Ein Jahr Kabinett Nečas: Premier kritisch über Beziehungen in der Koalition
Vor einem Jahr hat Premier Petr Nečas sein Mitte-Rechts-Kabinett formiert. Am Sonntag zog er in einer Talksendung des öffentlich-rechtlichen Tschechien Fernsehens eine erste Bilanz. Sie enthielt auch leichte Kritik. Scharfe Kritik an der Dreierkoalition kam indes von Oppositionsführer Bohuslav Sobotka, der neben Nečas in der Talkshow auftrat.
Tatsächlich vergeht kein Monat ohne neuen Streit in der Koalition. Glaubt man den Meinungsforschungsagenturen, dann wenden sich deswegen immer mehr Menschen in Tschechien von der Politik ab. So sank das Vertrauen in die Regierung seit dem Herbst vergangenen Jahres von 42 auf 22 Prozent, wie die Agentur CVVM ermittelt hat. Und 70 Prozent der Tschechinnen und Tschechen waren im Mai mit der politischen Situation im Land nicht zufrieden, während es im Herbst nur etwa 55 Prozent waren.
Für die Opposition ist das ein gefundenes Fressen. Die Sozialdemokraten liegen in den Wählerpräferenzen bereits seit Monaten weit vor allen anderen Parteien. Und sie attackieren das Regierungsteam. Ihr Vorsitzender Bohuslav Sobotka wirft Premier Nečas vor allem vor, die Partei der öffentlichen Angelegenheiten (VV) in die Koalition aufgenommen zu haben. Die kleinste und jüngste Regierungspartei steht im Verdacht der Korruption. Zudem ist nicht klar, wie stark sie immer noch mit der Sicherheitsfirma ihres Gründers Vít Bárta verquickt ist. Bohuslav Sobotka sieht jedenfalls keine Zukunft für diese politische Kraft:„Es ist nicht realistisch davon auszugehen, dass diese Partei, die eher eine Privatfirma von Vít Bárta ist, bei den nächsten Parlamentswahlen den Weg ins Abgeordnetenhaus findet.“Zugleich verkündete Sobotka im Tschechischen Fernsehen, dass die Sozialdemokraten versuchen würden, die Amtszeit der Nečas-Regierung so weit zu verkürzen, wie es geht. Er schloss dabei auch ein erneutes Misstrauensvotum im Abgeordnetenhaus nicht aus.
Petr Nečas hingegen plant selbst, die Unterstützung durch die Abgeordneten der drei Regierungsparteien zu überprüfen. Er will demnächst schon die Vertrauensfrage stellen:
„Ich selbst bevorzuge, dies mit der Abstimmung über ein konkretes Gesetz zu verbinden. Auf der anderen Seite ist auch die klassische Vertrauensfrage möglich und legitim. Es ist wiederum nichts, auf dem ich beharren würde und ´nur über meine Leiche´ sagen würde.“Verbinden ließe sich die Vertrauensfrage laut dem Premier vor allem mit der Novelle des Einkommenssteuergesetzes oder einem der Gesetze zur Rentenreform.