Komponisten, Literaten und Konferenzen – das Tschechische Zentrum Wien in 2011
Nach unserem Auftakt mit Berlin schauen wir diesmal, wohin das Tschechische Zentrum in Wien in der nächsten Zeit die Freunde von Kunst und Kultur entführt. Till Janzer sprach mit Dr. Taťjana Langášková über die Schwerpunkte nicht nur in den nächsten Wochen, sondern allgemein für 2011.
Frau Dr. Langášková, Sie sind Leiterin des Tschechischen Zentrums in Wien. Die Tschechischen Zentren ähneln im Groben dem Goethe-Institut oder dem Österreichischen Kulturforum, bieten aber vielleicht eine noch etwas breitere Palette von Veranstaltungen an. Derzeit stehen wir immer noch am Anfang des neuen Jahres, wenn man ein bisschen die Augen zudrückt. Welche Schwerpunkte haben Sie denn für 2011 im Tschechischen Zentrum in Wien gesetzt?
„Die Schwerpunkte orientieren sich an den wichtigen Jahrestagen. Dieses Jahr steht der 150. Todestag von Gustav Mahler an und gleichzeitig der 180. Geburtstag von Antonín Dvořák. Zu beiden machen wir etwas: Zu Dvořák veranstalten wir ein Konzert in der Tschechischen Botschaft. Was Gustav Mahler anbelangt, haben wir im vergangenen Jahr einen Film eines tschechischen Regisseurs gezeigt. Dieses Jahr arbeiten wir eng mit der Universität für Musik und darstellende Kunst zusammen. Wir halten ein kleines Mahler-Symposium ab. Wie es mittlerweile scheint, geschieht dies auch in Zusammenarbeit mit der Stadt Iglau, die eine große Präsentation von Mahler geplant hat. Das so grob zu den Jahrestagen. Zu einem anderen Jubiläum machen wir eine Filmreihe. Dies sind Film-Montage in der Tschechischen Botschaft, wo es ein eigenes Kino gibt. Der Jubilar ist Jan Procházka, er war ein wichtiger Schriftsteller und Drehbuchautor vor allem in den 60er Jahren.“
Das sind Veranstaltungen, die auch ins Frühjahr hineinragen. Aufgefallen ist mir im Programm für Wien noch eine vielleicht nicht ganz so öffentlichkeitswirksame Sache. Und zwar soll ein Donau-Kulturcluster gegründet werden – und das Tschechische Zentrum soll dabei sein. Was kann man sich unter diesem Kulturcluster vorstellen?„Wir sind dabei eigentlich nur Partner. Das Projekt stammt vom Collegium Hungaricum in Wien, in Zusammenarbeit mit vielen Partnern aus dem Donau-Raum. Es geht um die Gründung eines Donau-Clusters im Rahmen der Donau-Strategie der Europäischen Union. Dieses Cluster soll wie ein Dachverband für bereits bestehende und künftige Kultur-Cluster im Donauraum fungieren, also als Informations- und Dienstleistungszentrum dienen. Dazu wird am 10. und 11. März im Leopoldmuseum in Wien eine zweitägige Konferenz stattfinden. Das heißt, im Museumsquartier im Zentrum der Stadt. Dort werden recht wichtige Repräsentanten der Länder entweder Beiträge haben oder am Podium in Arbeitsgruppen zu zwei Themen reden werden: Ökotourismus und Mobilität.“
Ganz allgemein: Kann man sagen, dass das Tschechische Zentrum Wien nicht nur auf Kultur ausgerichtet ist, sondern auch auf Tourismus und Wirtschaft?„Das kann man schon so sehen, aber eher am Rande. Es gehört auch zu unserer Arbeitsbeschreibung. Wir haben das Glück in Wien, dass wir über Räumlichkeiten verfügen, von denen ein Drittel vom CzechTourism-Büro besetzt ist. Und gemeinsam geben wir Informationen über die Tschechische Republik in jede Richtung heraus – an die Besucher oder wenn die Leute anrufen. Meist besuchen sie uns aber persönlich. Und wir halten auch gemeinsame Veranstaltungen ab, zum Beispiel die Präsentation von verschiedenen Regionen. Dieses Jahr steht das große Projekt ´Rosenberger Jahrestag´ an. Das verläuft dann nicht nur in Kooperation mit CzechTourism, sondern auch mit dem Südböhmischen Kreis und den wichtigen Städten České Budějovice / Budweis, Český Krumlov / Krumau und Třeboň / Wittingau. Die Region und diese Städte haben dieses und kommendes Jahr ein großes Programm zu dem 400. Jubiläum zusammengestellt. Bei uns findet die Präsentation statt und wir sehen dann, was wir noch gemeinsam machen können.“
Vielleicht noch zu einem weiteren Themenschwerpunkt: Literatur. Wen darf denn das Publikum in Wien dabei so alles kennen lernen?„Unsere erfolgreichste Veranstaltung im Januar war die Lesung von Pavel Kohout, er hat aus seinen Memoiren gelesen, die auf Deutsch erschienen sind. Jetzt haben wir einen tschechischen Autor vorgestellt und im März wird Iva Procházková - eine ziemlich bekannte Autorin, die in Deutschland gelebt hat, aber jetzt wieder in Prag ist - beim traditionellen Wiener Literaturfestival auftreten. Dabei geht es um Literatur für junge LeserInnen. Außerdem wird sie bei einem Workshop am bilingualen Wiener Komenský-Gymnasium auftreten. Dann werden in der Alten Schmiede im literarischen Quartier – aus meiner Sicht der wichtigste Veranstaltungsort in Wien – zwei tschechische Autoren vorgestellt, die noch nicht in Wien vorgestellt wurden: Der jüngere ist Emil Hakl und der ältere Edgar Dutka. Außerdem stellen wir das neue Buch der Journalistin Renata Kalenská vor. Sie hat es in Zusammenarbeit mit Vratislav Brabenec geschrieben – es ist ein Dialog der beiden. Brabenec ist eine sehr wichtige, fast eine Kultfigur des tschechischen Undergrounds. Er war – und ist noch immer – unter anderem Mitglied der berühmten Rockgruppe Plastic People of the Universe. Er wird auch ein Konzert bei uns geben.“
Plastic People of the Universe, deren Verhaftung der unmittelbare Anlass für die Entstehung der Charta 77 war.
„Ja genau, das hängt zusammen.“