Regierung bringt Sozialreformen durchs Abgeordnetenhaus – Kritik von der Opposition
Die tschechische Regierung hat einen großen Schritt getan bei der Verwirklichung ihrer Reformvorhaben. Am Freitag hat sie Novellen zur Renten-, Arbeits- und Sozialgesetzgebung in erster Lesung durch das Abgeordnetenhaus gebracht. Mehr nun zu den Gesetzen über die Arbeits- und Sozialgesetzgebung (zur Rentenreform siehe den aktuellen Schauplatz).
„Im Ganzen haben die Gesetze zwei Ziele: zum einen die Ausgaben für das Sozialsystem zu verringern und zum anderen den Komfort der Klienten zu erhöhen.“
Von erhöhtem Komfort mag die Opposition indes nicht reden, vielmehr würden Arbeitnehmerrechte gekappt und Bedürftige geschädigt, lautet ihre Interpretation. So will Drábek zum Beispiel die Arbeitslosen bereits nach zwei Monaten ohne Beschäftigung zu öffentlichen Arbeitsmaßnahmen im Umfang von bis zu 20 Stunden in der Woche heranziehen lassen. Andernfalls würde die Zahlung des Arbeitslosengeldes komplett eingestellt. Die Frist sei viel zu kurz, sagt die stellvertretende sozialdemokratische Vorsitzende Milada Emmerová:„Ich glaube, es gibt eine ganze Reihe an Argumenten dagegen. Einen Arbeitsplatz zu finden, ist heute nicht so einfach. Vor allem, wenn es eine Arbeit sein soll, die der Ausbildung und Erfahrung entspricht.“
Emmerová spricht sich dafür aus, die bisherige Regelung beizubehalten. Derzeit wird nach fünf Monaten ohne Beschäftigung das Arbeitslosengeld reduziert. Zudem plant die Regierung, die Hürden für die Bewilligung von Arbeitslosengeld zu erhöhen. Nicht mehr zwölf Monate Beschäftigung in drei Jahren, sondern in zwei zurückliegenden Jahren sollen als Voraussetzung gelten.Den Arbeitsmarkt wünscht sich Drábek flexibler, zugleich aber auch sicherer für die Arbeitnehmer. Deswegen will er zum Beispiel den Missbrauch von Zeitverträgen unterbinden. Bisher ließen sich diese Verträge fast ungehindert aneinanderreihen. Nun soll dies nur noch dreimal möglich sein. Auf der anderen Seite soll die maximale Dauer von Zeitverträgen von zwei auf drei Jahren steigen. Gegen diese Regelung sind die Gewerkschaften, weil ihrer Meinung nach die Unsicherheit des Arbeitnehmers verlängert werde. Aber auch die Arbeitgeber haben Bedenken. Sie sehen in der Limitierung der Zeitverträge eine Einschränkung, die auch die Arbeitnehmer beschädigt. So würden solche Arbeitsverhältnisse gerade bei der Saisonarbeit zum Vorteil beider Seiten abgeschlossen. Bedřich Danda ist Vorsitzender des Verbandes der Unternehmer und Gewerbetreibenden sowie stellvertretender Minister für Industrie und Handel:
„Im Falle, dass jemand dies missbraucht und die Verträge deswegen aneinanderreiht, gibt es doch die Behörden, die dies herausfinden und denjenigen bestrafen können.“Die Reformen der Arbeits- und Sozialgesetzgebung kommen noch in den Senat. Dort wollen die Sozialdemokraten mit ihrer Mehrheit wahlweise Änderungen vorschlagen oder die Gesetze ablehnen. Doch die Regierung kann den Senat mit ihrer satten Mehrheit im Abgeordnetenhaus wieder überstimmen. Deswegen denken die Sozialdemokraten auch an eine Verfassungsklage.