Brünner Forscher brechen in den Sommer auf – in den antarktischen
In der Zeit, wo sich die Mehrheit der Tschechen in entsprechender Stimmung vom Jahr 2010 verabschiedete, hatte ein Team von Wissenschaftlern aus Brünn anderes zu tun: Um die Jahreswende brach eine tschechische Expedition in die Antarktis auf, um Forschungen auf der James-Ross-Insel durchzuführen.
Die Mehrheit der tschechischen Forscher, die zurzeit Richtung Antarktis unterwegs sind, wird den Polarkontinent nicht zum ersten Mal besuchen. Denn für die Wissenschaftler von der Brünner Masaryk-Universität ist eine Expedition in die eiskalte Region um die Jahreswende fast zur Tradition geworden. Ihr Zuhause werden die Expeditionsmitglieder in der tschechischen Johann-Gregor-Mendel-Polarstation haben, die vor fünf Jahren auf der James-Ross-Insel errichtet wurde. Die Forscher erwartet jedoch keine sorglose Besinnlichkeit in verschneiter Landschaft, wie Expeditionsleiter Miloš Barták erläutert.
„Der Schwerpunkt unserer Tätigkeit besteht in der Gletscherforschung und der langfristigen Beobachtung von Klimaänderungen auf der Insel. Die Biologen werden den Einfluss des wärmeren Klimas auf Moose und Flechten studieren. Dieses Experiment läuft seit einigen Jahren. Die James-Ross-Insel wurde nie systematisch erforscht. Für Tschechien ist dies eine einzigartige Chance, ganz neue Erkenntnisse über die Antarktis zu sammeln.“ Professor Barták arbeitet im Institut für Experimentalbiologie an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Masaryk-Universität in Brünn. An den Antarktis-Expeditionen nahm er einige Mal teil. Die tschechische Gregor-Mendel-Station gehöre zu den sehr naturnahen Polarstationen, sagt der Expeditionsleiter mit ein wenig Stolz:„Ein Drittel der Energie, die wir in der Station verbrauchen, ist Windenergie, ein weiteres Drittel ist Solarenergie. Nur ein Drittel der Energie muss von Diesel-Aggregaten produziert werden. Und der Müll, der nicht verbrannt werden kann, wird am Bord eines Eisbrechers zur Entsorgung nach Südamerika transportiert.“
Die Expeditionsmitglieder wollen während des ganzen antarktischen Sommers auf der James-Ross-Insel bleiben, das heißt bis Anfang März.
„Wir beobachten das Klima auf der Insel seit einer längeren Zeit. Während des antarktischen Winters haben wir die Rekordtemperatur von Minus 37,4 Grad Celsius verzeichnet. Im Sommer bewegen sich die Temperaturen nur um Minus 5 Grad Celsius. Zum Kältegefühl tragen jedoch der starke Wind und eine hohe Luftfeuchtigkeit bedeutend bei.“
Völlig verlassen seien die vorübergehenden tschechischen Bewohner der antarktischen Insel jedoch nicht, meint Miloš Barták:
„Für antarktische Größenverhältnisse haben wir sehr nahe Nachbarn: etwa 50 Kilometer von unserer Polarstation befindet sich auf der Insel Seymour die argentinische Polarstation Marambio. Mit ihr stehen wir per Hubschrauber in Verbindung.“
Der überhaupt erste Tscheche, der die Antarktis betrat, war Václav Vojtěch. Er war 1929 Mitglied der amerikanischen Forscherexpedition, die der legendäre Richard Evelyn Byrd leitete. Bis 1970 waren mehrere Tschechen vor allem auf den russischen und amerikanischen Polarstationen tätig. Mit dem Bau einer eigenen tschechischen Polarstation begann man 2005. Auf der Johann-Gregor-Mendel-Station werden seitdem regelmäßig geologische, klimatologische sowie biologische Forschungen durchgeführt.