. Und da seine Werke in Prag nicht mehr zu sehen waren, hat man ihn dort vergessen. Als in den 80er und 90er Jahren seine Bilder zu Ausstellungen nach Prag geschickt wurden, war die Kunstentwicklung bereits weiter fortgeschritten, und die spätromantische Kunst hat die Stadt nicht mehr interessiert.“

A. Chwala: Partie an der Thaya,  im Hintergrund die Burg Hardegg
Warum Chwala die Kontakte mit den Künstlern unterbrochen hat, weiß man nicht mehr, denn es stehen kaum Archivalien zur Verfügung, aus denen dies hervorgehen könnte. Er hat jedoch in Prag seine Familie hinterlassen und es ist bekannt, dass er immer wieder nach Böhmen und Mähren zurückkam. Er suchte sich Landschaftsmotive in seiner Heimat aus, er malte in den Tälern der Flüsse Sázava, Vltava und Otava und er besuchte häufig das Thaya-Tal sowie Südmähren.

Für Tschechen wurde Adolf Chwala plötzlich zu einem österreichischen Maler, dem sie keine Aufmerksamkeit mehr gewidmet haben. Wie war aber seine Stellung in Wien? Auch in Österreich wurde dem Prager Maler bisher keine Ausstellung oder Forschung gewidmet. Zu Lebzeiten konnte er sich in der Hauptstadt der Monarchie allerdings recht gut etablieren.

A. Chwala: Blick auf den Attersee gegen Kammern
„Er stellte bei großen Jahresausstellungen in Wien aus, er war Mitglied des Wiener Künstlerhauses. Die Rezeption seines Schaffens in Österreich war wahrscheinlich gut, insofern man es der zeitgenössischen Presse entnehmen kann. Darin wird er gelobt und als ‚unser Meister Adolf Chwala’ bezeichnet. Man beschreibt ihn als einen hervorragenden Maler von Nokturnen, also Nachtlandschaftsszenerien, die sehr populär waren. Es ist offensichtlich, dass einige Motive von ihm stark nachgefragt wurden, weil er sie in mehreren Varianten und Repliken malte.“

A. Chwala: Blick auf die Planspitze,  Gesäuse
Neben Böhmen und Niederösterreich besuchte Chwala sehr gerne die Alpen. Dieses Hochgebirge war ein großes Thema seines Werkes. Er stellte vor allem die Alpenseen dar, den Königssee, Mondsee, Attersee und einige mehr. Vom Werk Adolf Chwalas ist allerdings keine einzige Zeichnung, keine einzige Studie für seine Landschaftsgemälde erhalten geblieben. Es wird dennoch angenommen, dass er, so wie es in seiner Zeit üblich war, seine Bilder nicht im Freien, sondern auf Grund einer gründlichen Vorbereitung erst im Atelier schuf.

„Er war ein Schüler von Max Haushofer und wir wissen, wie Professor Haushofer beim Unterricht an der Prager Akademie vorging: Er pflegte mit seinen Schülern ins Freie zu gehen, um dort Studien zu zeichnen. Diese wurden danach im Atelier auf Leinwand übertragen.“

A. Chwala: Wasserfall im Gebirge
Wie bereits erwähnt, verdankt man die Ausstellung und auch eine Monographie über Adolf Chwala der Kunsthistorikerin Šárka Leubnerová. Sie selbst wurde durch die Entwicklung auf dem Kunstmarkt vor etwa drei Jahren zur Vorbereitung der Ausstellung veranlasst. Damals sei eine größere Menge von Bildern Chwalas auf den Märkten in Deutschland, Österreich, aber auch in den USA erschienen, die nach Tschechien verkauft wurden. Der Wert und Preis der Kunst des 19. Jahrhunderts, auch bei den bis dahin weniger bekannten Malern, sind gestiegen.

„Wir haben in der Nationalgalerie nur drei Gemälde von ihm und andere Institutionen sind nicht besser dran. Trotzdem haben mich seine Werke beeindruckt. Da ich mich seit 25 Jahren mit der Malerei des 19. Jahrhunderts befasse, war er für mich nicht unbekannt. Und in den letzten Jahren kam es dazu, dass Chwalas Werke plötzlich auf dem Kunstmarkt erschienen sind. Sie kamen in einige bedeutende Privatsammlungen, die ich kannte. Und in dem Moment, als sie in größerer Menge vorhanden waren, habe ich mir gesagt, es lohnt sich, möglichst viel über diesen Maler zu forschen und ihn der Öffentlichkeit vorzustellen.“

Die Ausstellung ist unter großem Aufwand zustande gekommen, da 80 Prozent der Werke von Privatbesitzern geliehen wurden. Sehr schwierig war es auch, einen Werkkatalog von Adolf Chwala zu verfassen:

„Die Arbeit am ersten Werkkatalog ist bei jedem Künstler sehr mühsam. Man hat einen Komplex von Bildern und muss sie zeitlich ordnen, eine sinnvolle Chronologie schaffen. Dabei muss man die Handschrift des Malers verfolgen, manchmal helfen auch die Themen dabei – der Maler hat in bestimmter Zeitperiode dieselben Themen verarbeitet oder in einer gewissen Region geschaffen. Als ich etwa 120-130 Gemälde beisammen hatte, musste ich sehr lang an diesem Material sitzen, bis die chronologische Reihe allmählich einen Sinn bekommen hat. Es ist sozusagen ein großes Spiel aller Kunsthistoriker.“

St.-Georgskloster auf der Prager Burg
Die Kunsthistorikerin Šárka Leubnerová hat kein ausgesprochenes Lieblingswerk in der Ausstellung, aber es gibt einige Werke, auf die sie gerne aufmerksam macht:

„Sei es die wunderbare „Böhmische Landschaft“ aus der relativ frühen Schaffensperiode, die von Adolf Kosárek beeinflusst wurde, oder einige Alpen-Motive vom Mondsee oder Attersee. Die sind sicher einer Besichtigung wert.“

Diese und weitere Gemälde können bis zum Ende des Jahres 2011 in der Prager Nationalgalerie angeschaut werden. Die Ausstellung im St.-Georgskloster auf der Prager Burg ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.